Rellingen. Ende September schließt der Penny-Markt, Ende Dezember folgt der Foto- und Buchladen von Wolfgang Gaedigk. Nachfolge ist noch unklar.
Rellingens Innenstadt gehen die Geschäfte aus. Der Penny-Markt am Arkadenhof schließt Ende September. Wolfgang Gaedigk macht sein benachbartes Foto- und Büchergeschäft Ende des Jahres dicht. Und Blumen Schmidt an der Hauptstraße beendet nach 82 Jahren bereits Ende August den Verkauf. Was nachkommt, ist unklar. „Wir haben leider keinen Einfluss auf die Vermietung“, bedauert Bürgermeisterin Anja Radtke.
Wünsche hat sie dagegen viele. Am liebsten wären ihr inhabergeführte Fachgeschäfte. So wie Blumen Schmidt eines war. Oder eben Foto Gaedigk (noch) eines ist. Das Problem in beiden Fällen ist keine Rellinger Besonderheit. Es trifft gleichermaßen in vielen Orten zu. Es fehlen schlicht und einfach die Nachfolger.
Wolfgang Gaedigk ist 68, seine Frau Karla wird in diesem Jahr 65 Jahre alt. „Für uns wird es Zeit, in Rente zu gehen“, sagen sie. Kinder haben sie keine. Und eine externe Lösung ist derzeit auch nicht in Sicht. „Vielleicht findet sich noch jemand“, wünscht sich Wolfgang Gaedigk, der auch im Ruhestand weiter fotografieren will. Und er ergänzt: „Wenn man es richtig anpackt, ergeben sich wirtschaftlich viele Chancen. Und wir würden einen Nachfolger natürlich in der ersten Zeit auch unterstützen.“
30 Jahre ist es her, dass der Fotografenmeister eine Hochzeit in Rellingen ins rechte Licht setzte und dabei einen Laden gegenüber der Kirche entdeckte, der neu vermietet werden sollte. Gaedigk schlug zu – und wechselte im Laufe der Jahrzehnte mehrfach seinen Standort, blieb jedoch der Gemeinde treu. Und auch das Sortiment des Geschäftes mit der offiziellen Anschrift Am Rathausplatz 17, das er seit 1999 betreibt, war einem steten Wandel unterworfen. „Wir haben uns immer den Bedürfnissen der Kunden angepasst.“ Die können dort seit vielen Jahren auch Bilder rahmen lassen, und seit zehn Jahren verkauft Gaedigk auch Bücher aller Art, nachdem Rellingens einziger Buchladen seine Pforten schloss.
„Es steht zwar Fotostudio über dem Geschäft. Aber es ist viel mehr, eine Institution, ein Treffpunkt“, sagt die Bürgermeisterin. Gaedigk verkauft Karten für alle kulturellen Veranstaltungen der Gemeinde und ist auf allen großen Festen stets mit der Kamera präsent. „Es wird eine Menge fehlen“, sagt auch Class Neuhoff, Vorsitzender des Treffpunkts Rellingen. Der Chef der örtlichen Kaufleute glaubt, „dass eine Neuvermietung in dieser Lage kein Problem darstellen wird“.
Doch was dort hinkommt, kann die Gemeinde nicht beeinflussen. „Wir stehen in engem Kontakt mit dem Vermieter“, so Bürgermeisterin Radtke. „Leerstand kann auch eine Chance sein.“ Mode, Papier- und Bürobedarf: Diese Branchen fehlen der Gemeinde laut Einzelhandelsgutachten. Entsprechende Geschäfte an den Arkadenhof zu locken, dürfte schwer werden. Was könnte kommen? Über Ein-Euro-Shops mag die Verwaltungschefin gar nicht nachdenken. „Das wäre nicht Rellingen.“ Sie hat Wirtschaftsförderer Harald Poppner auf das Problem angesetzt, will Kontakte zur Industrie- und Handelskammer ausschöpfen und auch direkt mögliche Bewerber ansprechen und ihnen bei Interesse Kontakt zu den Vermietern vermitteln.
Radtke wünscht sich für die Penny-Fläche – der Discounter gibt wegen der zu geringen Verkaufsfläche auf, die nicht mehr in sein Konzept passt – eine Mischung aus Reformhaus und Bioladen inklusive Ausschank. Und für den Discounter wünscht sie sich einen neuen Standort in ihrer Gemeinde. „Wir sind da dran, aber es gibt kaum geeignete Flächen.“ Für die 160 Quadratmeter des Fotostudios Gaedigk hofft die Verwaltungschefin auf einen Betreiber, der in die Fußstapfen des Fotografenmeisters tritt. Den dritten Problemfall am Arkadenhof reißt die Bürgermeisterin auf Nachfrage nur kurz an. Es handelt sich um das dortige Café, das auf einem Internetimmobilienportal zur „sofortigen Neuvermietung“ angeboten wird. „Ja, ich habe das auch gesehen“, sagt Radtke. Dort sei jedoch die Problemlage eine andere.
Wolfgang Gaedigk und seine Frau haben kein Problem damit, den Ruhestand zu genießen. „Es sind so viele Dinge im Berufsleben zu kurz gekommen, die wir jetzt angehen wollen“, sagen beide. Die Hoffnung auf einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin haben sie noch nicht aufgegeben: „Wenn es jemanden gibt, der Interesse hat, sollte er oder sie sich so schnell wie möglich bei uns melden.“