Henstedt-Ulzburg. Auch die Gynäkologie ist mit sofortiger Wirkung zu. Hebammen und weitere Mitarbeiter sind ab dem 1. Dezember freigestellt.

Es ist das endgültige Ende einer Ära. Von nun an werden keine Kinder mehr in der Paracelsus-Klinik in Henstedt-Ulzburg mehr geboren. Die Geburtsstation und auch die Gynäkologie in dem Krankenhaus sind mit sofortiger Wirkung geschlossen, bestätigte Kliniksprecherin Maren Maak auf Abendblatt-Anfrage.

Für das betroffene Klinik-Personal gab es am heutigen Mittwoch eine Betriebsversammlung. Dazu Hebamme Regina Schmidt-Scheben: „Uns wurde mitgeteilt, dass wir ab 1. Dezember freigestellt sind und dass die Kündigungen im Dezember kommen.“ Schmidt-Scheben hatte fast 40 Jahre lang in dem Krankenhaus gearbeitet. Neben ihr sind etwa 70 weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von den Schließungen betroffen.

Henstedt-Ulzburg: Geburtsstation der Paracelsus-Klinik ist endgültig geschlossen

Ende August hatte die Klinikleitung mitgeteilt, die beiden Abteilungen schließen zu wollen – aus wirtschaftlichen Gründen. Die öffentliche Anteilnahme war sehr groß. Es gab Proteste und Online-Petitionen für den Erhalt. Doch es half nichts.

Das Argument der Klinik: Die über Jahrzehnte bei werdenden Eltern beliebte Geburtsabteilung sei nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben, sagte Klinikmanager Sebastian Margaschewski. Der Fortbestand würde letztlich die Existenz der gesamten Klinik gefährden. Zwar verzeichne man steigende Geburtenzahlen, aber das Krankenhaus könne die personellen und strukturellen Ressourcen für eine moderne Geburtshilfe nicht mehr gewährleisten.

Kliniksprecherin Maren Maak sagte am Mittwoch: „Wir beklagen ebenso wie viele Menschen im Land Schleswig-Holstein die zunehmend herausfordernden Rahmenbedingungen, unter denen Geburtsstationen geführt werden müssen, die nicht nur an unserem Haus zu Schließungen von Geburtsstationen geführt haben und vermutlich weiter führen werden. Hier sehen wir die Politik in der Verantwortung.“

Betriebsratsvorsitzende: Hauptverantwortung liegt bei der Politik

Lore Scheier, langjährige Hebamme in dem Krankenhaus und Betriebsrats-Vorsitzende, pflichtet dem durchaus bei. Die Politik trägt aus ihrer Sicht eine Hauptverantwortung. Scheier: „Bei den Fallpauschalen, die ein Krankenhaus für eine Geburt bekommt, kann man nicht kostendeckend arbeiten. Die Geburtshilfe ist einfach unterfinanziert in Deutschland.“ Aus Ihrer Sicht läuft eine „Zentralisierung durch die Hintertür“ ab, die vom Gesundheitsministerium und auch von den Krankenkassen gewollt sei.

Zuletzt waren noch einige wenige Kinder in der Paracelsus-Klinik geboren worden. Frauen mit errechnetem Stichtag bis 15. November durften noch entbinden. Zudem gab es einige Notfälle. „Es gab hier in den letzten Tagen Entbindungen von Frauen, die von großen Häusern in Hamburg abgewiesen wurden“, sagt Regina Schmidt-Scheben. Fälle wie diese werde es aus ihrer Sicht in Zukunft mehr geben, wegen der Situation im Gesundheitswesen.

Wo werdende Mütter künftig entbinden können

Sicher ist, dass sich werdende Mütter, die die Geburt in einem Krankenhaus planen, künftig an andere Standorte wie das Albertinen-Krankenhaus in Schnelsen, das Asklepios-Klinikum Nord in Langenhorn und das Friedrich-Ebert-Krankenhaus Neumünster wenden. Lore Scheier sagt allerdings: „In solchen großen Häusern ist einfach ein anderer Durchlauf. Eine persönliche Betreuung, wie wir sie gemacht haben, ist dort leider nicht möglich.“

Und wie geht es für die Hebammen weiter? „Die Kündigungen greifen zum 31.3. oder zum 31.6., je nach Betriebszugehörigkeit. Das gibt uns etwas Luft“, sagt Lore Scheier. Regina Schmidt-Scheben betont allerdings, dass sie und viele ihrer Kolleginnen nicht in einem großen Krankenhaus arbeiten möchten. „Eine Kollegin verkauft jetzt stattdessen Äpfel auf dem Markt“, sagt sie. Scheben selbst habe „noch keine neue berufliche Perspektive“.

Paracelsus-Klinik: Mehrere Hebammen fahren zu einer Anhörung im Kieler Landtag

Die Situation der Geburtshilfen in Schleswig-Holstein ist auch Thema einer ganztägigen Anhörung am Donnerstag im Kieler Landtag. Mehrere Hebammen aus der Paracelsus-Klinik wollen dabei sein, darunter Lore Scheier. „Die Schließung in Henstedt-Ulzburg verhindern wir natürlich nicht mehr. Aber vielleicht können wir etwas für die Zukunft beeinflussen.“