Norderstedt. Neue Rechtslage in Deutschland: Anwohner können Städte zum Handeln verpflichten. Viele Verstöße auch in Norderstedt.

Das Urteil ist noch sehr frisch, nicht einmal eine Woche alt. Doch was das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig nun zum sogenannten „Gehwegparken“ entschieden hat, dürfte bundesweit in sämtlichen Rathäusern und Verwaltungen, egal ob in einer Millionen-Metropole wie Hamburg oder in einer Kleinstadt, sehr aufmerksam zur Kenntnis genommen worden sein. Denn: Ab sofort haben Anwohner mehr Möglichkeiten, Behörden dazu zu verpflichten, aktiv zu werden, wenn vor der eigenen Haustür Fahrzeuge rechtswidrig auf dem Fußweg abgestellt sind und dort eine Behinderung darstellen. Und das betrifft auch Norderstedt, wo dieses Problem ebenfalls zum Alltag gehört.

Zum Hintergrund: Der Rechtsstreit, der nun Auswirkungen auf ganz Deutschland hat, spielt in Bremen. Drei Bewohner und Eigentümer von Häusern in Einbahnstraßen hatten geklagt. Sie wollten die Hansestadt dazu bringen, gegen das Parken auf den Gehwegen vorzugehen, das dort nicht durch entsprechende Verkehrsschilder gestattet ist, aber geduldet wurde. Seit 2018 ging es durch mehrere Instanzen, ehe nun das höchste Gericht endgültig zugunsten der Kläger befand: Ja, bei einer „erheblichen Beeinträchtigung“ hätten Anwohner einen Anspruch darauf, dass eine Straßenverkehrsbehörde einschreitet.

Gehwegparken in Norderstedt: So verfolgt die Stadt Sünder

Eine Toleranz gibt es demnach nicht. Der Deutsche Städte- und Gemeindetag begrüßte das Urteil, sprach in einer Reaktion davon, dass nun Rechtssicherheit geschaffen worden sei – für Straßenbehörden und kommunale Ordnungsämter, für Verkehrsteilnehmer und Anwohner.

Zwar ist das Phänomen in Großstädten weitaus präsenter, also dort, wo es sowieso so gut wie keinen öffentlichen Parkraum mehr gibt und jeder Zentimeter zählt, um das eigene Auto abstellen zu können. Ob nun vorwärts, rückwärts oder seitwärts, oftmals stehen die Fahrzeuge eben auf dem Fußweg. Wenn es ein SUV ist, wird es dann schon einmal so eng, dass ein Kinderwagen oder eine Person mit Rollator kaum noch Platz hat.

In Norderstedt hat das Abendblatt nahe des Herold-Centers eine Stichprobe gemacht. In der Tat stehen hier vereinzelt Autos nicht vorschriftsgemäß, wobei die Markierungen auf der Fahrbahn, etwa in der Königsberger Straße, so klein sind, dass dort höchstens Kleinwagen hineinpassen.

Typisches Phänomen in Großstädten: Wegen des geringen Parkraums stehen Autos oft auch auf Gehwegen (wie hier in Essen).
Typisches Phänomen in Großstädten: Wegen des geringen Parkraums stehen Autos oft auch auf Gehwegen (wie hier in Essen). © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

In diesem Jahr bereits über 200 Verstöße im Stadtgebiet

Dennoch überascht die Zahl der Verstöße. Denn auf Nachfrage sagt die Verwaltung, dass es in diesem Jahr bis zum Stichtag 10. Juni bereits 56 Fälle gegeben habe, bei denen eine Behinderung des Gehwegs vorliegt, dazu 168 weitere, die nicht näher klassifiziert wurden, also zusammengerechnet 224.

Sprecherin Nina Wrage erläutert: „Grundsätzlich ist das Halten und Parken auf Gehwegen nach der Straßenverkehrsordnung verboten, wenn keine Verkehrszeichen oder Parkflächenmarkierungen das Parken erlauben. Hierbei kommt es nicht auf die Breite des Gehweges an. Auch das Abstellen eines Kraftfahrzeugs mit nur zwei Rädern auf dem Gehweg, unabhängig davon, wie viel Platz den Fußgängern verbleibt, ist verboten.“

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Eine Abwägung, ob betreffende Fahrzeughalter durch die Stadt verwarnt würden, werde nur vorgenommen, wenn diese Tatbestände vorliegen. „Die Stadtverwaltung ahndet alle Verstöße, die durch stichprobenartigen Kontrollen auffallen“, so Wrage. Oder es melden sich Anwohnerinnen und Anwohner von sich aus. Dann gilt: „Sollten sich Bürgerinnen und Bürger bei der Stadtverwaltung melden, wird die Örtlichkeit je nach aktueller Auftragslage des Kommunalen Ordnungsdienstes aufgesucht und bei Vorliegen der Tatbestandsmerkmale verwarnt.“

Allerdings scheint das eher die Ausnahme zu sein. Die Stadt erhalte nur wenige Anrufe oder Privatanzeigen, die sich auf Gehwegparken beziehen, heißt es.