Henstedt-Ulzburg. Malin Hegeler und ihr Regionalliga-Team sagen dem HSV den Kampf an. Was die Kapitänin mit Weltfußballerin Alexis Putellas verbindet.

Am vergangenen Mittwoch hat die 13. Frauenfußball-Europameisterschaft mit dem Eröffnungsspiel im Londoner Wembleystadion zwischen Gastgeber England und Österreich begonnen. Ins Turnier eingestiegen sind inzwischen auch Deutschland, das im Auftaktmatch Dänemark sensationell mit 4:0 abfertigte. Und Spanien, das seit 24 Partien ungeschlagen ist.

Der Mitfavorit auf den Turniersieg gewann 4:1 gegen Finnland, musste dabei allerdings auf seinen Superstar verzichten: Alexia Putellas, Weltfußballerin des Jahres 2021, fällt monatelang aus, kann bei der EM nur zuschauen.

Frauenfußball: Parallelen zwischen Spanien und SVHU

Die 28 Jahre alte Mittelfeldakteurin des FC Barcelona hatte sich drei Tage vor dem Match gegen die Skandinavierinnen im Training einen Kreuzbandriss im linken Knie zugezogen. Ein Schock für die Spielerin, ein Schock für das gesamte Team.

Malin Hegeler, Kapitänin der Regionalliga-Truppe des SV Henstedt-Ulzburg, ließ die Hiobsbotschaft von der britischen Insel ebenfalls nicht kalt. Sie kickt – wie Putellas – im Mittelfeld, ist wie die Spanierin, deren „unglaublich gute Technik“ sie bewundert das Herzstück ihrer Mannschaft. Und weiß aus eigener Erfahrung, was ein Kreuzbandriss für eine Fußballerin bedeutet.

Malin Hegeler hatte schon drei Kreuzbandrisse

Denn: Hegeler hat sich die schlimme Verletzung nicht nur ein-, sondern schon dreimal zugezogen. Zuletzt im Juni 2020 im rechten Knie. Eine weitere Parallele zu Alexia Putellas: Das Missgeschick passierte ihr nicht im Wettkampf, sondern in einer Trainingseinheit.

„Damals“, erinnert sich die 27-Jährige, die seit Oktober 2020 als Category Managerin in der Jungheinrich Profishop AG &Co. KG arbeitet., „haben wir uns auf die Aufstiegsspiele zur 2. Bundesliga vorbereitet. Ich wollte in einen Zweikampf gehen, habe einen unspektakulären Schritt zur Seite gemacht, das Knie ist dabei ausgebrochen – und mir war sofort klar, dass da nichts Gutes passiert ist.“

Drei Tage später folgte die niederschmetternde Diagnose, die bösen Vorahnungen bestätigten sich – Kreuzbandriss! Die meisten Fußballerinnen dieser Welt hätten daraufhin die Schuhe an den Nagel gehängt – aber nicht Malin Hegeler.

Karriereende? Nein danke!

So wollte sie nicht aufhören. Und fasste den Entschluss, sich ein drittes Mal zurückzukämpfen. Mit dem ihr eigenen Ehrgeiz. Und einer bewundernswerten Disziplin. Schließlich galt es, nach der Operation ein fünfmonatiges Reha-Programm abzuarbeiten.

Mit allem, was dazugehört: Stabilisierungsübungen für das lädierte Gelenk, Gerätetraining, Belastung bis an die Schmerzgrenze – und manchmal auch darüber hinaus. „Alles lief reibungslos, ich bin hervorragend betreut worden“, so Malin Hegeler, „und ich hatte das Glück, dass ich nur 50 Meter entfernt vom Saseler Therapie Centrum Fuhrberg wohne. So konnte ich die Reha gut mit meinem Job koordinieren.“

Der einzige Rückschlag: Beim Return-to-activity-Funktionstest, mit dem nach Verletzungen wie einem Kreuzbandriss der richtige Zeitpunkt für den Wiederaufstieg in Sport oder Beruf bestimmt wird, wurde ein deutliches Defizit in der oberen Oberschenkelmuskulatur des rechten Beines festgestellt – ein absolutes No-Go. „Das hat mich emotional kurz aus den Latschen gehauen, aber dann habe ich sechs Wochen lang noch einmal nachgelegt, ein intensives Krafttraining absolviert – und das war auch total richtig so“, sagt Hegeler.

Märchenhaftes Comeback der Kapitänin

Es folgten die behutsame Wiedereingliederung in den Trainingsbetrieb beim SV Henstedt-Ulzburg – und am 3. April ein märchenhaftes Comeback. In der zweiten Halbzeit der Zweitliga-Auswärtspartie gegen Borussia Bocholt wurde Malin Hegeler für Lisa-Kristin Behneke eingewechselt. Und erzielte in der 91. Minute den 1:0-Siegtreffer des SVHU. „Ein unglaubliches Gefühl, ich konnte das zunächst gar nicht richtig realisieren.“

Zum Verbleib in der zweithöchsten deutschen Klasse reichte es für Hegeler und ihr Team trotz einer starken zweiten Saisonhälfte am Ende nicht. Doch die Enttäuschung über den Abstieg hat sich längst gelegt. Stattdessen schauen alle Beteiligten optimistisch und tatendurstig nach vorn.

Großer Umbruch beim SV Henstedt-Ulzburg

Elf Spielerinnen haben den Verein verlassen, elf neue sind gekommen. „Einen so großen Umbruch habe ich noch nicht erlebt, aber wir wollen in der Regionalliga Nord ganz oben mitmischen“, sagt Malin Hegeler, die in der G-Jugend des TSV Bornhöved erstmals dem Fußball hinterherjagte und über die Stationen TuS Tensfeld, TSV Wankendorf, SG Trave 06 (dort kickte sie nur mit Jungs), den Hamburger SV, die Valdosta State University in Georgia/USA und den FFC Oldesloe zum SVHU kam.

Coach Christian Jürss, für den Nachbarclub HSV der Favorit auf die Staffelmeisterschaft ist, sieht das genauso – und setzt große Hoffnungen auf seine Kapitänin. „Malin ist mein verlängerter Arm auf dem Platz; sie kann mitreißen und motivieren, gibt nie auf, ist kampfstark, ein hervorragender Teamplayer – und spielt als Bindeglied zwischen Trainercrew und Mannschaft eine wichtige Rolle bei der Integration unserer jungen Neuzugänge. Ich bin sehr froh, dass wir sie haben.“