Bad Segeberg. Der Segeberger Ruderclub richtet erstmals einen Renntag der Achter-Bundesliga aus. Wie sich der Verein dabei aus der Affäre zog.

Konstantin Steib stand am Großen Segeberger See und schaute aufmerksam zu, wie seine Sportkameradinnen und -kameraden nach den Halbfinals der Achter-Bundesliga ihre
18 Meter langen, 96,5 Kilogramm schweren und ihre Boote im Wert von bis zu 45.000 Euro am An- und Ableger aus dem Wasser hievten und behutsam zur benachbarten Backofenwiese trugen. Dort wurden die fragilen Sportgeräte zwischen den einzelnen Läufen gelagert.

Der Frauenachter der RG Hansa Hamburg im Pavillon auf der Backofenwiese. In der Endabrechnung kamen die Alstersprinter auf Platz  vier.
Der Frauenachter der RG Hansa Hamburg im Pavillon auf der Backofenwiese. In der Endabrechnung kamen die Alstersprinter auf Platz vier. © Unbekannt | Frank Best

Dann ließ Steib, der beim Saisonauftakt mit der Frankfurter RG Germania den neunten Platz im Endklassement belegte, seinen Blick zur gegenüberliegenden Seepromenade schweifen. Dort befanden sich der Wettkampf-Pavillon des Deutschen Ruderverbandes (DRV) sowie die Zeitmessung und die Ziellinie.

Ruder-Bundesliga: Stechwütige Mücken treiben ihr Unwesen

„Hier in Bad Segeberg ist es ja ganz nett, aber die vielen Mücken sind eine echte Plage“, sagte der zerstochene Hesse. Und fügte schmunzelnd hinzu: „Wenn ich zu Hause bin, werde ich mich wohl erst einmal einer Bluttransfusion unterziehen müssen.“

Ansonsten gab es an der vom 1926 gegründeten Segeberger RC erstmals organisierten Regatta der Achter-Bundesliga mit 15 Männer- und sechs Frauenteams nicht viel zu mäkeln. SRC-Sportwart Christoph Bubert und Robin Horns arrangierten sich mit dem Pächter des Großen Segeberger Sees, dem Segeberg Sportfischer Verein.

Segeberger RC übernimmt Organisation an Land

Sie richteten für die Teilnehmer in der Gastronomie der Badeanstalt eine Pasta- und eine After-Row-Party aus, sorgten für die Übernachtungsmöglichkeit in der Turnhalle der Dahlmannschule, stellten Dixie-Toiletten auf, verpflichteten für zwei Nächte einen Sicherheitsdienst, rekrutierten Rettungsschwimmer der DLRG, liehen sich vom Segeberger Segelclubs dessen Startbrücke aus und fixierten diese im See, justierten die Messgeräte. Bubert: „Wir und 20 Helfer haben uns um die gesamte Organisation an Land gekümmert.“

Um den sportlichen Teil des ersten Renntages der Achter-Bundesliga kümmerte sich das routinierte Team des Deutschen Ruderverbandes unter Regie von Regattaleiterin Simone Haubner aus Leipzig (r.). Sie wurde tatkräftig von Marie-Charlot Lonnemann, der Referentin Marketing des DRV, unterstützt.
Um den sportlichen Teil des ersten Renntages der Achter-Bundesliga kümmerte sich das routinierte Team des Deutschen Ruderverbandes unter Regie von Regattaleiterin Simone Haubner aus Leipzig (r.). Sie wurde tatkräftig von Marie-Charlot Lonnemann, der Referentin Marketing des DRV, unterstützt. © Unbekannt | Frank Best

Für den sportlichen Teil des Auftakt- Renntages zeichnete derweil die routinierte Crew des DRV unter der Regie von Regattaleiterin Simone Haubner aus Leipzig verantwortlich.

Wie ein Ruder-Achter funktioniert

Wie aber funktioniert ein Achter? Ganz hinten im Heck befindet sich der Arbeitsplatz des Steuermanns oder der Steuerfrau, der einzigen Person im Boot, die in Fahrtrichtung schaut, die Richtung bestimmt, den Rennverlauf beobachtet, taktische Kommandos wie Zwischenspurts oder aber eine Erhöhung beziehungsweise Senkung der Schlagfrequenz an die Sportler weitergibt.

Auch das gehört zur Achter-Bundesliga: Die Aktiven lassen ihre 18 Meter langen und 96,5 Kilogramm schweren Boote zu Wasser – und hieven sie auch selbst wieder heraus.
Auch das gehört zur Achter-Bundesliga: Die Aktiven lassen ihre 18 Meter langen und 96,5 Kilogramm schweren Boote zu Wasser – und hieven sie auch selbst wieder heraus. © Unbekannt | Frank Best

Das Mindest-Körpergewicht des „Leaders“ beträgt 55 Kilogramm. Sollte diese Marke nicht erreicht werden, kommt Ballast zum Einsatz, alle Konkurrenten sollen dieselben Bedingungen haben. Dem Steuermann gegenüber befindet sich der Schlagmann, hinter diesem sitzt der Co-Schlagmann; an ihnen orientieren sich die anderen Teammitglieder. Die Positionen sechs bis drei sind der „Maschinenraum“, dort wird für möglichst viel Vortrieb gesorgt. Die beiden Aktiven im Bug sind für das Feintuning verantwortlich und nicht allzu schwer; das Boot soll schließlich nicht zu tief im Wasser liegen.

Ruder-Bundesliga: Das Achter-Format gibt’s seit 2009

Das Bundesliga-Format gibt es schon seit 2009. Getreu dem Motto: Nur Achter, nur Sprint, nur Vollgas. Unter anderem deshalb, weil der Rudersport gefühlt lediglich alle vier Jahre in den Fokus der Öffentlichkeit rückt. Nämlich immer dann, wenn bei Olympischen Spielen der Einer und der Achter des DRV fernsehwirksam auf Medaillenjagd gehen.

„Wir wollten etwas mit Eventcharakter auf die Beine stellen, um mehr Interesse fürs Rudern zu wecken“, erinnert sich Rolf Warnke (Münster), der in Bad Segeberg als Wettkampfrichterobmann fungierte. Die Streckenlänge beträgt 350 statt der sonst üblichen 2000 Meter, nach den Ergebnissen der Zeitläufe wird ein Turnierbaum erstellt.

Attraktive K.o.-Duelle im Anschluss an die Zeitläufe

Immer zwei Achter bestreiten dann vom Achtelfinale an K-o.-Duelle, bis alle Platzierungen feststehen. In Bad Segeberg triumphierte bei den Herren der seit 2019 dominierende Münster-Achter vor der Crew aus Minden, bei den Frauen setzte sich der HavelQueen-Achter aus Berlin durch.

Die drei Erstplatzierten erhalten Pokale. „Und für Rang vier gibt’s in der Bundesliga eine angemalte goldene Ananas“, so Marie-Charlot Lonnemann, die Referentin Marketing des DRV, augenzwinkernd. „Die kann man dann immerhin essen.“

Ruder-Bundesliga: Das Startgeld für fünf Renntage beträgt 3000 Euro

Das Startgeld pro Boot beträgt für die gesamte Saison mit fünf Starts 3000 Euro; in diesem Sommer folgen noch die Veranstaltungen in Kassel (1. Juli), Mülheim an der Ruhr (19. August), Münster (2. September) und am 16. September auf der Hamburger Binnenalster.

Ob sich der Segeberger RC auch für 2024 um die Ausrichtung eines Achter-Bundesliga-Renntags bewerben wird, lässt Mathematik-Student Christoph Bubert trotz der bravourös bestandenen Feuertaufe offen. „Das ist noch längst nicht sicher. Wir werden uns an diesem Donnerstag erst einmal zu einer Feedback-Runde treffen.“

Die Ergebnisse des ersten Renntages der Achter-Bundesliga 2023 in Bad Segeberg, Männer: 1. Münster-Achter (RV Münster/Titelverteidiger), 2. Melitta-Achter Minden „Team Black“ (Bessel-Ruder-Club Minden), 3. Riemax-Achter Osnabrück (Osnabrücker RV), 4. TÜV-Nord-Maschseeachter Hannover (Hannoverscher RC), 5. Buderus Sprintteam Mülheim (Wassersportverein Mülheim-Ruhr), 6. Hamburg Active City Express (RC Favorite Hammonia Hamburg), 7. Crefelder RC, 8. Hauptstadtsprinter DWB-Holding Berlin(Ruder-Union Arkona), 9. Germania-Achter (Frankfurter RG Germania), 10. Sparkasse-Hameln-Weserbergland-Achter (RV „Weser“), 11. Leipzig-Achter (Akademischer Ruderverein zu Leipzig), 12. Mainzer Achter (Mainzer RV), 13. Lokomotive Bremen (Bremer RV), 14. Witten/Bochum-Achter (RC Witten), 15. Sparkasse-Gießen-Achter (Gießener RG); Frauen:1. HavelQueen-Achter Berlin (Ruder-Union Arkona), 2. Meenzer Express (Mainzer RV), 3. Allstar-Achter, 4. Alstersprinter (RG Hansa Hamburg und der Hamburger und Germania Ruderclub), 5. Engel & Völkers Maschseenixen (Hannoverscher RC), 6. Melitta-Achter Minden „Team Red“ (Bessel-Ruder-Club Minden).