Im Jubiläumsjahr will die Gemeinde ihre Schulen stärken, die Situation der Flüchtlinge verbessern und auch ein bisschen feiern. Für eine eigene Oberstufe muss die Schülerzahl deutlich steigen.

Rellingen. 875 Jahre wird Rellingen dieses Jahr alt - genau wie Barmstedt. Was in anderen Kommunen groß gefeiert wird, ist in Rellingen kaum eine Erwähnung wert. „Eigentlich schade“, meint Wolfgang Gaedigk, der als Fotograf zahlreiche Feste in der Gemeinde ins beste Licht setzte. Eine 875-Jahr-Feier werde es definitiv nicht geben, erteilt Bürgermeisterin Anja Radtke dem Wunsch des Bürgers eine Absage.

Gefeiert wird 2015 in Rellingen trotzdem. Vom 29. bis 31. Mai wird die 30. Auflage des Maifestivals gebührend begangen. Eine Feier ist auch zum Thema 20 Jahre Gleichstellungsarbeit geplant. Und auch Rellingens Jugendfeuerwehr, die 1965 ins Leben gerufen wurde, feiert einen runden Geburtstag. Zum 50. richten die Nachwuchsbrandschützer an Pfingsten das traditionelle Zeltlager der Kreisjugendwehren aus, zu dem 1000 Jugendliche und 700 Helfer nach Rellingen kommen.

In die Gemeinde kommen auch immer mehr Flüchtlinge – zugewiesen vom Land. Derzeit acht pro Monat. Anfang 2014 waren es lediglich vier. Es kommen zu viele, sagt Gaedigk. Er meint, dass die Gemeinde bei Integration und Unterbringung von Land und Bund zu wenig Unterstützung erhält.

Radtke stimmt ihm in diesem Punkt zu. „Wir werden allein gelassen. Ich habe ganz große Sorgen, was die räumliche Unterbringung angeht“, sagt die Bürgermeisterin. Sie weist auf die neue Containerunterkunft hin, die an der Tangstedter Chaussee entstanden ist. „Sie wird schon im Frühjahr volllaufen.“ Ein weiterer Standort solle an der Pinneberger Straße neben der Egenbüttler Feuerwache geschaffen werden. Radtke ist klar, dass derartige Projekte bei den alteingesessenen Nachbarn nicht gerade auf Begeisterung stoßen. „Ich kann die Sorgen, Note und Ängste der Nachbarn vollends verstehen.“

Um so mehr freue sie sich, dass in Rellingen viele Bürger ehrenamtlich an der Integration der Flüchtlinge mitarbeiten. Am Runden Tisch Asyl haben sich engagierte Personen zusammengefunden, die Betreuung und vielfältige Hilfestellung auf die Beine stellen. Kurz vor Weihnachten fand erstmals das WIR-Café in der Kirchengemeinde statt, wobei die Initialen für Willkommen In Rellingen stehen.

Umfangreiche Sanierungen stehen 2015 in zwei Turnhallen an. In Krupunder investiert die Gemeinde 170.000 Euro, am Ellerbeker Weg voraussichtlich 150.000 Euro. In beiden Fällen sollen die Sportböden ausgetauscht, die Dächer saniert und die Gebäude energetisch optimiert werden.

„Und wir werden in diesem Jahr den Kampf um die Oberstufe intensivieren“, kündigt die Bürgermeisterin an. Damit an der Caspar-Voght-Schule künftig Abiturprüfungen stattfinden können, muss die Gemeinde die Schülerzahl deutlich erhöhen. Radtke: „Dazu werden wir das Gespräch mit den Nachbarn suchen.“

Eine Lösung muss die Gemeinde in Sachen Offener Ganztag suchen. An der Brüder-Grimm-Schule gibt es dafür weder Räume noch eine Mensa. Eine vor- und nachschulische Betreuung erfolgt derzeit in Containern. „Es wird eine Riesen-Herausforderung, uns in diesem Bereich zu organisieren“, sagt Radtke. Mit der Erich-Kästner-Schule dürfe auch die zweite Grundschule des Ortes nicht aus den Augen verloren werden.

Fortgesetzt wird 2015 das Projekt Glasfaserausbau. „Viele potenzielle Kunden sind unzufrieden, weil der Ausbau des Netzes nicht so schnell klappte wie geplant“, räumt Radtke ein. Die Gemeinde und der Partner wilhelm.tel aus Norderstedt seien von der hohen Bereitschaft der Bürger, sich an dem Projekt zu beteiligen, überrascht worden. Die Bürger müssten sich noch im ersten Quartal 2015 auf Bauarbeiten in Sachen Netzausbau einstellen. Und die Gemeinde wird mehr Geld als geplant in das Projekt investieren müssen.

Ein Investment mit langfristigem Einsparpotenzial plant Rellingen für seine Politiker. Sie wollen auf Wunsch mit iPads ausgestattet werden, um Kosten für Papier, Druck und den Botendienst zu sparen. Die Feuerwehr erhält in diesem Jahr für 130.000 Euro einen neuen Einsatzleitwagen.

Weitergeplant werden soll 2015 das vorgesehene neue Gewerbegebiet an der Tangstedter Chaussee (Bebauungsplan 70). „Wir müssen eine Lösung finden, wie wir die Kreuzung Tangstedter Chaussee/Hauptstraße verändern können, damit sie den zusätzlichen Verkehr aufnehmen kann.“ Bezahlbarer Wohnraum, den Rellingen dringend braucht, soll an der Meisenstraße entstehen. Dort will die GeWoGe alte Wohnblocks aus den 50er-Jahren durch modernere Bauten ersetzen. 2015 sollen dafür die planungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden.

Auch im Ortsteil Krupunder tut sich etwas. Im März wird das Nahversorgungszentrum an der Kellerstraße um einen DM-Drogeriemarkt ergänzt. „Wir müssen aufpassen, dass die Versorgung im Ortskern stabil bleibt“, meint Gaedigk. Der Besitzer eines Fotogeschäftes, der seit der Schließung des Buchladens im Ortskern auch Literatur anbietet, spürt täglich das geänderte Nutzerverhalten. „Der Bedarf wird immer stärker im Internet gedeckt. Gerade von jungen Leuten“, sagt Gaedigk. Er sieht langfristig Probleme auf den stationären Einzelhandel zukommen.

Damit die Gemeinde nicht zur Betonwüste wird, soll 2015 die Aktion „Mehr Grün in Rellingen“ anlaufen. „Rellingen bleibt nicht von allein grün“, mahnt die Bürgermeisterin. Das Konzept sieht vor, dass Bürger für Baumpflanzungen Geld spenden und jede Spende aus der Gemeindekasse aufgestockt wird. Eine erste große Pflanzaktion ist für den Tag des Baumes im April geplant.

In diesem Jahr will die Gemeinde ihre Strom- und Gasnetze neu vergeben. Die Vergabe der Konzessionen an die Stadtwerke Elmshorn war gescheitert, weil der bisherige Konzessionär E.on Hanse die Übergabe verweigerte. Aufgrund von möglichen rechtlichen Problemen bei der ersten Ausschreibung startete die Gemeinde das Vergabeverfahren neu. Ein Neustart ist 2015 auch für die sehr erfolgreiche Bürgerstiftung geplant. Bei der Gründung hatte die Gemeinde einen Formfehler begangen. Nun soll die Stiftung eine neue rechtliche Form erhalten.