Frauentreff Elmshorn hat Fonds eingerichtet, um bei Traumata lange Wartezeiten auf Therapieplätze zu überbrücken. Finanzierung steht auf wackeligen Beinen. 27 Frauen suchten in diesem Jahr Hilfe.
Elmshorn. Eine 38-Jährige meldet sich im Frauentreff Elmshorn zur Schwangerschaftsberatung an. Sie lebt in Scheidung, ist in der 17. Woche schwanger, hat existenzielle Not und sehr große Angst, als alleinerziehende Mutter zu versagen. Sie fühlt keine emotionale Verbindung zum Kind und bedauert, keinen Abbruch gemacht zu haben. Die Situation stürzt sie in eine psychische Krise. Später stellt sich im Gespräch heraus, sie wurde als Kind vom Vater sexuell missbraucht. Als sie sich der Mutter anvertraute, hat die ihr nicht geholfen, sondern als Konkurrentin wahrgenommen. Seitdem hat sie nie wieder über ihr Trauma gesprochen. Nun kommt alles wieder hoch.
Der Fall, den Lisa Schnelten vom Frauentreff Elmshorn schildert, ist fiktiv. Er soll veranschaulichen, mit welchen Problemen die Frauen zu ihr in die Beratungsstelle kommen. Real ist die Zahl der Frauen, die bereits in diesem Jahr Hilfe im Frauentreff gesucht haben, weil sie in der Kindheit Opfer sexueller Gewalt wurden: 27. „Diese Frauen brauchen schnelle therapeutische Hilfe“, sagt Schnelten. Doch oftmals müssten sie ein halbes bis ein Jahr auf einen Therapieplatz warten. Denn in Elmshorn und Umgebung herrscht ein Mangel an psychotherapeutischen und psychologischen Angeboten.
Um diese Wartezeit zu überbrücken, haben Schnelten und ihre Kollegin Karina Sahling 2009 einen Therapiefonds eingerichtet. Dieser wird vom Spendenparlament, Lions Club Audita, der Landesstiftung Opferschutz und Privatspenden finanziert. 2014 beteiligte sich erstmals auch die Stadt Elmshorn mit 1000 Euro.
Mit dem Geld kann die ausgebildete Krankenschwester und Heilpraktikerin für Psychotherapie Imke Voet beschäftigt werden. Sie führt mit mittellosen, traumatisierten Frauen, die sich an den Frauentreff wenden, eine psychotraumalogische Kurzzeittherapie durch. So können eine Retraumatisierung, eine posttraumatische Belastungsstörung und die Chronifizierung der Symptome verhindert werden – und damit auch Folgekosten für Betroffene und die Gesellschaft. Denn stationäre Unterbringungen können so vielfach verhindert oder verkürzt werden.
Zehn bis 15 Frauen nehmen jedes Jahr den Therapiefonds in Anspruch. Der Bedarf ist konstant hoch. „Leider hat sich an dem katastrophalen Mangel an psychotherapeutischer Hilfe noch nichts geändert“, sagt Schnelten. „Doch durch die gute gesundheitsfördernde Wirkung der Kurzzeittherapie und die positive Resonanz der Frauen fühlen wir uns ermutigt, an unserer Arbeit festzuhalten.“ Nun hoffen sie weiter auf die Unterstützung durch die Politiker und haben einen Folgeantrag bei der Stadt Elmshorn gestellt.