Kreis Segeberg. Eigentümer des stillgelegten Munitionslagers in Todesfelde hat seit Jahrzehnten Kontakt zum Komplizen von Heinrich XIII. Prinz Reuß

Die Ermittler kamen am frühen Morgen: Bundeskriminalamt, Bundespolizei und Spezialeinheiten drangen in das umzäunte Gelände des stillgelegten Munitionsdepots der Bundeswehr in Todesfelde ein und öffneten die alten Bunker. Sie gingen einem unglaublichen Verdacht nach. Hier, in der ländlichen Abgeschiedenheit jenseits des Dorfes, lagern möglicherweise Waffen für einen Umsturzversuch in Deutschland.

Ob die Ermittler bei der Razzia fündig geworden sind, will die Pressestelle des Generalbundesanwalts noch nicht sagen. Fest steht aber nach Einschätzung der Polizei, dass der Grundstücksbesitzer engen Kontakt mit der mutmaßlichen rechten Terrorgruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß pflegte. Derzeit laufen vor mehreren hohen Gerichten in Deutschland Prozesse gegen die „Reichsbürger“, die mit Waffengewalt einen Putsch herbeiführen wollten.

Durchsuchung: Liegen hier gestohlene Waffen der Bundeswehr?

Der 73-jährige Besitzer hatte das Grundstück vor vier Jahren von der Bundeswehr gekauft und kommt wie viele der Angeklagten aus Baden-Württemberg. Der Kauf legt den Verdacht nahe, dass schon vor Jahren Umsturzpläne und der Einsatz von Waffen geplant worden sein könnten. In Todesfelde soll der Mann nicht in Erscheinung getreten sein.

Recherchen von WDR und NDR zeigen: Der 73-Jährige, dessen Grundstücke durchsucht wurden und der in den 1970er-Jahren bei der Bundeswehr Fallschirmjäger war, kannte einen der beiden Hauptangeklagten schon lange. Dabei handelt es sich um Rüdiger von P., der neben Heinrich XIII. Prinz Reuß in einem Staatsschutzverfahren in Frankfurt am Main als Hauptverdächtiger auf der Anklagebank sitzt.

Ehemaliger Kommandeur unterschlug 165 Schusswaffen

Von P. war laut WDR und SWR in den 1990er-Jahren Kommandeur eines Fallschirmjägerbataillons in Calw (Baden-Württemberg), wo heute das Kommando Spezialkräfte seinen Sitz hat. Dann sei er aus der Bundeswehr entlassen und 1999 zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt worden, weil er Waffen aus Bundeswehrbeständen unterschlagen und verschenkt hatte. Dabei handelte es sich um 165 Waffen, darunter 44 Makarov-Pistolen.

Die Recherchen der TV-Sender belegen, dass der 73-jährige Grundstücksbesitzer im Frühjahr 2000 20 dieser Pistolen in einem Waldstück abgelegt hat. Anschließend soll er unter falschen Angaben anonym die Polizei angerufen haben, um vom Verdacht gegen von P. abzulenken. „Bis heute gelten die anderen Makarov-Pistolen als vermisst“, schreibt tagesschau.de. Für die Tat musste sich der heute 73-Jährige vor dem Amtsgericht Tübingen verantworten.

Bundesanwaltschaft ermittelt wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung

Auch später soll der Grundstücksbesitzer von P. unterstützt haben. Unterlagen belegen nach Angaben der Sender, dass er ihn zum Beispiel im Jahr 2003 dabei half, dessen Bewährungsauflagen zu erfüllen und die Bußgelder zu bezahlen, die von P. im Rahmen einer Bewährungsauflage an zwei gemeinnützige Organisationen überweisen musste. Der heute 73-Jährige soll laut tagesschau.de Anfang 2003 3.750 Euro in von P.s Namen an eine Hilfsorganisation, wenige Monate später nochmal die gleiche Summe an eine andere Hilfsorganisation überwiesen haben. Das gehe aus Überweisungsträgern hervor.

Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen den 73-Jährigen und eine 63 Jahre alte Frau wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Auch ihre Grundstücke wurden durchsucht. Möglicherweise lässt sich bei den Ermittlungen gegen die „Gruppe Reuß“ auch klären, wo die vor mehr als 20 Jahren verschwundenen Waffen aus den Beständen der Bundeswehr geblieben sind. Der Sender berichtet außerdem, dass sich beide Beschuldigte bei den Durchsuchungen kooperativ verhalten hätten und nicht festgenommen wurden. Das hätten Ermittler berichtet.

Polizei hörte die Telefone der Beschuldigten ab

Auf die Spur zu den mutmaßlichen Waffenverstecken in Todesfelde und anderen Orten hätten der 73-Jährige und die 63-Jährige die Ermittler selbst geführt, ohne es zu ahnen. Die Polizei hatte Telefongespräche abgehört und dabei Hinweise auf die Bunker und andere Objekte erhalten.

Mehr zum Thema

Bei der Anlage in Todesfelde handelt es sich um ein umzäuntes Gelände mit kleinen Häusern, in denen die Bundeswehr Munition lagerte. Sie wurde auf dem Schießplatz verwendet, der sich ebenfalls in Todesfelde befand und von der Bundeswehr aufgegeben wurden. Dort übten Soldaten und Polizisten den Einsatz von Schusswaffen. Heute dient das Depot unter anderem als Trainingsgelände für Suchhundestaffeln.