Appen/Moorrege/Holm/Uetersen. Zahlreiche Treffs wie das Flüchtlingscafé in Appen eingerichtet. Anleitung zur Selbsthilfe in Uetersen. Streit um Unterbringung in Holm

„Wir können sehr zufrieden sein“, sagt Walter Lorenzen. Unter der Schirmherrschaft des örtlichen DRK haben sich zehn Appener zusammengetan,um das „Café für Flüchtlinge, für euch mit uns“ zu eröffnen. Zehn erwachsene und fünf junge Gäste konnten sie zum ersten Termin in der Altentagesstätte des Bürgerhauses begrüßen. Afghanistan, Jemen, Syrien und Serbien sind ihre Heimatländer. Im Dorf leben derzeit 25 Flüchtlinge.

Anfangs schleppend, dann immer besser entwickelten sich die Gespräche. Ganz praktische Hilfe war dann angesagt. So musste eine vierköpfige Familie, die in eineinhalb Zimmern in Appen lebt, nach Moorrege in eine größere Wohnung umziehen. Zwei Teilnehmer erklärten sich bereit, dies mit den Flüchtlingen zu erledigen.

„Ein Riesenproblem sind die Sprachkurse“, erläutert Lorenzen. Der DRK-Vorsitzende war bei der Volkshochschule in Pinneberg vorstellig geworden, weil er gern einen Kursus der Bildungseinrichtung in Appen anbieten wollte. Doch er bekam einen Korb. „Der Ansturm ist zu groß.“

Eine schöne Gesprächsatmosphäre wollten die Organisatoren im Café schaffen, machten dabei jedoch einen Fehler. Nur zwei Gäste rührten Getränke und Kekse an. Die meisten sind Moslems und im jetzigen Ramadan ist ihnen das Fasten vom Sonnenaufgang bis -untergang auferlegt. Auch suchen männliche Flüchtlinge das Gespräch mit ihren Geschlechtsgenossen, Frauen mit Frauen. „Darauf müssen wir uns bei der Zusammensetzung des Teams einstellen“, sagt Lorenzen.

Amt Moorrege mietet 29 Immobilien an

In vielen Kommunen haben sich Gruppen wie in Appen gebildet. Im Amt Moorrege gibt es sie noch in Heist, Holm und Moorrege. Aktuell hat die Ausländerbehörde des Kreises dem „Rathaus der sieben amtsangehörigen Gemeinden“ 180 Flüchtlinge zugeteilt. Vor einem Jahr waren es noch 60.

29 Immobilien sind von der Moorreger Behörde zur Unterbringung angemietet worden. 45 Ehrenamtler setzen sich für die Flüchtlinge ein. Ihnen wurde von der Verwaltung ein Papier mit Hinweisen, Tipps, und Informationen an die Hand gegeben. Der Amtsausschuss hat mit Wolfgang Aschert einen ehrenamtlichen Flüchtlingsberater eingestellt. Er sieht die Gründungsphase der Begegnungscafés als beendet an. Die Helfer haben ihre Aufgaben gefunden und arbeiten mit den Menschen. Sie erhalten auch etwas zurück. „Wenn wir kommen, gehen die Türen auf, die Augen leuchten, und die Menschen sagen ,danke’“, sagt Aschert.

Konfrontiert werden die Flüchtlinge mit Problemen wie etwa beim Gang zum Arzt. Das Sozialamt – für das Amt Moorrege ist Tornesch zuständig – händigt ihnen einen Krankenschein aus, erklärt Aschert. Mit einem Rezept müssten sie eigentlich noch einmal nach Tornesch gehen, um es sich dort abstempeln oder -zeichnen zu lassen. Sonst könne es passieren, dass die Apotheken kein Geld für das Medikament bekommen, denn dass Abrechnungssystem habe dort eine Lücke. Mit einer Uetersener Apotheke konnte Aschert jedoch vereinbaren, dass ein Anruf in Tornesch genügt, damit die Menschen ihre Medizin bekommen.

Zu einem Treffpunkt für die Flüchtlinge hat sich die Uetersener Tafel und das im gleichen Gebäude befindliche Sozialkaufhaus entwickelt, berichtet er. In einem dazugehörigen Café gibt es montags, mittwochs und freitags während den Öffnungszeiten der beiden Einrichtungen kostenlos Kaffee und Kuchen.

Fahrradwerkstatt in der Rosenstadtschule

In Uetersen öffnet jeden Dienstag im Stadtwerkehaus zwischen 15 und 17 Uhr das Sprachcafé. Nebenan in der Rosenstadtschule betreibt parallel eine Gruppe eine Werkstatt, in der sich Flüchtlinge aus gebrauchten Fahrrädern ein neues basteln. Motto: Aus drei mach eins. „Pastorin Kirsten Ruwoldt hat mich gefragt, ob ich beim Sprachcafé mitmachen möchte“, erklärt Helmuth Schulze. Doch er ist mehr praktisch veranlagt, und so hilft er jetzt beim Fahrradbau.

Die Drahtesel sind heiß begehrt. Damit sparen die Asylbewerber das Geld für Bustickets. Eine Gruppe von Afghanen arbeitet gern handwerklich, und ihnen gefällt die Stimmung in dem Werkraum so gut, dass sie regelmäßig kommen, um anderen Flüchtlingen zur Hand zu gehen. Wer das Team um Schulze unterstützen will, der spendet sein ausrangiertes Zweirad.

In Holm hat das „Café Menschen für Menschen“ mit einem Brief an die Gemeindevertretung eine politische Diskussion losgetreten. Es wurde der Zustand der Schlichtwohnungen als menschenunwürdig eingestuft und Verbesserungen gefordert. Die Mitglieder des Bauausschusses setzten eine Besichtigung an. Anschließend forderten die Holmer Jusos einen Neubau. „Derzeit ermittelt das Amt die Renovierungskosten“, erläutert Bürgermeister Walter Rißler (CDU). Dann werde entschieden, ob Sanierung oder Neubau, denn „so schlecht sind die Wohnungen auch nicht.“