Drostei in Pinneberg zeigt im Oktober Wanderausstellung „Die Hälfte des Himmels – 99 Frauen und Du“. Frauen berichten über ihre Erfahrungen mit Gewalt und erzählen, worauf sie in ihrem Leben stolz sind.
Pinneberg. Worauf sind Sie stolz? Sind Sie jemals mit Gewalt in Berührung gekommen? Was ist das Schöne daran, eine Frau zu sein? Diese und weitere Fragen stellte die Heidelbergerin Annette Schiffmann 99 Frauen. Ihre Antworten können Besucher in der Wanderausstellung „Die Hälfte des Himmels – 99 Frauen und Du“ erfahren, die vom 1. bis 12. Oktober in der Pinneberger Drostei, Dingstätte 23, zu sehen sein wird. Die standardisierten Interviews sind über Audioguides zu hören, die Gesichter zu den Stimmen auf Porträts zu sehen.
„Auf den ersten Blick ist nicht zu erkennen, wer von ihnen schon Gewalt erfahren hat“, sagt Christiane Greve, Gleichstellungsbeauftragte in Uetersen. „Die Frauen werden nicht auf die Opferrolle reduziert.“ Veranstalterinnen sind die Gleichstellungsbeauftragten, Frauenberatungsstellen und Frauenhäuser im Kreis Pinneberg, die sich auch im „Arbeitskreis gegen Gewalt gegen Frauen im Kreis Pinneberg“ engagieren. Finanziert wird sie von der Bürgerstiftung der VR Bank Pinneberg.
Die Frauen zwischen 16 und 92 Jahren kommen aus ganz unterschiedlichen Kulturen und Schichten. Sie beziehen aus ihren ganz individuellen Lebenswelten zu den Fragen Stellung. So erzählt Katja, Finnin in Deutschland und 34 Jahre alt, davon, wie wortkarg die Männer in ihrer Heimat sind. „Mein Vater hat nicht nur nichts geredet, er hat geschlagen. Getrunken und geschlagen. Die Fee sollte den Menschen ein drittes Auge geben, damit sie sich von außen sehen können. Dann würde man auch die Gefühle der anderen wahrnehmen können“, so die Bildhauerin.
Katja, 39, Sozialarbeiterin für behinderte Kinder hält Männer, die sich an Frauen und Kindern vergreifen, für schwach. Sie selbst ist frei von Zwängen aufgewachsen, ihre Eltern gehörten der 68er-Generation an. „Worauf ich stolz bin, ist eine sehr unübliche Frage. Ich unterhalte mich mit Freunden eher darüber, was schief läuft. Die Frage gefällt mir aber. Ich bin stolz darauf, dass ich es ohne Hilfe geschafft habe, ein so tolles Kind großzuziehen, und das war wirklich schwer“, so die Alleinerziehende. Einige Frauen haben nie Gewalt erfahren, andere wurden vergewaltigt oder geprügelt. Eine musste als Kind den Mord an ihrer Mutter mit ansehen.
Bundesweit hat jede vierte Frau schon einmal häusliche Gewalt erlebt. „Die Fragen bieten auch Gelegenheit, sie sich selbst zu stellen und die eigene Biografie abzuklopfen“, sagt Deborah Azzab-Robbinson, Gleichstellungsbeauftragte in Pinneberg. Die Ausstellung wird ergänzt durch Vorträge zum Thema „Seelische Gewalt im Alltag und wie frau sich dagegen wehren kann“ im Frauentreff Elmshorn am 1. Oktober, 19 Uhr, und am 9. Oktober, 19 Uhr, in der Frauenberatung Pinneberg. Landrat Oliver Stolz eröffnet als Schirmherr die Ausstellung am 30. September um 19 Uhr. Die Drostei wird dann täglich von 11 bis 17 Uhr und am 2., 8. und 9. Oktober zusätzlich bis 20 Uhr geöffnet sein. Der Eintritt ist frei.