Pinneberg. Gutachten zum Baupfusch an Pinnebergs Heuss-Schule belegt Fehler. Expertise spricht den zuständigen Architekten aber frei.
Es ist Juli 2013, als der mutmaßliche Baupfusch an der Theodor-Heuss-Schule erstmals Thema wird. Augenscheinlich ist bei der Sanierung des Pinneberger Gymnasiums geschlampt worden. Empörte Eltern machen ihrem Ärger Luft. Politiker fordern Aufklärung. Jetzt, knapp zwei Jahre später, gibt es endlich Klarheit. In einer Expertise, die dem Hamburger Abendblatt vorliegt, bestätigen Gutachter des Schweriner Büros Kubus, dass bei der Sanierung der Schule tatsächlich 30.000 Euro versenkt wurden. Wer allerdings glaubte, in dem Gutachten würde unmissverständlich ein Schuldiger benannt, sieht sich getäuscht.
Finanz- und Personalmangel
Die Experten nennen das Zusammenspiel von chronischem Finanz- und Personalmangel im Pinneberger Rathaus als Ursachen des Versagens. Zunächst von der Politik in Aussicht gestellte Mittel seien zwischenzeitlich gestrichen worden, was die Planung zeitweise ausgehebelt habe. Zudem sei Geld nach dem „Gießkannenprinzip“ ausgeschüttet worden. Nach dem Motto: Wer am lautesten schreit, wird auch bedacht. Die Gutachter mahnen für die Zukunft „eine vernünftige Investitionsplanung nach Prioritäten“ an. Dem zuständigen städtischen Architekten, den manch einer als Verantwortlichen ausgemacht hatte, wird hingegen fachlich gute Arbeit bescheinigt. Er hatte zwischenzeitlich sogar einen Nervenzusammenbruch erlitten – und war Monate lang ausgefallen.
Die Sanierung der 1967 erbauten Theodor-Heuss-Schule war 2006 in Angriff genommen worden, nachdem ein erheblicher Sanierungsstau festgestellt worden war. Bis heute konnten die Arbeiten nicht abgeschlossen werden. Zunächst waren drei Bauabschnitte geplant. Angesichts der finanziellen Nöte Pinnebergs hatte der Architekt sie auf sechs Abschnitte strecken müssen. 2011 war ein Teil der Fassade abgebrochen, nicht sofort erneuert und nur provisorisch gegen Witterungseinflüsse geschützt worden. Folge: Schäden an der Bausubstanz.
Keine personellen Konsequenzen
30.000 Euro futsch durch den mehrjährigen Baustopp – für Bürgermeisterin Steinberg ein glimpfliches Ergebnis des Gutachtens. Sie sagt aber auch: „In unserer Situation tut jeder Euro weh.“ Personelle Konsequenzen im Rathaus zu ziehen sei nicht notwendig. „Wir müssen uns neu aufstellen und besser strukturieren, damit so etwas nicht mehr passiert.“
Von den Gutachtern gibt es diesbezüglich klare Handlungsempfehlungen. Der Stadt sei attestiert worden, dass es im Fall des Projekts Heuss-Schule an ganzheitlicher Betrachtung gefehlt habe, so Steinberg. Sie spricht von Mängeln bei der Koordination. Davon, dass Einzelnen zu viel auf die Schultern geladen worden sei – etwa dem städtischen Architekten. Dessen gesundheitliche Probleme hätten gar dazu geführt, dass das Bauprojekt 2011 komplett zum Erliegen gekommen sei. Das dürfe nicht sein. „Wir werden künftig Aufgaben besser verteilen, es wird auch nicht mehr vorkommen, dass Verantwortliche gleichzeitig mit ihren Vertretern in Urlaub gehen“, sagt Steinberg. Den Rat, künftig verstärkt Sachverstand von außen einzukaufen, will sich die Bürgermeisterin bei Bauprojekten zu Herzen nehmen.
Kristin Alheit könnte in den Fokus geraten
Ob die Politik sich mit der vorgelegten Expertise zufrieden gibt und das Thema nach Beratung tatsächlich zu den Akten legt, wird sich im Juli herausstellen. Dann soll das Gutachten in den Gremien vorgestellt werden. Steinberg selbst muss dann wohl keine Attacken fürchten. Wenn Fehler gemacht wurden, dann liegen die Ursachen vor ihrer 2013 begonnenen Amtszeit. So könnte die Frage gestellt werden, warum dem zuständigen Architekten immer mehr Aufgaben aufgehalst wurden, etwa der Bau einer neuen Sporthalle. Und warum ihm keine Verwaltungskraft zur Verfügung gestellt wurde. Der Name der heutigen Sozialministerin Kristin Alheit, der in der Expertise auftaucht, könnte in der politischen Diskussion eine zunehmend wichtige Rolle spielen. Die Sozialdemokratin hatte von 2008 bis 2012 als Bürgermeisterin der Kreisstadt Verantwortung für die Personalplanung im Rathaus an der Bismarckstraße. In ihre Amtszeit fällt auch ein bis heute nicht endgültig aufgeklärter Stadtkassen-Skandal.
In Sachen Heuss-Schule hatte Steinberg versprochen, Licht ins Dunkel zu bringen. Sie hat Wort gehalten. Die Expertise des Büros Kubus wurde der Politik am Wochenende zugestellt. Steinberg informierte zudem Ulrike Graefen, Elternbeirätin der Heuss-Schule. Mit einem Urteil hält Graefen sich vorerst zurück. Sie will das Gutachten erst in Ruhe durcharbeiten.