Quickborn . Ursula Gudelius aus Quickborn lebt für ihr mehrfach ausgezeichnetes Idyll, in dem viele bedrohte Pflanzenarten ein neues Zuhause gefunden haben

Zum sechsten Geburtstag bekam sie Blumensamen zum Einpflanzen. „Es war der schönste Geburtstag meines Lebens“, erinnert sich Ursula Gudelius. Eigentlich wollte sie Gartenarchitektin werden. Doch dafür waren die Zukunftsaussichten nach dem Krieg denkbar schlecht. Die Menschen nutzten ihre Gärten vorwiegend zum Anbau von Essbarem und nicht zur Zierde. „Alle Welt baut doch nur Kohl an“, warnte ihre Mutter.

Also ging Ursula Gudelius in die Werbeabteilung einer großen Tageszeitung, wo sie ihren Mann Peter kennenlernte. Die beiden kauften das Haus mit dem Grundstück 1965. In der Siedlung sei es eines der kleineren Häuser gewesen, dafür sei das Grundstück groß gewesen, so Gudelius. Für sie ein entscheidender Faktor. „Was soll ich mit einem großen Haus? Der Garten hält mich jung.“ Sie weiß, wovon sie spricht, denn man sieht der 84-Jährigen ihr Alter nicht an. Rund 700 Quadratmeter umfasst der Garten, der bereits mehrfach ausgezeichnet wurde.

„Wenn es warm ist, leben wir sowieso auf der Terrasse“, sagt sie. Gemeint ist die obere Terrasse, denn es gibt noch eine untere. Dorthin zieht sich ihr Mann Peter zum Lesen oder für ein kleines Nickerchen zurück, denn der Platz liegt geschützt im Souterrain. Doch das Ehepaar hat noch mehr Auswahl.

Das kühle Nass sieht tiefer aus als es ist und beherbergt Kammmolche
Das kühle Nass sieht tiefer aus als es ist und beherbergt Kammmolche © HA | Elvira Nickmann

Der sogenannte Vormittagsplatz liegt hinterm Haus am Teich, dort beobachtet Ursula Gudelius beim Kaffeetrinken gerne Libellen und sieht den Moderlieschen, einer kleinen Fischart, dabei zu, wie sie durchs Wasser flitzen. „Als es aber so knallheiß war, haben wir uns vor allem unter der Linde aufgehalten“, sagt sie, „wir wandern sozusagen durch den Garten.“ Unter den großen Bäumen ist es auch bei Hitze angenehm kühl, Bänke aus alten Eichenbohlen stehen, vor Sonne geschützt, im Schatten.

Bereits in den 1980er-Jahren wurde der Garten das erste Mal prämiert, damals als schönster Garten Quickborns. Die Urkunde überreichte der frühere Bürgermeister Gert Willner. Es folgten zwei weitere Preise für den ökologischsten Garten: der 2. Platz kreisweit und noch einmal der 1. Platz in Quickborn. Ökologisches Gärtnern betreibt Ursula Gudelius bereits seit 1976, „da war ich auf dem Trip, dass ich kein Gift im Garten haben wollte“, sagt sie. Sie habe inzwischen so viele Marienkäfer, dass die Läuse keine Chance hätten, den Rosen zu schaden.

Besonders bemerkenswert ist, wie viele Pflanzen von der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Pflanzen hier eine Heimat gefunden haben: Schachbrettblume, Weinberg-Tulpe, Türkenbundlilie, Wilde Karde, Fieberklee, Krebsschere, Kuckuckslichtnelke, Trollblume, Sumpfdotterblume, Waldakelei, Sumpf-Calla, Karthäuser-Nelke, Küchenschelle und Steinsame.

Ein ökologischer Garten erhalte sich selbst, sagt seine Besitzerin. Inzwischen ist ihre Fachkenntnis gefragt, fünf weitere Öko-Gärten hat sie bereits angelegt. Das Hobby ist nicht nur eine „ständige Quelle der Freude, sondern mitunter auch von Wutanfällen“, gibt Gudelius zu. Das sei dann der Fall, wenn etwas völlig danebengehe oder ein Maulwurf mal wieder die Zwiebeln hochwühle. Aber das gehöre dazu. „Für mich zählt auch, dass ich ein kleines Refugium für seltene Pflanzen, Insekten und Tiere biete.“

Viele Pflanzen im Garten stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. In der Mitte der große See, Platten führen darüber.
Viele Pflanzen im Garten stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. In der Mitte der große See, Platten führen darüber. © HA | Elvira Nickmann

Auf dem Gelände vor dem Haus schillert das Wasser des zweiten Teichs, den Kammmolche bewohnen. Platten führen darüber. Im Frühjahr steigt Ursula Gudelius erst in ihre Fischerhose und dann in den Teich, um das Laub herauszuholen. Das bedeutet drei Tage Arbeit, dann ist sie bis zum nächsten Jahr damit durch, nur die Seerosen müssen ab und zu geschnitten werden. Am Anfang habe sie das Prozedere ohne Schutzkleidung in Angriff genommen, aber dann sei sie einmal in den Teich gefallen, weil sie etwas gebissen oder gestochen habe – vielleicht ein Rückenschwimmer, eine Wasserwanzenart.

Auch von der Leiter gefallen ist sie einmal bei Schnittarbeiten, was ihr Brüche einbrachte und einen Krankenhausaufenthalt. Ihrer Freude am Arbeiten im Freien hat das allerdings keinen Abbruch getan und den Baumschnitt übernimmt nun ein Gärtner. „Mein Mann liebt den Garten genauso wie ich. Ohne ihn würde ich eingehen wie ein Topf Primeln ohne Wasser. Ich hoffe, ich falle im Garten eines Tages ganz einfach tot um.“