Wedel. Nachwuchs-Ornithologen bilden in der Carl-Zeiss-Vogelstation in Wedel den „Young Birders Club“. Das Vorbild kommt aus den USA.

Das frühe Aufstehen ist für diese Jugendlichen kein Problem. Da rappelt der Wecker schon mal um kurz vor vier Uhr, um rechtzeitig an der Elbe zu sein. Denn in der Carl-Zeiss-Vogelstation nahe Fährmannssand können sie ihrem Hobby frönen: Vögel beobachten, auch „Birding“ genannt, funktioniert gerade am Morgen gut. Knapp ein Dutzend junge Menschen bilden den „Young Birders Club“ des Naturschutzbundes.

„Wir haben hier immer jugendliche Besucher gehabt“, berichtet Marco Sommerfeld, Leiter der Nabu-Schutzstation für die Wedeler Marsch. Es stimme einfach nicht, dass sich nur Menschen gesetzteren Alters zur Ornithologie hingezogen fühlten. Doch den jungen Menschen konnte lange kein Angebot gemacht werden. Es fehlte eine Anlaufstelle für sie. Deswegen initiierte Sommerfeld zusammen mit seinem Kollegen Christian Wengst die Gruppe. Gemeinsam gehen sie nun auf Fotopirsch und tauschen sich über das Gesehene aus. Denn die Wedeler Marsch ist ein Refugium für seltene Vögel. 160 Arten wurden nachgewiesen. Zehntausende Tiere machen im Herbst auf ihrem Flug in den Süden Rast.

Mitglieder sind zwischen elf und 22 Jahre alt

Die Young Birders sind zwischen elf und 22 Jahre alt, bis auf das Nesthäckchen sind sie männlich, kommen aus dem Kreis Pinneberg, Hamburg sowie Reinfeld im Kreis Stormarn und Uelzen. Bei dem Einen weckten die Eltern das Interesse, indem sie die Kinder mit in die Natur nahmen. Andere haben schon seit langem Vögel beobachtet oder kamen über Schulprojekte zu ihrem Hobby. Alle verfügen über ein für ihr Alter ausgefeiltes Wissen über die heimische Vogelwelt.

In der Schule werden sie oft belächelt, von manchem auch als „Freak“ empfunden. Das ändere sich manchmal in der Oberstufe oder an der Universität. Dort würden sie ernster genommen, doch eine gewisse Reserviertheit bleibt. Dabei fokussiert sich ihr Interesse nicht allein auf die Ornithologie. Leichtathletik, Tischtennis und Angeln werden als Freizeitbeschäftigung ebenso genannt, Cello und Klavier gespielt.

Wie viel Zeit für die Vogelkunde verwendet wird, hängt von den schulischen Belastungen ab. In den Ferien werden ganze Tage darauf verwendet. Hat die Schule wieder angefangen, kann die Zeit fürs Hobby bis auf wenige Stunden schrumpfen. Doch lassen sich Vögel auch beim Warten auf den Bus zählen. Das Hobby nimmt man überall mit hin, so ihr Motto.

Stehen bei Gleichaltrigen Smartphone und Tabletcomputer hoch in Kurs, so sparen die Nachwuchs-Ornithologen, um sich Spektiv oder Spiegelreflexkamera leisten zu können. Anfangs lässt sich nach Auskunft von Sommerfeld mit relativ einfachem und kostengünstigem Equipment arbeiten. Doch die Nachwuchs-Ornithologen wurden bald anspruchsvoller und dann gelte: Je mehr Optik, desto mehr Spaß macht es.

Ergebnisse werden online festgehalten

Ganz ohne Laptop und Computer geht es für sie nicht. Alle Young Birders sind bei der Website www.ornitho.de angemeldet. Dort werden abends die Ergebnisse der Beobachtungen eingetragen. Die vom „Dachverband Deutscher Avifaunisten“ (DDA), dem Zusammenschluss ornithologischen Verbände getragene und vom Bundesumweltministerium finanziell unterstützte Seite hat für ihre Nutzer noch einen weiteren Vorteil. Sie erfahren, wo außergewöhnliche Vögel zu finden sind. Mancher arbeitet diese Erkenntnisse in die Urlaubsplanung ein oder sucht sich so das Ziel für den nächsten Ausflug aus.

Die Idee für junge Vogelfreunde mit Affinität zu Handy und Laptop kommt aus den USA und ist dort weit verbreitet. In Europa gibt es in Holland und Schweden einige Young Birders Clubs, wissen die Beobachter vom Elbufer. In Deutschland ist ihnen nur eine WhatsApp-Gruppe aus dem Hessischen bekannt.

Der Naturschutzbund will die Enthusiasten in den Rang einer eigenständigen Gruppe innerhalb seiner Organisation heben. Dass hat nicht nur versicherungstechnische Gründe, der Nabu könnte damit eine spezielle Alternative zur eigenen Naturschutzjugend bieten. Die engagiert sich in vielen Bereichen, die Birders nur in einem. Und mit einer eigenen Internetpräsenz soll demnächst Reklame gemacht werden.

Um 16 Uhr schließt die Carl-Zeiss-Vogelstation, also muss dann auch für die Vogelgucker Schluss sein. Gern gehen sie allerdings nicht. Martina Müllenkamp, die sich als Ehrenamtlerin engagiert, berichtet: Manchmal muss man sie regelrecht rausfegen.“