Halstenbek. Investor Greve bietet der Gemeinde Ansiedlung eines Elektronikunternehmens an – und will im Gegenzug Wohnungen bauen
Das Geheimtreffen zwischen Vertretern der Greve-Gruppe und Halstenbeks Politik und Verwaltung endete mit einer faustdicken Überraschung: Greve offeriert Halstenbek die Ansiedlung eines Unternehmens aus der Elektronikbranche, das 180 Arbeitsplätze schaffen und dringend benötigte Gewerbesteuereinnahmen in Millionenhöhe mitbringen könnte. „Das ist ein dicker Fisch“, sagte ein Teilnehmer dem Abendblatt.
Eine Kröte müsste die Gemeinde dabei schlucken: Als Gegenleistung erwartet Greve, dass die Kommunalpolitiker ihren Widerstand gegen die Umwandlung von Gewerbe- zu Wohnbauflächen aufgibt. Wie berichtet, hatte der Investor im April 2014 erbeten, etwa ein Drittel des seit mehr als einem Jahrzehnt brachliegenden Areals angrenzend an die Wohnmeile für Wohnungsbau nutzen zu können.
Greve wollte am Eidelstedter Weg mehr als 200 Wohneinheiten errichten, einen Teil als Geschossbauten, den Rest als Einzel- und Doppelhäuser. Bürgermeisterin Linda Hoß-Rickmann konnte in den Verhandlungen eine Reduzierung auf 128 Wohneinheiten erreichen. Doch diesen Kompromiss lehnte eine Mehrheit von CDU und Grünen ab.
Greve will nun Reihen- und Doppelhäuser bauen
In diesem Punkt müsste die Gemeinde jetzt nachgeben. Greve fordert 120 bis 130 Wohneinheiten, will laut aktuellen Plänen jedoch auf Geschosswohnungsbau verzichten. Der Investor setzt nun auf Reihen- und Doppelhäuser, die lukrativ zu vermarkten wären.
Ein Großteil des Wohnraums könnte für die Mitarbeiter der Elektronikfirma genutzt werden. Das Unternehmen mit 180 Mitarbeitern hat derzeit seinen Sitz in der Schweiz. Dort sind die Lohnkosten deutlich höher als in Deutschland, sodass für die Firma ein Umzug in die Metropolregion Hamburg reizvoll wäre.
Den Namen der anzusiedelnden Firma behält Greve zunächst für sich
Das Unternehmen, dessen Namen „Greve-Statthalter“ Ralph Knist für sich behielt, schielt auf ein 15.000 Quadratmeter großes Areal, das an den Gewerbering angrenzt. Es soll über einen Erbbaurechtsvertrag an die Firma übereignet werden. Das Besondere an der Fläche ist, dass sie auch ohne bestehenden B-Plan verwertet werden könnte. So müsste sich der Bau lediglich nach Paragraf 34 Baugesetzbuch an die vorhandene Nachbarbebauung anpassen. Auf diese Weise konnte bereits das Projekt des Metallbauunternehmens Bohnhoff am Gewerbering 2 errichtet werden. Der Vorteil daran ist, dass im Fall der Zustimmung der Gemeinde das Projekt sehr schnell angepackt werden könnte. Im Fall, dass erst ein B-Plan-Verfahren abgewartet werden müsste, könnte eine Bebauung erst in drei bis vier Jahren erfolgen.
Die Greve-Offerte könnte bereits im Juni im nicht öffentlichen Teil des Bauausschusses behandelt werden. „Wir warten jetzt erst einmal das schriftliche Angebot von Greve ab“, so ein Insider zum Abendblatt. Dem Investor sei eine Frist bis zum 25. Mai eingeräumt worden, um seine mündlich vorgetragene Offerte zu konkretisieren und Eckpunkte für die Verhandlungen festzulegen.
Seit elf Jahren wartet die Gemeinde, dass sich auf den Greve-Flächen etwas tut
Bereits seit elf Jahren wartet die Gemeinde darauf, dass sich auf den riesigen Flächen angrenzend an die Wohnmeile etwas tut. Im April 2004 hatte die Hamburger Familie Greve eine gigantische Investition in der Baumschulgemeinde angekündigt. Auf dem 100.000 Quadratmeter großen Gelände zwischen Gärtnerstraße, Eidelstedter Weg und Seemoorweg sollten ein Fachmarktzentrum, mehrere Möbelhäuser, eine Seniorenresidenz und Bürobauten mit 30.000 Quadratmetern Nutzfläche entstehen. Das Areal befindet sich im Besitz der AlsterCity Verwaltungsgesellschaft Hamburg, die zur Familie Greve gehört.
100 Millionen Euro wollte Greve in die Erweiterung der Wohnmeile stecken, die Gemeinde rechnete mit 1000 neuen Arbeitsplätzen und Gewerbesteuereinnahmen in Millionenhöhe. Gegen das Vorhaben hatte sich jedoch die Bürgerinitiative für den Erhalt der Halstenbeker Ortskerne zusammengefunden, die fast 1400 Protestunterschriften sammelte. Letztlich blockierte eine politische Mehrheit aus Grünen und SPD die Ansiedlung des Fachmarktzentrums. In der Folge fasste Greve die gesamte Fläche nicht an.
Halstenbek braucht dringend Flächen für eine Gewerbeansiedlung
Dabei braucht Halstenbek dringend Gewerbeflächen. Die Gemeinde nimmt deutlich weniger Gewerbesteuern ein als etwa das ebenso große, benachbarte Rellingen. Während Rellingen pro Einwohner 731,43 Euro einnimmt, liegt Halstenbek bei 221,08 Euro. Die Greve-Fläche soll aus Sicht der Kommunalpolitiker zur Ansiedlung von kleinem, mittelständischen Gewerbe aus dem Bereich Zukunftstechnologien genutzt werden. Um das zu erreichen, muss die Gemeinde mit Greve als Eigentümer auf einen Nenner kommen, da dieser über den Verkauf der Grundstücke entscheidet.
Nach den zuletzt erfolglosen Verhandlungen hatten Grüne und CDU angestrebt, auch ohne Zustimmung der Greve-Seite einen Bebauungsplan für das Areal auf den Weg zu bringen, der einseitig die Interessen der Gemeinde absichert. Darauf reagierte Greve nun mit dem neuen Angebot, das dem Vernehmen nach für viele Kommunalpolitiker durchaus attraktiv erscheint.