Pinneberg. Verschleppte Sanierung der Pinneberger Heuss-Schule bleibt wohl ohne rechtliche Folgen. Für das Chaos gebe es mehrere Ursachen.
Es ist Dienstagabend. Auf diesen Moment haben Pinnebergs Politiker lange gewartet. Mit Rüdiger Blaschke ist der Mann nach Pinneberg gekommen, der den mutmaßlichen Baupfusch am Theodor-Heuss-Gymnasium aufklären soll. Zwei Stunden später, nach dem Fazit des Gutachters, blickt Blaschke in ratlose Gesichter. Erntet gar Unverständnis und Wut. Zwar sei der Stadt ein Schaden von 30.000 Euro entstanden, weil die Fassade des Gymnasiums 2012 abgebrochen und anschließend nicht wie geplant erneuert worden sei. „Im rechtlichen Sinne aber ist niemandem die Schuld dafür zu geben“, so der Diplom-Verwaltungswirt vom Büro Kubus. Eine moralische Bewertung vorzunehmen, sei nicht seine Aufgabe.
Zu Beginn seines Vortrags vor den Mitgliedern des Umweltausschusses präsentiert sich Blaschke unglücklich. Die Fertigstellung des Heuss-Gymnasiums verlegt er um zwei Jahre, muss sich aus dem Zuschauerraum korrigieren lassen. Anschließend wird der Gutachter nicht müde, die Leistung des für die Sanierungsplanung verantwortlichen städtischen Architekten zu loben.
Dieser sei mit zu vielen Aufgaben überhäuft worden, unter diesem Druck 2013 zusammengebrochen – und ein Jahr lang ausgefallen. Weil bei dem Erkrankten zuvor alle Fäden zusammengelaufen seien, habe dessen Ausfall die Sanierung der Schule zum Stillstand gebracht. „Ein starkes Stück“, überrascht Blaschke das Plenum mit einer Wertung. Der Architekt habe zur „eierlegenden Wollmilchsau“ gemacht werden sollen. Den Namen der seinerzeit fürs Rathauspersonal verantwortlichen Bürgermeisterin nimmt er nicht in den Mund. Er lautet Kristin Alheit, SPD, heute Sozialministerin des Landes Schleswig-Holstein.
Man muss ganz genau hinhören, wenn Blaschke spricht. So weist der Gutachter durchaus darauf hin, dass verwaltungsintern Vorgänge nicht vernünftig dokumentiert worden seien. Er habe nicht immer alles nachvollziehen können. Ob Akten verschwunden sind, oder nie existierten, bleibt unklar. Politiker schütteln angesichts dieser Ausführungen mit den Köpfen. Schuldige für offenkundige Schlamperei benennt der Gutachter nicht.
„Gutachten kommt einer Bankrotterklärung der Verwaltung gleich“
Pinnebergs Bauamtschef Klaus Stieghorst bescheinigt Blaschke, dass dieser die damalige Bürgermeisterin bereits 2011 schriftlich auf den drohenden Zusammenbruch des städtischen Architekten hingewiesen habe. Die sogenannte Überlastungsanzeige sei dokumentiert. Darin sei gar von möglichen Fehlern und zu befürchtenden Folgeschäden die Rede. Er habe in den Akten „keinen Hinweis auf irgendeine Reaktion“ seitens der damaligen Rathauschefin gefunden. Eine Aussage, die Manfred Stache von der Fraktion der Grünen die Zornesröte ins Gesicht treibt: „Bürgermeisterin und Fachbereichsleitung hätten handeln müssen.“ Angesichts des offenkundigen Versagens müsse es doch möglich sein, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. „Wo bleibt da die Fürsorgepflicht der Vorgesetzten“, stößt CDU-Fraktionschef Andreas Meyer ins selbe Horn. „Für mich kommt dieses Gutachten einer Bankrotterklärung der Verwaltung gleich“, ergänzt Ausschussmitglied Peter Thomsen.
Blaschke spricht von einem schwierigen Ablauf der Sanierung. Kritik an deren Dauer – mittlerweile sind es neun Jahre – kann er nachvollziehen. Die Bezeichnung Baupfusch hält er für „nicht berechtigt“. Ursächlich für das Chaos an der Heuss-Schule sei die katastrophale Finanzsituation der Stadt, gepaart mit Personalnot. Auch die Politik sei nicht von Verantwortung freizusprechen.
Ulrike Graefen hat sich die Ausführungen Blaschkes, der acht Jahre lang Bürgermeister in Itzehoe war, angehört. Die Sprecherin der Pinneberger Schulallianz ringt nach der Sitzung sichtlich um Fassung. Die 30.000 Euro teure Expertise sei lediglich eine Chronologie, die es an einer klaren Bewertung fehlen lasse. Unvollständige Akten und Fehler bei der Personalplanung müssten Konsequenzen nach sich ziehen. Die Politiker können sich auf einen weiteren Auftritt Blaschkes vorbereiten. Auch den Mitgliedern des Schulausschusses wird er noch Rede und Antwort stehen.