Kreis Pinneberg . Während Appen um seinen Nahkauf zittert, haben andere Orte Einkaufsmöglichkeiten selbst in die Hand genommen.
Mit einem etwas mulmigen Gefühl betreten Appener derzeit ihren Supermarkt im Ort. Im Dorf machen Gerüchte die Runde, dass die kleine Nahkauf-Filiale an der Hauptstraße schließen würde. Neu befeuert wird die Angst durch Immobilienanzeigen, die jetzt im Internet veröffentlicht sind. Anscheinend hat der Grundstückseigentümer Verkaufspläne. „Wir wissen gar nichts“, ärgert sich Appens Bürgermeister Hans-Joachim Banaschak. Der Eigentümer hätte mit der Gemeinde bislang kein Gespräch gesucht. Verwaltung und Politik wissen auch nur, was in der Immobilienanzeige stand, die aufgrund des Wirbels im Dorf bereits wieder verschwunden ist. Laut Banaschak wurde das Grundstück für Wohnbebauung oder als Standort eines neuen Autohauses angeboten. Ein Anliegen, das für den Bürgermeister nicht neu ist.
Bereits vor zwei Jahren saß man mit dem Eigentümer zusammen. Er wünschte sich eine Nutzungsänderung, es ging um eine Mischung aus Wohnbebauung und einem Markttreff. Das Problem: Das bezuschusste Markttreff-Konzept der Landesregierung zur Versorgung von ländlichen Räumen greift in Appen nicht. Die Gemeinde ist mit ihren 5000 Einwohnern deutlich zu groß. Zudem hat Appen mit dem Bürgerhaus bereits einen Treffpunkt, der eine der drei Säulen eines Markttreffs bilden soll.
„Wir haben ein großes Problem. Appen ist eingebettet von großen Nahversorgern anderer Orte“, erklärt Banaschak. So gibt es in Pinneberg, Prisdorf, Moorrege und Heist jeweils in den Randlagen große Discounter. „Da ist es schwer für einen Nahversorger bei uns. Wir hoffen sehr, dass uns der Nahkauf erhalten bleibt, vor allem für die älteren Bewohner im Dorf ist er sehr wichtig“, so Appens Bürgermeister. Zumindest die Pächterin und Rewe als Zulieferer sind weiterhin an dem Standort interessiert. Unklar ist nur, wie es weitergehen wird. „Der Mietvertrag des Nahkauf-Marktes in Appen läuft zum Jahresende turnusmäßig aus. Aktuell wird geprüft, in welcher Form dieser Standort weiter betrieben werden kann“, so Daniela Beckmann, Pressesprecherin der Rewe-Group Nord.
In Hetlingen bilden 50 Genossen die Grundlage für den Marschtreff
Während die Appener zittern, haben andere Gemeinden im Kreis Pinneberg ihre Nahversorgung selbst in die Hand genommen. So wie in Hetlingen. Hier bilden 50 Genossen mit ihrem Finanzbeitrag die Grundlage für den Marschtreff. Auch Hetlingen hatte wie Appen das Problem, nicht die Richtlinien für die bezuschussten Marktreffs des Landes zu erfüllen. Aufhalten ließ man sich davon nicht. Mit 5000 Euro Grundkapital und einem Vermieter, der im ersten Halbjahr der dörflichen Einzelhandelsgemeinschaft deutlich entgegenkam, füllte sich das 60 Quadratmeter große Geschäft mit Regalen, Gefriertruhe und vor allem Leben.
„Das Geschäft wird gut angenommen. Unsere Kundschaft reicht von Kindern, die mit ihrem Taschengeld Knabberkram kaufen, bis zu 90-Jährigen“, erklärt Robert Wieber. Wieber als gelernter Einzelhandelskaufmann hat als geschäftsführender Vorstand den Chefposten bei der Genossenschaft in Gründung übernommen. Seit knapp einem Jahr läuft der Laden, der von ehrenamtlichen Helfern geleitet wird und von Donnerstag bis Sonntag geöffnet hat. Hier werden auch regionale Produkte angeboten, wie selbst gemachte Eintöpfe und selbst gebackene Kuchen. Die Bilanz nach knapp einem Jahr: ein Umsatz von 2000 Euro pro Monat. Trotzdem stand am Ende ein Minus von 700 Euro, das laut Wieber aber an den Anschaffungskosten lag.
Deutlich mehr haben die Heidgrabener in ihren Markttreff investiert, der seit August 2014 täglich geöffnet ist, sogar sonnabends (7 bis 13.30 Uhr) und sonntags (8 bis 10 Uhr). Zwei Millionen Euro hat der Bau des Marktes gekostet, der 8000 verschiedene Artikel in seinem Sortiment hat, wie Marktleiter Manfred Langer erklärt.
Der Markttreff in Heidgraben, der noch ein Friseurgeschäft beherbergt, wird von 400 Genossen getragen, die mindestens 100-Euro-Anteile gezeichnet haben, erklärt Jan-Christian Wiese vom Amt Moorrege die Konstruktion. 750.000 Euro steuerte das Land aus EU-Geldern bei, weil dies als eine Leuchtturmprojekt in der Region eingeschätzt wurde. „Es wird auch als Bürger-Treffpunkt und von der Awo genutzt“, erklärt Wiese. Marktleiter Langer, der etwa 450 Kunden im Monat hat, eine Teilzeitkraft und sieben Minijobber beschäftigt, wünscht sich mehr Zulauf. „Mit dem Umsatz von 650.000 Euro im Jahr sind wir genau im Plan. Aber große Sprünge können wir damit nicht machen.“
Hasloh fehlt umfassendes Lebensmittelangebot in Dorfmitte
Haslohs Bürgermeister Bernhard Brummund würde sich über diese Sorgen schon freuen. Seit der endgültigen Schließung des früheren Edeka-Marktes im Harksheider Weg voriges Jahr, der seit 2007 fünf Pächter unter neuen Namen verzeichnete, fehlt der Gemeinde ein umfassendes Lebensmitttelangebot in der Dorfmitte. Wer nicht zu dem Netto-Markt an der Kieler Straße gehen kann, muss sich mit dem kleinen Tante-Emma-Laden in der ehemaligen Sparkassenfiliale begnügen. Doch das reicht der Gemeinde nicht aus, die gerade 54 neue Häuser hat errichten lassen und kräftig weiterwachsen will.
Doch die Lebensmittelketten, die Brummund angesprochen hat, fordern größere Flächen als die Landesplanung bislang zulässt. In einem Gespräch mit Vertretern der Landesregierung habe er auf dieses Problem hingewiesen und für den Wunsch der Gemeinde nach einem zusätzlichen Angebot geworben, sagt Brummund. „Die Landesplanung will das nun prüfen.“
In Klein Offenseth-Sparrieshoop sind sich Politiker aller Parteien einig, dass der jetzige Nahversorger „Nah & Frisch“ aufgrund seiner Lage mit der unbefriedigenden Verkehrs- und Parksituation sowie der Größe nicht überlebensfähig ist. Der B-Plan 15 soll dem Betreibereheppar die Gelegenheit geben, einen Neubau mit bis zu 800 Quadratmetern Verkaufsfläche auf einem Grundstück zu errichten, das 400 Meter vom jetzigen Standort an der Rosenstraße entfernt ist.