Innenstadt, Westumgehung, Schulen und Bahnhof sind große Baustellen. Leere Stadtkasse setzt Grenzen. Doch mit Neubau der VR Bank kommt die Ebert-Passage, auch in der Parkstadt Eggerstedt wird gebaut.
Pinneberg. Wenn Pinnebergs Bürgermeisterin Urte Steinberg einen Blick in die Zukunft wirft, dann sieht sie eine belebte Innenstadt, in der die Leute in einer Fußgängerzone mit attraktiven Geschäften flanieren und für eine Pause einen der Gastronomiebetriebe ansteuern. Sie sieht alteingessessene und zugezogene Pinneberger, die stolz darauf sind, was ihre Stadt zu bieten hat. Und eine lokale Wirtschaft, die durch den Bau der Westumgehung und verbesserte ÖPNV-Verbindungen einen Aufwind erlebt. Es ist ein Blick in die Zukunft, doch 2015 sollen dafür die Weichen gestellt werden – trotz leerer Stadtkasse. Über die Pläne spricht sie mit Christopher Schwartz, Inhaber der Adler-Apotheke an der Dingstätte.
In der Innenstadt habe sich schon 2014 viel getan, sagt Steinberg. Neues Pflaster in der Fußgängerzone, Bäume, Sitzbänke, der Umzug von Meyer’s Frischemarkt und der Zuzug der Modekette H&M. In diesem Jahr baut die VR Bank ihr neues Gebäude, daneben entsteht die Ebert-Passage. Sitzbänke und kulinarische Angebote sollen zum Verweilen einladen. Als Mieter stehen bereits die Drogeriekette DM und die Bäckerei Junge fest. Nicht weit entfernt eröffnet im Sommer das Restaurant in der Drostei unter neuer Führung wieder. Und in das bisherige Gebäude der Akad-Hochschule könnte ebenfalls ein Textilgeschäft ziehen. Die Gespräche seien vielversprechend, so Steinberg.
„Wir haben bereits viele gute Läden“, betont die Bürgermeisterin. „Aber weitere Geschäfte für Schuhe, Haushaltswaren, Tee oder Spielwaren sowie ein Fischrestaurant oder ein Burgerimbiss würden der Stadt gut tun.“ Sie wünsche sich zudem einen temporären „Frühlingsmarkt“ vor der Drostei, ähnlich dem Weihnachtsdorf. Das sieht auch Christopher Schwartz so. Die Fußgängerzone sei schöner geworden, doch noch immer sei die Stadt eher leer. „Das Kaufangebot sollte attraktiver werden. Es gibt zu viele Telefonläden, Ein-Euro-Geschäfte und Drogerien.“ Er schlägt auch eine Teilüberdachung, eine Art „Arkaden“, für die City vor, um das Einkaufen komfortabler zu machen. Dazu müssten sich, so Steinberg, die Hauseigentümer einigen. Gleiches gelte für die von Schwartz angeregten Pflanzenampeln, eine erweiterte Weihnachtsbeleuchtung oder Musikveranstaltungen.
Zu einer attraktiven Innenstadt gehören aus Sicht des Apothekers mehr Parkplätze. „Wir brauchen dringend kostenfreie Plätze für Kurzzeitparker.“ Es gebe ausreichend Stellplätze, immerhin 1200 in City-Nähe, hält die Bürgermeisterin dagegen. Eine Übersicht ist als Flyer im Rathaus erhältlich. Parkgebühren seien notwendig, da Pinneberg unter dem Rettungsschirm des Landes steht und noch einiges tun muss, um die Finanzmisere – 2015 beträgt das Minus in der Stadtkasse 7,4 Millionen Euro – zu überwinden. In den kommenden drei bis vier Jahren heißt es laut Steinberg daher: „Schulsanierung, Bahnhof und Westumgehung müssen wir machen. Der Rest ist ‚nice to have.“ Also eine Zugabe.
In Sachen Sanierung passiert 2015 an fast jeder Schule etwas. Allerdings betrifft dies vor allem den dringend notwendigen Brandschutz. Für vieles andere fehlt das Geld. „Unser Ziel ist es, alle Schulen Stück für Stück solide zu sanieren, bis für die Kinder und Lehrer die Rahmenbedingungen gegeben sind, die ihnen zustehen“, sagt Steinberg. Der Schulgebäudeentwicklungsplan gibt die Richtung vor. Ein ähnlicher Plan für die Sportstätten soll im Herbst vorliegen.
Am Bahnhof, der in den kommenden Jahren grundlegend neu gestaltet wird, haben die Arbeiten bereits begonnen. Auf der Nordseite wird das Baufeld freigemacht, dann wird zunächst der P+R-Platz erweitert. Die Verlegung des Busbahnhofes an die Rockvillestraße folgt laut Steinberg frühestens ab dem Herbst. Anschließend sollen der Bahnhofsvorplatz saniert und ein Fahrradparkhaus gebaut werden. Denn Steinberg will Pinneberg zur „Fahrradstadt“ entwickelt. Dafür sollen in Zusammenarbeit mit dem ADFC die Radwege verbessert und mehr Abstellmöglichkeiten in der City geschaffen werden.
Schwartz hofft zudem auf mehr Zugverbindungen. „Die Anbindung mit Regionalzügen und S-Bahn ist sehr wichtig für Pinneberg.“ Die Bürgermeisterin macht ihm leise Hoffnungen. „Wir kämpfen für eine zusätzliche Verbindung bis zum Hauptbahnhof.“ Ebenso setzt sie sich für eine abendliche Busverbindung in Richtung Süden ein.
Und die seit Jahrzehnten geplante Westumgehung wird 2015 gebaut, die Ausschreibungen sind getätigt, in Kürze starten die Vorbereitungen. Dann gehe es bald an vielen Stellen gleichzeitig los, so Steinberg. Das Ziel: 3,9 Kilometer Straße mit vier Anschlüssen. „Das bringt eine große Entlastung für die Innenstadt“, meint Schwartz. Auch die Gewerbegebiete Ossenpadd und Müssentwiete sollen profitieren, nicht nur durch verbesserte Anlieferungsmöglichkeiten. Steinberg: „Wenn wir mehr Firmen ansiedeln wollen, müssen deren Mitarbeiter gut herkommen.“
Wer sich den Weg dennoch sparen will, kann in die neue Parkstadt Eggerstedt auf dem ehemaligen Kasernengelände ziehen. Im Januar startet der Verkauf der Grundstücke durch die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG). Von März bis September wird dann kräftig am neuen Stadtteil gebaut, dort entstehen 250 Wohnungen, Gewerbeflächen sowie Bildungseinrichtungen. Die Wabe-Kita hat bereits eröffnet.
In der City baut der Flensburger Bauunternehmer Michael Demandt auf dem Areal des früheren Kreishauses 119 Wohnungen, die im Spätherbst fertig sein sollen. Auch in die 32 Wohnungen der Wohnungsbaugenossenschaft Neue GeWoGe am Von-Ahlefeldt-Stieg sollen im Herbst die Mieter einziehen.
Wo dagegen all die Flüchtlinge wohnen sollen, deren Zahl auch in Pinneberg zunimmt, ist noch nicht geklärt. Die Stadt hat einiges geplant, um die Flüchtlinge sowohl angemessen und bezahlbar unterzubringen als auch ihre Integration zu fördern. So soll mit einem Runden Tisch, einer „Task Force“ im Rathaus und Patenschaften eine Willkommenskultur geschaffen werden. Steinberg: „Wir suchen Paten, die zum Beispiel Syrisch sprechen und Flüchtlinge zu Behörden begleiten, und Menschen, die Spielzeug übrig haben oder Unterricht im Radfahren geben.“
Und dann will die Bürgermeisterin 2015 noch ein Imageproblem lösen. Viele Pinneberger hätten ein negatives Bild ihrer Stadt im Kopf. „Das müssen wir auflösen.“ Auch Schwartz hat beobachtet, dass sich die Bürger oft mehr an ihrer Stadt stören als Außenstehende. Deshalb will Steinberg die Marke Pinneberg weiter stärken, sodass sich das rote „P“ in den Köpfen fest verankert. Damit ihre Vision einer belebten und beliebten Stadt Wirklichkeit wird.