Haselau/Stade. Flugsicherung errichtet neue Anlage in Haselau. Bau von größeren Hallen dann verboten. Stader Windpark durch Projekt verhindert.

Die Errichtung eines neuen Funkfeuers der Deutschen Flugsicherung (DFS) am Rande Haselaus sorgt für Ärger. Die Tochter des Bundes kann künftig mit ihrem Veto Bauprojekte in einem Umkreis von bis zu 15 Kilometern verhindern. So sollen Störungen der Funksignale vermieden werden. „Wir sehen die wirtschaftliche Entwicklungsfähigkeit unserer Unternehmen gefährdet“, sagt Haselaus Bürgermeister Rolf Herrmann. Frustriert ist auch Steffen Föllner vom Unternehmen Energiekontor in Bremen. Ein von ihm geplanter Windpark in Stade-Bützfleth scheiterte am Nein der DFS.

Bis 2011 waren die Abstandsflächen mit drei Kilometern kein Problem. Doch 2009 erließ die International Civil Aviation Organisation (ICAO) neue Regeln, die weltweit gelten. In einem Umkreis von einem Kilometer ums Funkfeuer dürften Gebäude höchstens 20 Meter hoch sein, so Axel Raab, Pressesprecher der Deutschen Flugsicherung. Diese Marke erhöhe sich bis in drei Kilometern Entfernung auf 52 Meter. Danach entfalle die Höhenbegrenzung für Gebäude, allerdings dürften keine Windräder bis zu einer Entfernung von 15 Kilometern errichtet werden, weil sie im Ruf stünden, die Funksignale besonders stark abzulenken. „Wir prüfen dann“, so Raab, ob die Höchstgrenzen in den Zonen nach den ICAO-Regeln eingehalten werden. Bestehende Gebäude und Windräder haben allerdings Bestandsschutz.

Ein Trick, der nicht funktionierte

Das neue Funkfeuer in Haselau soll eine alte Anlage ersetzen, die in Haseldorf im Großen Landweg stand.

Nach der Verweigerung der Genehmigung für den Stader Windpark 2013 kauften dessen Planer das Haseldorfer Grundstück und kündigten im Mai 2014 den Pachtvertrag mit der DFS, um das Funkfeuer zu torpedieren und so das Hindernis für ihren Windpark zu entfernen.

Die DFS übergab das Areal vertragsgemäß im Juni 2015 an die Besitzer. Seitdem gibt es kein Funkfeuer mehr für Hamburgs Flughafen in der Haseldorfer Marsch.

Allerdings war schon im März 2014 beim Kreis ein DFS-Antrag für die neue Anlage auf dem in Haselau gepachteten Areal eingegangen.

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Das Energiekontor wollte in Stade neben fünf bestehenden Windrädern drei neue mit einer Höhe von 150 Metern bauen. Die Stader Politiker hatten mit einem Raumordnungsverfahren ihre Unterstützung signalisiert. Doch im Sommer 2013 kam die Ablehnung.

Haselaus Bürgermeister Rolf Herrmann (l.) und Ralf Föllner zeigen, wo das neue Funkfeuer gebaut werden soll
Haselaus Bürgermeister Rolf Herrmann (l.) und Ralf Föllner zeigen, wo das neue Funkfeuer gebaut werden soll © HA | Thomas Pöhlsen

Bei den Obstbauern der Haseldorfer Marsch habe es in den vergangenen Jahren einen Strukturwandel gegeben, sagt Herrmann. Kleinere Betriebe gaben auf. Größere kauften oder pachteten ihre Flächen. Um das Obst optimal zu lagern, sind große Hallen nötig, die expansionswillige Apfelbauern jedoch nicht mehr bauen dürfen. In Haselau komme hinzu, dass die DFS für das neue Feuer, „VOR/DME-Elbe“ genannt, einen Platz in einer Senke vorgesehen habe. Die meisten Betriebe lägen jedoch bis zu fünf Meter höher, deren Hallen dürften also höchstens 15 Meter hoch sein. „Unsere Aufgabe ist es, die Flugsicherheit zu gewährleisten“, sagt DFS-Sprecher Raab. Dazu Föllner: „Die DFS ist beinhart und zu keinerlei Kompromissen bereit.“

Die Bedeutung der aktuellen Funkfeuer-Diskussion geht weit über die Haseldorfer Marsch hinaus. Bundesweit werde der Bau von 799 Windkraftanlagen blockiert, so der Windenergieförderer. Das wäre eine Investitionssumme von rund vier Milliarden Euro. Föllner geht davon aus, dass beim Repowering der Windanlagen in Uetersen und Raa-Besenbek erhebliche Schwierigkeiten entstehen dürften. „Die Deutsche Flugsicherung ist ein Bremsklotz für die Energiewende“, sagt er.

Für den Luftverkehr seien die Funkfeuer kaum vonnöten, so der Windenergieplaner. weiter 95 Prozent der Maschinen navigierten mittels des GPS-Systems. Der DFS-Pressesprecher hat andere Zahlen. Danach navigierten 70 Prozent mit dem System, das auch viele Autofahrer kennen, 30 Prozent per Funkfeuer. „Wir müssen auf das schwächste Glied Rücksicht nehmen.“

Bauausschuss verabscheidet Protestnote

Aus der Sicht des Bürgermeisters trickst die DFS beim derzeitigen Genehmigungsverfahren. Angeblich soll der Baukörper kleiner als zehn Kubikmeter groß sein. Damit wäre das Funkfeuer im Außenbereich genehmigungsfrei, das Verfahren liefe praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Gemeinde, aber auch Behörden und Organisationen hätten keine Möglichkeit Einwände zu formulieren.

Der gelernte Maurer und studierte Bauingenieur Rolf Herrmann hat Grundsatzurteile ausgegraben, wonach auch die Fläche unter dem Gebäude mitgerechnet werden müsste. Dann sind es mehr als zehn Kubikmeter. Der Haselauer Bauausschuss verabschiedete während der jüngsten Sitzung eine Protestnote, die an den Kreis als Genehmigungsbehörde des Gebäudes gerichtet ist.

Umstritten ist auch die Berechnungsmethode der DFS, um die Beeinflussung der UKW-Funksignale durch Gebäude und Windräder zu ermitteln. „Uralte Berechnungen“ sieht Föllner bei der ehemaligen Behörde. Mehrere Forscher beschäftigten sich derzeit mit dem Thema. Auslöser waren Untersuchungen, die unter anderem das Energiewendeministerium in Kiel zum Repowering der Anlage in Michaelisdonn in Auftrag gegeben hatte.

Der DFS-Pressesprecher kennt die neue Diskussion. „Wir haben zwei Institute, eins in den USA und eins in Frankreich mit einer voneinander unabhängigen Prüfung beauftragt“, erläutert Raab. Beide hätten die Auffassung der Flugsicherung geteilt.