Halstenbek. Das Wolfgang-Borchert-Gymnasium zieht im Sommer in den Neubau. Nicht alle Eltern sind von dem Vorschlag des Schulleiters begeistert.
Sollen Schüler als Umzugshelfer eingesetzt werden? Über diese Frage ist am Wolfgang-Borchert-Gymnasium in Halstenbek ein Streit entbrannt. Anlass ist eine E-Mail von Schulleiter Karsten Schneegaß an alle Eltern, in der er um Unterstützung der Schüler beim Einpacken der Habseligkeiten der Schule bat.
Das Gymnasium zieht in den Sommerferien vom Altbau, der abgerissen wird, in den Neubau auf dem ehemaligen Parkplatzareal. In den ersten zwei Wochen der Sommerferien rückt ein Umzugsunternehmen an, das die Kisten und Kartons vom alten ins neue Gebäude transportiert. „Wir müssen die Vorarbeiten leisten, das hat der Schulträger so beschlossen“, sagt Schneegaß. Das bedeute, dass die Schule bis zu den Sommerferien „verpackt“ werden muss. Ein Job, den der Oberstudiendirektor insbesondere den 70 Lehrern, aber in Teilen auch den 980 Schülern zugedacht hatte.
Er kündigte in der E-Mail an, in den nicht mehr zensurrelevanten Zeiten die Lehrer vom Unterricht freizustellen, die besonders aufwendige Arbeiten zu erledigen haben – also die Biologen, Chemiker, Kunst-, Physik- und Sportlehrer. „Wo immer es geht, werden wir Ihre Kinder bitten, uns dabei zu helfen, denn es ist ja auch ihr Umzug. Selbstverständlich werden wir Ihre Kinder ausschließlich in völlig ungefährlichen Bereichen um Mithilfe bitten, und niemand wird irgendwelche Kartons oder schwere Gegenstände bewegen müssen“, warb Schneegaß in der Mail an die Eltern um Verständnis.
Eltern beschweren sich über Unterrichtsausfall
Das zeigten jedoch nicht alle Eltern. So erhielten Schneegaß und der Elternbeiratsvorsitzende Dirk Weidner die E-Mail eines Elternpaares, das die Frage aufwarf, warum das Einpacken und der Umzug nicht komplett in den sechswöchigen Sommerferien stattfinden können. So könnte ein massiver Unterrichtsausfall für die Schüler verhindert werden. „Dass sie auch noch einpacken sollen, statt Unterricht zu haben, finde ich unerhört“, heißt es in der Elternmail weiter.
„Für diese Kritik habe ich nur ein sehr begrenztes Maß an Verständnis“, sagt der Elternbeiratsvorsitzende Weidner. In der Woche vor den Sommerferien finde ohnehin jedes Jahr nur sehr eingeschränkter Unterricht statt. „Die Noten sind längst durch, die Kinder gucken Videos oder so.“ Weidner hält es sogar für förderlich, wenn die Schüler in kleinerem Rahmen selbst mit anpacken, etwa Bücher oder die Dinge in ihrem Klasssenraum in die Kartons einräumen. „Es geht ja gerade nicht darum, die Schüler als Umzugshelfer zu missbrauchen, sondern darum, die Identität mit der Schule und dem neuen Gebäude zu stärken.“
Er habe mit mehreren Schülern und auch der Schülervertretung gesprochen, so Weidner weiter. „Die freuen sich, dort mithelfen und sich einbringen zu können.“ Laut Weidner, der selbst zwei Kinder auf der Schule hat, liegt bisher genau eine Beschwerde von Eltern vor. Die könnte jetzt allerdings dazu führen, dass die Schüler von der Umzugshilfe ausgenommen werden. „Dazu wird es nicht mehr kommen“, sagt nun Schulleiter Schneegaß. Er müsse auf diese Beschwerde reagieren, um die ihm unterstellten Lehrer nicht in Schwierigkeiten zu bringen.
Lehrer als Umzugsbeauftragte
Schneegaß will nun alle Arbeiten den Lehrkräften aufbürden. „Die Kollegen werden Dinge tun müssen, die nicht ihrer Ausbildung entsprechen. Aber letztlich sind wir alle glücklich, ein neues Gebäude zu bekommen.“ Er werde bestimmte Lehrer dauerhaft als Umzugsbeauftragte einsetzen und ihren Unterricht vertretungsweise von anderen Kollegen abhalten lassen. Auch das Auspacken vor Schuljahresbeginn obliegt der Schule. „Ich bin gespannt, wie das alles funktionieren wird. Die Schule muss ja am ersten Schultag im neuen Gebäude gebrauchsfertig sein.“
Von der Schule werde erwartet, „dass alles in vorbeiretete Kisten mit schönen Aufklebern darauf kommt“, sagt die zuständige Fachbereichsleiterin im Rathaus, Susanne Dietrich. Dann komme das Umzugsunternehmen und übernehme den Transport, anschließend müsse die Schule alles wieder auspacken. „Wir haben angefragt, was es kosten wird, wenn auch das Umzugsunternehmen ein- und auspackt. Das würde jedoch das Budget, das uns zur Verfügung steht, sprengen.“ Die Gemeinde gebe 25.000 Euro für den Umzug aus, für das Ein- und Auspacken wären weitere 10.000 Euro fällig geworden. „Wir haben uns an dem Umzug der Grund- und Gemeinschaftsschule im Jahr 2011 orientiert. Dort ist auch so verfahren worden, und alles hat prima funktioniert.“ Eine Ausnahme gebe es lediglich im Chemietrakt, wo aufgrund der gefährlichen Stoffe ein Spezialunternehmen eingesetzt wird.