Am Ludwig-Meyn-Gymnasium in Uetersen haben Schüler und Lehrer gemeinsam ein Lexikon der Rosenstadt erstellt. Für dieses einzigartige Projekt sind die Beteiligten nun in Berlin ausgezeichnet worden.

Uetersen. Sönke Zankel sitzt gerne in seiner Wohnung auf dem „Ideen-Stuhl“. Auf diesem Stuhl hat der Lehrer des Utersener Ludwig-Meyn-Gymnasiums immer die besten Ideen. Zum Beispiel für Projekte, die er an der Schule mit Schülern machen kann. Und manchmal ist das Ergebnis so gut, dass es bundesweit für Aufsehen sorgt und noch dazu einen Preis gewinnt.

Eine Klasse schreibt ein Lexikon. Genauer gesagt ein Lexikon über die Rosenstadt Uetersen. Das war die Idee, die Zankel hatte, als er wieder einmal auf seinem im Lehrerkollegium bekannten Stuhl saß. Es war keine schlechte Idee, wie sich zeigen sollte. Denn am Montag ist er, gemeinsam mit seinen Kollegen Doris Schmidt und Lars Koesterke, die das Projekt mit ihm und der Klasse 10e des Gymnasiums umgesetzt haben, mit dem ersten Platz des Deutschen Lehrerpreises in der Kategorie „Innovativer Unterricht“ ausgezeichnet worden, der mit 5.000 Euro dotiert ist.

„Das macht uns schon alle mächtig stolz, dass wir einen Preis für unsere Arbeit bekommen“, sagt Zankel. Vier Monate lang, vom Sommer bis in den Herbst hinein haben er, Schmidt, Koesterke und die knapp 30 Gymnasiasten der zehnten Klasse an dem Projekt gearbeitet. Viel Zeit wurde neben dem Schulunterricht investiert, fast endlos wurde recherchiert, Quellen überprüft, Beiträge verfasst und redigiert, die Texte layoutet, Rechte abgeklärt und Druck und Vertrieb des Lexikons über eine eigens gegründete Schülerfirma organisiert. Ein professionelles Nachschlagewerk, dass nun im Buchhandel erhältlich ist, ist am Ende herausgekommen.

So viel Professionalität und Alltagsbezug, das war der Jury der Vodafone Stiftung Deutschland und des Deutschen Philologenverbandes den ersten Platz wert. Dabei war es gar nicht so einfach, das Projekt überhaupt Realität werden zu lassen. „Als Herr Zankel uns die Idee erklärte, gemeinsam ein Lexikon zu erstellen, da konnten wir zunächst gar nichts damit anfangen“, sagt Klassensprecherin Laura Silber. Ein Lexikon, so gibt auch Zankel zu, das sei „wenig sexy“ für Zehntklässler.

Schüler hatten anfangs Respekt vor dem Projekt

„Es hat uns ein wenig Angst gemacht, weil uns das Projekt als zu groß erschien. Als wir aber angefangen hatten, hatte es uns Spaß gemacht“, sagt Silber. Außerdem sei ein solches Projekt in Deutschland noch nicht an einer Schule gemacht worden, von daher sei es für alle etwas besonderes gewesen. Klassensprecher Niklas Ziehm sieht das ähnlich. „Wir haben schrittweise den Spaß an dem Projekt gefunden und am Ende waren wir alle auch ziemlich stolz, dass wir dieses Projekt geschafft haben, dass das Buch jetzt gedruckt wurde“, sagt der Gymnasiast. Mit ihrem Lehrer-Trio waren die Schüler am Ende so zufrieden, dass sie das Lexikon-Projekt für den Lehrerpreis vorschlugen - mit Erfolg, wie sich nun gezeigt hat.

Hätten die Schüler aussteigen können? „Die hatten gar keine Wahl, es war Teil des Unterrichts, den sie machen mussten“, sagt Doris Schmidt und lacht. Sicher, das habe vielleicht den einen oder anderen Schüler zunächst gewurmt, doch die Schüler hätten schnell erkannt, welche Lernchancen sie bei dem Lexikon-Projekt bieten. „Zu sehen, wie ein Buch von Null auf entsteht, wie Projekte organisiert werden müssen, damit sie am Ende von Erfolg gekrönt sind, das ist für alle dann doch spannend gewesen“, sagt Schmidt.

Um das Lexikon in der Frist von vier Monaten fertigstellen zu können, hatte sich die Klasse in der Jugendbildungsstätte Barmstedt eingeigelt und dort stundenlang Texte in die Laptops getippt. Teils bis tief in die Nacht hinein. „Am Ende mussten wir fast die Stromstecker ziehen, weil die Schüler gar nicht mehr aufhören wollten“, sagt Schmidt.

Dass das Projekt geklappt hat, ist nicht nur dem enormen Engagement der Schüler zu verdanken, die 60 Artikel verfasst haben, von denen 45 letztlich im Buch Platz gefunden haben, sondern auch dem strikten Projektmanagement, um das sich die Lehrer gekümmert haben. „Wir hatten sehr früh geschaut, was wir machen können und welcher Zeitrahmen für Recherchen und Schreiben, für Redigieren und so weiter angesetzt werden darf. Der Zeitplan war sehr ambitioniert, aber ohne diesen Plan hätten wir es sicherlich nicht geschafft“, sagt Schmidt.

Dem Projekt hätte ein wenig mehr Zeit gut getan

Eigentlich, so meint Zankel, hätte dem Projekt mehr Zeit gut getan, denn Probleme habe es an allen Ecken und Enden gegeben. „Zwei Monate mehr wären schön gewesen, dann hätten wir noch die eine oder andere sinnvolle Änderung oder Recherche angehen können“, sagt der Pädagoge. „Dennoch ist das Projekt, wie ich finde, gelungen. Die Schüler haben viel bei der Arbeit gelernt, wie man etwa berufliche Korrespondenzen schreibt, wie wichtig der direkte Kontakt zu Menschen ist. Viele sind dabei aus ihrer virtuellen Welt in die reale Welt zurückgekehrt“, sagt Zankel. Und viele versteckte Talente seien bei der Arbeit an dem Lexikon zu Tage getreten. „Das ist mit das tollste daran, zu sehen, was in den Schülern an Potenzial schlummert und dann zu erleben, wie sie es selbst mitbekommen“, sagt Zankel. Sein Kollege Koesterke hat bei vielen Schülern eine deutliche Veränderung gespürt. „Sehr viele von denen sind aufgeblüht, viel selbstbewusster geworden“, sagt er. Das werde sich für sie im weiteren schulischen und später im beruflichen Alltag bestimmt auszahlen.

Für die Schule zahlt sich das Projekt schon jetzt aus. Denn das Preisgeld will das Lehrer-Trio, dass von sich sagt, dass es den Preis stellvertretend für die gesamte Schule entgegen nehme, in neue innovative Schulprojekte stecken. Welche das genau sind, das weiß Zankel auch noch nicht genau. Eine zweite Folge des Uetersen-Lexikons sei in einigen Jahren vielleicht denkbar. „Jetzt nochmal so etwas zu machen, das wäre dann doch zu anstrengend“, sagt er. Da setze er sich lieber noch einmal auf seinen Ideen-Stuhl und warte auf eine weitere Eingebung.