Wedel. Syrischer Meister im Taekwondo lebt als Flüchtling in Wedel. Über Facebook fanden sich genügend Spender für eine HVV-Jahreskarte.

Mohamad Al Zabade steht am Wedeler Bahnhof und strahlt über das ganze Gesicht. In der Hand hält er ein Busticket des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV). Fremde Menschen haben die Fahrkarte bezahlt, obwohl sie Mohamad nicht einmal kennen. Aber sie kennen Mohamads Geschichte, und zwar dank der beiden Wedelerinnen Sabine Cole und Heidi Keck.

Mohamads große Leidenschaft ist der Sport, seit 2009 macht er Taekwondo. 2014 wurde er syrischer Meister in der U18-Altersklasse. „Ich möchte auch in Deutschland Taekwondo machen und an Wettkämpfen teilnehmen“, sagt Mohamad. Richtig trainieren kann er aber nur in Pinneberg.

Willkommensteam organisiert Training

Vor etwa zwei Monaten kam Mohamad Al Zabade nach Deutschland, seit etwa fünf Wochen lebt der 18-Jährige in Wedel. Als er allein in der Rolandstadt ankam, traf Mohamad auf Heidi Keck vom Wedeler Willkommensteam. Sie begrüßt die neu ankommenden Flüchtlinge in Wedel, fragt nach, was sie brauchen und versucht, diese Dinge zu organisieren. „Ich führe die Neuankömmlinge auch durch die Stadt, zeige ihnen die wichtigen Einrichtungen, erledige mit ihnen Behördengänge und begleite sie in den ersten Tagen nach der Ankunft“, sagt Heidi Keck. Mohamad erinnert sich noch gut an die erste Begegnung. „Heidi war sehr nett. Sie hat gefragt: ,Was brauchst du? Was möchtest du machen?’“, sagt er. Seine Antwort war „Taekwondo“. Keck suchte nach entsprechenden Angeboten in Wedel, doch auf Mohamads Niveau wird nur in Pinneberg trainiert.

Heidi Keck und Mohamad Al Zabade mit dem Busticket am Bahnhof in Wedel. Das Geld kam durch Spenden zusammen
Heidi Keck und Mohamad Al Zabade mit dem Busticket am Bahnhof in Wedel. Das Geld kam durch Spenden zusammen © HA | Marvin Mertens

Weil Mohamad zu alt ist, darf er in Deutschland nicht zur Schule gehen, hat deshalb auch kein Anrecht auf eine Fahrkarte. Diese braucht er aber, um zum Taekwondotraining nach Pinneberg zu kommen. Wie so oft, wenn die Behörden nicht helfen können, nehmen dies die Bürger selbst in die Hand.

Bürger wie Sabine Cole. Die Wedelerin engagiert sich für die Flüchtlinge in der Rolandstadt. „Ich bin nicht in einer festen Gruppe, dafür fehlt mir die Zeit“, sagt Cole. „Aber ich habe ein großes Netzwerk und kann so manchmal schnell die dringend benötigten Dinge organisieren.“ So auch im Fall des Bustickets. Über Facebook machte sie Mohamads Geschichte öffentlich, fragte nach einer Lösung. „Die Resonanz war überwältigend“, sagt Cole. „Nach 14 Minuten hatten sich genügend Spender gefunden, um Mohamads Ticket für ein Jahr zu bezahlen.“

Busticket dank Spenden

Allein hätte Mohamad nicht für die Fahrkarte aufkommen können, den Beitrag für das Training trägt er aber selbst. Umso dankbarer ist er über die Unterstützung. „Das ist sehr nett. Ich freue mich sehr“, sagt Mohamad. Mittlerweile ist das Geld angekommen, sodass Sabine Cole und Heidi Keck mit Mohamad das Busticket kaufen konnte.

Mohamad Al Zabade floh im Alter von 17 Jahren allein vor dem Krieg und der Zwangsrekrutierung aus seiner Heimat Damaskus in Syrien. Seine Eltern, seine drei Schwestern und sein Bruder leben immer noch dort. „Es wäre schön, wenn meine Familie herkommen könnte. Ich vermisse sie sehr“, sagt Mohamad. Aber ihm gefällt es in Wedel. „Die Menschen sind sehr nett. Ich möchte gerne hierbleiben“, sagt er. Seine sechsmonatige Flucht führte Mohamad aus Syrien über die Türkei und Griechenland nach Deutschland, wo er einen Asylantrag stellte.

Mohamad war schon einige Male beim Training

Jetzt lebt Mohamad mit drei weiteren Flüchtlingen in einer Schlichtunterkunft in Wedel. An zwei Tagen in der Woche bekommen sie Deutschunterricht. „Das ist zu wenig“, sagt Mohamad. Er würde gerne mehr Deutsch lernen, zur Schule gehen und irgendwann studieren. „Aber das ist sehr schwer“, sagt er. Taekwondo sei eine Chance für ihn. Ein paar Mal war er schon in Pinneberg zum Training. „Es macht mir so viel Spaß“, sagt Mohamad. In Pinneberg trainieren Menschen aus verschiedenen Herkunftsländern gemeinsam. „Weil die Flüchtlinge weder Arbeiten noch in die Schule gehen dürfen, ist Sport als Freizeitgestaltung umso wichtiger“, sagt Heidi Keck. „Das Warten und die Langeweile sind für viele ein Problem.“

Bisher hat Heidi Keck Mohamad zum Training gefahren. Sie möchte erreichen, dass Mohamad zur Schule gehen kann. „Es ist wirklich unglaublich, dass er nicht zur Schule gehen darf, obwohl er kurz vor dem Abitur steht“, sagt Keck und zu Mohamad gewandt: „Nächstes Jahr bringen wir dich in die Schule.“ Da strahlt Mohamad wieder über das ganze Gesicht.