Henstedt-Ulzburg. Neue Anschlussstelle? Rathaus empfiehlt, Bemühungen einzustellen. Drei Fraktionen sehen das anders. Das sind die Argumente.
- Gemeinde Henstedt-Ulzburg sieht nach Prüfung keine Chance für A7-Anschluss
- Politische Mehrheit zeichnet sich ab, um Forderung weiter zu verfolgen
- Innerörtlicher Verkehr könnte durch neue Auffahrt „Gut Kaden“ entlastet werden
Die Botschaft war eigentlich relativ klar: Aus Sicht der Gemeindeverwaltung in Henstedt-Ulzburg existiert keine realistische Chance darauf, dass es zwischen den bestehenden Anschlussstellen Quickborn und Henstedt-Ulzburg noch eine zusätzliche Auf- und Abfahrt an der Autobahn 7 geben könnte. Doch dass sich der Planungsausschuss in der kommenden Sitzung am Montag, 13. Mai (18.30 Uhr, Ratssaal), dieser Auffassung anschließen wird, scheint trotzdem unwahrscheinlich. Denn drei Fraktionen erklären nun gemeinsam, dass sie die Bemühungen keinesfalls einstellen wollen.
„Für Henstedt-Ulzburg ist ein weiterer Autobahnanschluss insbesondere zur wirtschaftlichen und wohnlichen Entwicklung sowie zur Entlastung der innerörtlichen Verkehrssituation unverzichtbar“, schreiben CDU, BfB und FDP in einer Mitteilung. Und formulieren zugleich einen Antrag, den sie mit ihrer eigenen Mehrheit (sieben von 13 Stimmen) so auch durchbringen könnten.
A7-Auffahrt: Politiker wollen, dass Henstedt-Ulzburg für Anschluss kämpft
Demnach solle der Ausschuss nicht der Empfehlung aus dem Rathaus folgen, der Analyse der Verwaltung „nicht zustimmen“. Im Gegenteil: „Vielmehr betont der Ausschuss die herausragende Bedeutung, die ein weiterer Autobahnanschluss zum Beispiel im Raum ,Gut Kaden‘ für die verkehrliche und wirtschaftliche Entwicklung der Region rund um Henstedt-Ulzburg, Quickborn und Kaltenkirchen hat.“ Daher sei, so die Forderung an Bürgermeisterin Ulrike Schmidt und ihre Verwaltung, „das Interesse der Gemeinde Henstedt-Ulzburg an der Schaffung eines weiteren Autobahnanschlusses auch weiterhin zu vertreten und sich für die Schaffung einer derartigen Anbindung einzusetzen“.
Zuvor hatte die Gemeinde im Zusammenhang mit der Änderung eines Flächennutzungsplans die rechtliche Lage noch einmal geprüft. Das Fazit: Es bestehe „derzeit keine Möglichkeit, eine weitere Anschlussstelle zwischen Henstedt-Ulzburg und Quickborn zu etablieren“. Die Gründe: Formal ist die A 7 eine Fernautobahn, sie führt über 962,2 Kilometer von der deutsch-dänischen Grenze bei Handewitt bis nach Füssen in Bayern, also ins Ostallgäu an die Grenze zu Österreich. Per Richtlinie ist für diese Autobahn vorgeschrieben: Die Anschlüsse müssen mindestens acht Kilometer auseinanderliegen. Und schon das ist nicht einmal der Fall.
„Somit erübrigen sich weitere Planungsüberlegungen“, sagt die Gemeinde
So beträgt die Distanz zwischen Quickborn-Heide und der Auf- und Abfahrt Henstedt-Ulzburg 6,54 Kilometer, auch zwischen Henstedt-Ulzburg und Kaltenkirchen sind es knapp unter acht Kilometer. Würde man nun einen Anschluss „Kadener Weg“ hinzudenken, wären es nach Süden bis Quickborn-Heide lediglich 3,34 Kilometer, nach Norden bis zum Anschluss Henstedt-Ulzburg nur 3,2 Kilometer.
Wäre die A 7 eine sogenannte „Überregionalautobahn“, also wie die A 23, müssten trotzdem mindestens fünf Kilometer zwischen den Anschlussstellen sein. Auch das wäre also nicht machbar. „Somit erübrigen sich weitere Planungsüberlegungen einer zusätzlichen Anschlussstelle zwischen Henstedt-Ulzburg und Quickborn“, so die Ortsplanung.
Henstedt-Ulzburg: Wohnungsbau am Beckershof nur mit Autobahnanschluss
Im Prinzip ist das auch keine Überraschung. Aber in Henstedt-Ulzburg hat es auch in der jüngeren Vergangenheit immer wieder Forderungen gegeben. Zum Beispiel, als im letzten Herbst über eine Stellungnahme zu den neuen Regionalplänen für Schleswig-Holstein diskutiert wurde. Denn in diesem Zusammenhang kam auch eine Teil-Bebauung von Flächen am Beckershof zur Sprache, die „für eine verdichtete Wohnbebauung geeignet“ seien.
Angesichts der Knappheit an bezahlbaren Wohnungen in der Region gibt es zunehmend Stimmen aus der Politik, die sich trauen, dieses Thema wieder aufzugreifen, weil sich die Meinung in der Bevölkerung hierzu gewandelt haben könnte. Aber: Hier Wohnraum zu schaffen, hätte Folgen, denn die Infrastruktur müsste erheblich ausgebaut werden. „Neben dem Ausbau der S 21 bzw. AKN mit zusätzlichen Haltepunkten im Gewerbegebiet Nord ist die Schaffung einer Autobahnausfahrt ,Gut Kaden‘ von besonderer Bedeutung, um die innerörtliche Verkehrssituation zu entzerren“, hieß es schließlich in einer mehrheitlich verabschiedeten Stellungnahme.
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Aller Voraussicht nach würde Henstedt-Ulzburg mit dem Wunsch nach einem neuen A-7-Anschluss in Kiel und Berlin auch weiterhin auf taube Ohren stoßen. Historisch gesehen, hätte sowieso nur Norderstedt eine Ausnahmegenehmigung erhalten können. Denn das lag tatsächlich schon einmal auf dem Tisch, und zwar zuletzt 2007 und 2008. Die Acht-Kilometer-Grenze hätte wegen der unmittelbaren Nähe zu Hamburg durchaus aufgeweicht werden können.
Allerdings gab es zwei hohe Auflagen: Einerseits hätte die Bundesstraße 4 von der Landesgrenze Hamburg/Schleswig-Holstein bis nach Neumünster herabgestuft werden müssen, andererseits der sechsstreifige Ausbau erfolgt worden sein (zwischen Quickborn und Schnelsen-Nord), was bekanntlich mittlerweile abgeschlossen ist.
Norderstedt: Neuer Autobahnanschluss kein politisches Gewinnerthema
Aber politisch war das Vorhaben kein Gewinnerthema, merkte der damalige Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote (CDU) letztlich. Die Bevölkerung in Norderstedt wäre vermutlich nicht begeistert gewesen, hätte man die Garstedter Feldmark durchschnitten. Und bei einem Anschluss auf Höhe Bönningstedt hätte sich die Nachbargemeinde vehement quergestellt.
2015 gab es einen weiteren Versuch, wieder ging es um einen Anschluss „Gut Kaden“, und zwar im Kontext der letztlich an einem Referendum gescheiterten Hamburger Olympiabewerbung. Norderstedt hatte seinerzeit Interesse daran bekundet, im Bereich Brüderhof die Schießwettbewerbe auszutragen. Gleichwohl äußerte sich das Bundesverkehrsministerium auch hierbei ablehnend. Heute gibt es in Norderstedt keine Partei oder Wählergemeinschaft, die einen neuen Autobahnanschluss ernsthaft im Programm stehen hat.