Insolvenzverwalter Fialski hat Kaufinteressenten für Uetersener Skandalbetrieb. Befristete Fortführungsgarantie gegeben.
Uetersen. Die Harles und Jentzsch GmbH wird nicht liquidiert. Das Unternehmen mit Sitz in Uetersen, das als Auslöser des bundesweiten Dioxin-Skandals in Tierfuttermitteln gilt und Mitte Januar Insolvenz anmelden musste, wird auch nach der offiziellen Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Mai weiterbetrieben. "Ich bin ganz optimistisch, für das Unternehmen einen Käufer zu finden", sagt der Hamburger Rechtsanwalt Heiko Fialski, der vom Amtsgericht Pinneberg als Insolvenzverwalter eingesetzt worden war.
Bis zur Eröffnung des Verfahrens war die Agentur für Arbeit für die Gehaltszahlung der 20 Mitarbeiter eingesprungen. Jetzt muss die Firma wieder selbst dafür aufkommen. Laut Fialski gelingt das auch. "Der Umsatz ist zwar geschrumpft, weil keine Fette mehr für die Tierfutterproduktion hergestellt werden dürfen." Das zweite Standbein, die Herstellung von technischen Fetten für die Seifenproduktion, reiche jedoch aus, den Betrieb kostendeckend zu führen. Daher hat sich Fialski entschlossen, Harles und Jentzsch und den Mitarbeitern eine befristete Fortführungsgarantie zu geben.
Der Insolvenzverwalter hat nach eigenen Angaben zwischen Januar und Ende April Gespräche mit zwei großen, international tätigen Konzernen geführt, die an einer Übernahme von Harles und Jentzsch interessiert waren. Das Ziel, den Uetersener Betrieb bis Ende April an einen der Investoren zu verkaufen, schlug jedoch fehl. "Beide Interessenten sind abgesprungen", erläutert Fialski. Dennoch hält der Insolvenzverwalter, der die Interessen der Gläubiger vertritt, an einer Fortführung des Betriebes fest. Sein Kalkül: Da Harles und Jentzsch kostendeckend arbeitet, entsteht den Gläubigern kein weiterer Schaden. Hingegen können sie, wenn es zu einem späteren Verkauf der Firma kommt, finanziell profitieren.
Harles und Jentzsch hatte am 12. Januar vorsorglich Insolvenz angemeldet. Zuvor war bekannt geworden, dass Futterfette des Uetersener Unternehmens sowie seines Tochterbetriebes in Niedersachsen, die als Bestandteil für Tiernahrung verwendet worden waren, zum Teil erheblich mit Dioxin verunreinigt waren. Daraufhin mussten landwirtschaftliche Betriebe in mehreren Bundesländern gesperrt werden, es folgten aufwendige Untersuchungen. Hunderte von Rückstellproben des Unternehmens wurden auf ihren Dioxingehalt hin begutachtet, bereits ausgelieferte Futtermittel gesperrt und vernichtet. In Einzelfällen konnte der Tierbestand von Betrieben nach der Schlachtung nicht mehr als Nahrungsmittel in Verkehr gebracht werden.
Für alle diese Kosten sowie die notwendigen Entschädigungszahlungen muss Harles und Jentzsch aufkommen. "Die befürchtete Größenordnung von 100 Millionen Euro werden wir wohl nicht erreichen", zieht Fialski eine erste Bilanz. Dennoch würden etliche Millionen Euro zusammen kommen.
So berichtet der Insolvenzverwalter von einer Schadensmeldung, wo eine Entschädigung von 1,7 Millionen Euro geltend gemacht wird. Andere Forderungen betreffen kleinere Summen. "Es sind Sachen dabei, wo 4000 Euro geltend gemacht werden", zählt Fialski auf. Laut einer Zwischenbilanz liegt die Zahl der Antragsteller aktuell bei deutlich unter 100. Allerdings befinden sich darunter auch Verbände, die im Namen ihrer Mitglieder Ansprüche geltend machen. Viele sind nach wie vor in der Höhe nicht beziffert worden. "Wir werden jetzt nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens alle uns bekannten Gläubiger anschreiben und um Konkretisierung bitten", berichtet Fialski.
Forderungen an Harles und Jentzsch müssen bis zum 8. Juni beim Insolvenzverwalter eingereicht werden. Am Dienstag, 28. Juni, ist dann im Amtsgericht eine Gläubigerversammlung anberaumt, die entscheidend für die Zukunft des Betriebes sein könnte. Am Mittwoch, 20. Juli, findet zudem im Gerichtsgebäude ein Termin statt, auf dem die angemeldeten Forderungen überprüft werden sollen.