Henstedt-Ulzburg. Tarifkonflikt mit der Klinikleitung in Henstedt-Ulzburg eskaliert. Marburger Bund spricht von „purer Provokation der Arbeitgeber“
Für die Patientinnen und Patienten der Paracelsus-Klinik in Henstedt-Ulzburg kann es in den kommenden Tagen und Wochen zu Engpässen in der Versorgung kommen. Offenbar verschärft sich derzeit der Tarifkonflikt zwischen der Ärzteschaft und der Klinikleitung. Nach einer Urabstimmung der Mitglieder hat der Marburger Bund Schleswig-Holstein (MB SH) für die Ärztinnen und Ärzte der Paracelsus-Klinik ab Dienstag einen unbefristeten Streik ausgerufen.
Durch den Streik kann es zu Einschränkungen in der Paracelsus-Klinik kommen. Um die Notfallbehandlung der Patientinnen und Patienten zu gewährleisten, hat der Marburger Bund Schleswig-Holstein der Klinik den Abschluss einer Notdienstvereinbarung angeboten. Diese wurde von der Klinik abgelehnt, teilte der Marburger Bund mit. Es könne dadurch dazu kommen, dass aufschiebbare Operationen nun abgesagt werden müssen.
Paracelsus-Klinik Henstedt-Ulzburg: Unbefristeter Streik
An die Patientinnen und Patienten in der Region gerichtet betont der Marburger Bund: „Die Notfallversorgung wird gesichert sein. Die Klinikleitung ist verpflichtet, eine Notbesetzung zu gewährleisten. Diese orientiert sich an der Wochenendbesetzung.“
Die Forderung der vom Marburger Bund vertretenen Ärztinnen und Ärzte: Die Gehälter sollen auf Hamburger Tarifniveau angeglichen werden und um 15 Prozent steigen, dazu setzt sich die Gewerkschaft für einen Inflationsausgleich ein. Die streikende Ärztinnen und Ärzte trafen sich am Dienstag auf dem Parkplatz Wilstedter Straße vor dem Tennisclub Alsterquelle zu einer Demonstration.
„Arbeitgeber hat Tür zugeschlagen“
„Wir waren bereit, an unsere Grenze zu gehen, damit ein ausbalancierter Abschluss zustande kommt. Denn: Ein echter Kompromiss tut am Ende immer beiden Seiten weh“, sagt Michael Wessendorf, Vorsitzender des Marburger Bundes Schleswig-Holstein. „Aber der Arbeitgeber hat kurz vor dem Ziel die Tür zugeschlagen, indem er gesagt hat, dass sein Angebot nicht verhandelbar sei.“
Wessendorf weiter: „Mit diesem Verhalten verschärft die Arbeitgeberseite den Tarifkonflikt und lässt die Ärztinnen und Ärzte im Regen stehen. Wir haben die Verhandlungstermine wahrgenommen, dann wollen wir auch ernsthaft verhandeln.“ Nach der mangelnden Wertschätzung in den Tarifverhandlungen werte die Tarifkommission die Situation als „pure Provokation der Arbeitgeberseite, die nur mit Streik beantwortet werden kann“.
Hamburger Ärzteschaft verdient mehr Geld
Der Marburger Bund hat den Tarifvertrag mit der Paracelsus-Klinik, der seit mehreren Jahren bestand, Ende Dezember 2023 gekündigt. Im März gab es einen Warnstreik der Ärzteschaft, die Mediziner und Medizinerinnen zogen vor das Rathaus der Gemeinde, um ihrem Unmut über die ungleiche Bezahlung in Henstedt-Ulzburg und Hamburg Luft zu machen.
Der schwierigste Punkt nach der vierten Verhandlungsrunde ist die Laufzeit, also in welchem zeitlichen Rahmen Gehaltserhöhungen erfolgen sollen. „Die Ärztinnen und Ärzte erwarten ein deutliches Signal des Arbeitgebers. Sie haben die berechtigte Erwartung, für die anspruchsvolle und herausfordernde Arbeit in der Patientenversorgung mehr Anerkennung und zumindest eine vergleichbare Bezahlung mit Ärztinnen und Ärzten anderer Kliniken zu erhalten“, sagt Wessendorf.
Die Klinik in Henstedt-Ulzburg stehe im Wettbewerb mit den Hamburger Krankenhäusern. „Dort ist eine Bezahlung der Ärztinnen und Ärzte auf Basis des Tarifvertrags für kommunale Krankenhäuser Standard. In Henstedt-Ulzburg erhalten die Ärztinnen und Ärzte bald bis zu 10 Prozent weniger Gehalt pro Monat bei vergleichbarer Arbeit. Wir brauchen faire Rahmenbedingungen, um dem Fachkräftemangel in Schleswig-Holstein entgegenzuwirken“, so Wessendorf.
Klinikleitung: „Wir haben auf Forderungen reagiert!“
„Es gab Gespräche und Vertragsverhandlungen zwischen der Gewerkschaft und dem Arbeitgeber“, sagt Maren Maak, Sprecherin der Paracelsus-Klinik, mit rund 95 Ärzten und Ärztinnen eines der größten Krankenhäuser im Portfolio der Porterhouse-Group – das Schweizer Familienunternehmen hat die Henstedt-Ulzburger Klinik 2018 übernommen, nachdem die Paracelsus-Gruppe zahlungsunfähig geworden war und ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung abgeschlossen hatte. Der neue Eigentümer hat acht Akutkliniken, sieben ambulante Einrichtungen und neun Rehabilitationskliniken aus dem Paracelsus-Verbund in sein Unternehmen aufgenommen.
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„Unsere ärztlichen Mitarbeiter leisten jeden Tag großartige medizinische Arbeit. Das soll auch entsprechend honoriert werden, und daher haben wir entsprechend der Forderung der Ärztinnen und Ärzte reagiert“, sagt Sebastian Margaschewski, Geschäftsführer der Paracelsus Klinik Henstedt-Ulzburg: „Uns ist wichtig, dass wir zusätzlich zu den Tariferhöhungen mit einer Prämie reagieren, die ohne Abzüge direkt im Portemonnaie ankommt.“
Arbeitgeber will Gehälter bis Ende 2025 schrittweise erhöhen
Nach dem vorliegenden Angebot des Arbeitgebers sollen alle ärztlichen Beschäftigten als Vollzeitkräfte eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3000 Euro in diesem Jahr erhalten, Teilzeitbeschäftigte eine Prämie entsprechend ihrer vertraglichen Arbeitszeit. Außerdem sehe der Vorschlag der Arbeitgeberseite vor, dass die Gehälter schrittweise erhöht werden.
Die Klinikleitung habe angeboten, die Gehälter rückwirkend ab März 2024 um 3 Prozent und ab Dezember 2024 um weitere 4 Prozent anzuheben. Zusätzlich solle es zum März 2025 eine weitere Erhöhung um 3 Prozent geben und zum Dezember 2025 einen nochmaligen Aufschlag von 5 Prozent. „Rechnet man beide Jahre zusammen, dann kommt man auf die geforderten 15 Prozent vom Marburger Bund“, sagt Kliniksprecherin Maak.
Paracelsus-Klinik: Ärzteschaft streikt für mehr Gehalt
Insofern erfülle die Klinikleitung die Forderungen des Marburger Bundes. Diese tarifliche Regelung solle bis zum 31. Dezember 2025 gelten, also 24 Monate. Danach bestehe die Möglichkeit, weiterzuverhandeln, um weitere finanzielle Verbesserungen zu erreichen.
Doch genau diese häppchenweise Tarifsteigerung ist den Ärzten und Ärztinnen ein Dorn im Auge: „Wir waren bereit, an unsere Grenze zu gehen, damit ein ausbalancierter Abschluss zustande kommt. Denn: Ein echter Kompromiss tut am Ende immer beiden Seiten weh“, sagt Michael Wessendorf, Vorsitzender des Marburger Bundes Schleswig-Holstein.
Aber der Arbeitgeber habe kurz vor dem Ziel die Tür zugeschlagen, indem er gesagt hat, dass sein Angebot nicht verhandelbar sei. „Die Ärztinnen und Ärzte erwarten ein deutliches Signal des Arbeitgebers. Sie haben die berechtigte Erwartung, für die anspruchsvolle und herausfordernde Arbeit in der Patientenversorgung mehr Anerkennung und zumindest eine vergleichbare Bezahlung mit Ärztinnen und Ärzten anderer Kliniken zu erhalten.“ Um den Druck auf den Arbeitgeber zu erhöhen, ist die Ärzteschaft nun in einen unbefristeten Streik getreten.