Die steigende Zahl der Flüchtlinge, die die Kommunen aufnehmen müssen, hat für ein Ungleichgewicht bei der Verteilung gesorgt.
Kreis Pinneberg. Etwa 1000 Flüchtlinge wurden dem Kreis Pinneberg gemäß seiner Einwohnerzahl im vorigen Jahr vom Land zugewiesen. Diese leben aber keineswegs gleichmäßig verteilt in den 49 Städten und Gemeinden des Kreises. Einige Kommunen wie vor allem Elmshorn, Uetersen, Tornesch und Quickborn haben mehr Menschen aufgenommen, als sie hätten unterbringen müssen. Der Grund: Umlandgemeinden haben dort – zumeist über Firmen – Wohnraum anmieten lassen. Gegen diese ungerechte Verteilung protestierten jetzt die betroffenen Bürgermeister, deren Sozialämter völlig überlastet sind, bei Landrat Oliver Stolz.
Bei einer dreistündigen Zusammenkunft im Kreishaus einigten sich die Vertreter aller Kommunen, bis auf Helgoland, auf ein Fairness-Abkommen, das alle Bürgermeister unterzeichnen sollen. Darin ist verabredet, dass jede Kommune nur bei sich Wohnraum für die Flüchtlinge sucht und anmietet. Falls dies nicht möglich ist, muss sie eine einvernehmliche Lösung mit einer anderen Kommune finden, die bereit ist, für sie Platz zu schaffen. Zugleich will die Kreisverwaltung an der quotalen Verteilung festhalten, aber möglichst die zusätzlich aufgenommen Asylbewerber dem Kontingent der jeweiligen Kommune hinzurechnen, sodass einige ihr Soll über- und andere untererfüllt haben. „Wir werden das ständig beobachten und flexible Regelungen treffen“, kündigt Fachbereichsleiter Jürgen Tober an.
Es müsse „Schluss damit sein, den Mietwucher zu unterstützen“, sagt Landrat Stolz mit Hinblick auf die Firmen, die sich Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen teuer bezahlen lassen. Laut dem Landrat ist es nur fair, wenn sich jede Kommune selbst um die Personen kümmert, die ihr zugewiesen werden. „Die Vereinbarung ist in die Zukunft gerichtet“, so Stolz weiter. Es könne nicht Sinn sein, gut integrierte Flüchtlinge aus ihrem gewohnten Umfeld herauszureißen, weil sie eigentlich in einer anderen Kommune leben müssten.
Mittelfristig erwartet allerdings Elmshorns Bürgermeister Volker Hatje eine Entlastung seiner Stadt. „Die Zahl der Flüchtlinge, die bei uns leben, ist doppelt so hoch wie die Zuweisungen. Das konnte nicht so weitergehen, weil wir kollabieren.“ Die Stadt habe erhebliche Kosten tragen müssen, für die andere zuständig gewesen wären – etwa für die Betreuung, für die Inanspruchnahme von Kita-Plätzen und Schulen. Hatje: „Das hat unsere Infrastruktur schwer belastet.“ Auch im Sozialamt des Rathauses sei Land unter gewesen. „Da saßen teilweise Menschen auf dem Flur, von denen wir noch nie gehört hatten.“ Er habe innerhalb des Hauses Personal in das Sozialamt umschichten müssen, um die zusätzlichen Fälle abarbeiten zu können, so Hatje.
Die vom Landrat gefundene Lösung begrüßt Elmshorns Bürgermeister. Und er spricht von positiven Beispielen – wie etwa dem von Klein Offenseth-Sparrieshoop, wo die 3000-Seelen-Gemeinde extra ein Haus gekauft hat, um ihre Flüchtlinge künftig selbst unterzubringen. „Wenn es in anderen Kommunen gar nicht anders geht, werden wir uns einer zeitweiligen Aufnahme in Elmshorn nicht verwehren , sofern das vorher mit uns abgesprochen wird.“ Sollten ihm jedoch weitere Fälle zu Ohren kommen, in denen ohne Rücksprache andere Kommunen Asylbewerber in Elmshorn unterbringen, werde er hart reagieren. „Bei Verstößen gegen das Fairnessabkommen werde ich den betroffenen Bürgermeister anrufen und dann den Namen der Kommune öffentlich machen“, kündigt Hatje an.
Auch in Quickborn leben mehr als jene 110 Flüchtlinge, die die Stadt aufzunehmen hätte, sagt Fachbereichsleiter Volker Dentzin. Er weiß von zwei Objekten, die andere Kommunen aus dem Kreis angemietet haben, wo mehr als zehn Asylbewerber wohnen. „Das ist ja nicht fair“, sagt Dentzin. Darum hätten sich die Verwaltungschefs jetzt darauf verständigt, dies nur noch in absoluten Ausnahmefällen zu tun.
„Das geht aber nicht von heute auf morgen“, gibt Haslohs Bürgermeister Bernhard Brummund zu bedenken. So habe seine Gemeinde alle 15 zugeteilten Asylbewerber auswärtig untergebracht, in Elmshorn, Quickborn und Pinneberg. „Wir haben keine Wohnungen für sie in Hasloh gefunden.“ Nun versuche die Gemeinde, das frühere Pastorat der evangelischen Kirche, das seit zehn Jahren leersteht, dafür zu nutzen. Dort müsse dann auch die Heizung erneuert werden, kündigt Brummund an. Dies solle schnellstmöglich erfolgen.
Die Stadt Barmstedt hat bereits 2014 ihre Asylbewerber aus der Unterkunft in Langeln ins Stadtgebiet geholt und baut sechs neue Wohnungen. Auch Bönningstedt nimmt nun Flüchtlinge bei sich auf. Die ehrenamtlichen Bürgermeister hätten sich auf diese Verfahrensweise geeinigt, so Brummund.