Norderstedt. Radparkhaus Norderstedt ist nur zu 38 Prozent ausgelastet. Stadt zahlt 70.000 Euro pro Jahr und hofft auf steigende Nutzerzahlen.

Ist die Radstation in Norderstedt ein Flop? Darauf lassen die Nutzerzahlen schließen. Viele der 436 Stellplätze bleiben leer, vor allem im Obergeschoss sind die Fahrradbügel verwaist. 166 Jahresabos haben die Betreiber 2023 verkauft, eine Auslastung von 38 Prozent. Sogar im Rekordjahr 2019 lag die Quote bei den Jahresabos bei nur 42 Prozent. 70.000 Euro zahlt die Stadt pro Jahr dem Betreiber, der Complete Dienstleistung GmbH.

Radparkhaus Norderstedt: bei den Radlern zu wenig bekannt

Die Gesellschaft betreibt nicht nur die Radstation Norderstedt, sondern auch das Fahrradparkhaus in Bergedorf und macht da ganz andere Erfahrungen. Im Südosten Hamburgs hat sich die Einrichtung zum Erfolgsmodell entwickelt, die Auslastung liegt bei 87 Prozent. Warum kommt das Norderstedter Pendant nicht in die Erfolgsspur?

„Die Radstation ist zu wenig bekannt, unsere Werkstatt und das Parkhaus werden als getrennte Einrichtungen wahrgenommen“, sagt Martin Restle, Filialleiter in Norderstedt. Die Werkstatt, in der zwei Mechaniker und eine Auszubildende platte Reifen, defekte Beleuchtung oder kaputte Bremsen wieder in Ordnung bringen, werde hingegen gut angenommen. Durchschnittlich eine Woche müssten die Kunden warten, bis ihr Rad wieder verkehrstüchtig ist, in Stoßzeiten länger, im Winter meist nur wenige Tage.

Radparkhaus Norderstedt: Kostenlose Fahrradbügel verhindern bessere Nutzung

Fast leer: Nur wenige Räder sind im Obergeschoss der Radstation Norderstedt abgestellt.
Fast leer: Nur wenige Räder sind im Obergeschoss der Radstation Norderstedt abgestellt. © Michael Schick | Michael Schick

Restle nennt weitere Gründe dafür, dass so wenige Norderstedter und Norderstedterinnen die Radstation nutzen: „Diejenigen, die wir bei einer Marketingaktion angesprochen haben, sagen, dass sie in der Nähe wohnen und zu Fuß zum Bahnhof gehen. Oder sie fahren direkt zur Arbeit, dort stellt der Arbeitgeber Abstellplätze zur Verfügung.“

Eine Hürde, um die Auslastungszahlen zu steigern, seien die vielen Fahrradbügel in direkter Nachbarschaft zur Radstation. Wer sein Rad dort kostenlos anschließen kann, sei nicht bereit, für einen Platz in der Fahrradgarage zu zahlen. 70 Cent kostet die Tageskarte, sieben Euro muss zahlen, wer sein Rad beim Mini-Abo zehn Tage nach Wahl oder einen Monat flexibel abstellen will. 70 Euro werden für das Jahresabo fällig.

Stadt sieht beim Radparkhaus positive Entwicklung

Auf die Frage, ob die Radstation ein Flop ist, kommt von der Stadt ein klares Nein. „Anhand der gestiegenen Ticketverkäufe lässt sich ein positiver Trend ableiten. Über ein Drittel der Abstellplätze sind allein durch Dauerabonnenten belegt“, sagt Bernd-Olaf Struppek, Sprecher der Norderstedter Stadtverwaltung. Bis zur Corona-Zeit seien die Zahlen kontinuierlich gestiegen. Von 2020 bis 2022, während der Pandemie, habe es einen erheblichen Einbruch gegeben, der sich nun sukzessive glätte.

Alle Zahlen zeigten nach oben: Die Zahl der Prepaid-Karten (Zehnerkarten) sei 2023 im Vergleich zu 2022 um 12 auf 223 angestiegen. 251 Tagesmieter nutzten das Angebot, ihre Räder sicher und trocken abzustellen, 16 mehr als 2022. Mit einem Plus von 68 auf 122 Monatskarten sei das Plus hier am stärksten ausgefallen. Die Jahresabos seien um 17 auf 166 angestiegen.

Radparkhaus Norderstedt: Nutzung ähnlich wie in anderen Städten

Der Wille zur Mobilitätswende hat den Bau der Radstation begründet. Norderstedt wollte und will zur Fahrradstadt werden. Sichere und trockene Abstellplätze sollten Pendler dazu bringen, auf zwei Rädern zum Bus oder zur U-Bahn zu fahren und das Auto stehenzulassen. 1,82 Millionen Euro hat das zweistöckige Parkhaus gekostet, zu dem auch eine Werkstatt und ein Verleih gehören. Rund 700.000 Euro davon waren Fördermittel.

Doch schon bei der Bilanz vor drei Jahren sahen die Politiker bei der Auslastung „Luft nach oben“. Auch die Stadt hielt die Nutzung für „ausbaufähig“, wies zugleich darauf hin, dass die Auslastung der Fahrradparkgarage in Norderstedt mit der in vielen anderen mittelgroßen Städten in Deutschland vergleichbar sei. Tatsächlich nutzen Radler das Angebot, ihre Räder, sicher, trocken und vor Dieben geschützt zu parken, sehr unterschiedlich. So erreicht das Radparkhaus an der Kellinghusenstraße in Hamburg bei weitem nicht die Nutzerzahlen der Norderstedter Fahrradgarage.

Politiker verzichten auf zweites Radparkhaus

Norderstedts Politiker und Politikerinnen haben angesichts der Zahlen und der Kosten für den Bau eine Konsequenz gezogen: Sie haben die Pläne für eine zweite Radstation am Herold-Center im Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr beerdigt.

Schon 2021 hat die Stadt auf Zeit gespielt: Es brauche Zeit, bis Menschen Gewohnheiten ändern. Das gelte auch für den Umstieg vom Auto aufs Fahrrad. Die Stadt könne den Wandel lediglich unterstützen, indem sie die Infrastruktur wie das Parkhaus schafft oder gezielt informiert. Eine Werbeoffensive für die Radstation in Norderstedt-Mitte hält auch Leiter Martin Restle für ein probates Mittel, um die Akzeptanz zu steigern.

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„Von denjenigen, die ihre Räder bei uns einstellen, bekommen wir sehr positive Rückmeldungen“, sagt der Leiter der Radstation am U- und Busbahnhof. Bleibt abzuwarten, ob weitere hinzukommen und das Kalkül der Stadt, dass sich die jährlichen Kosten von 70.000 Euro durch steigenden Einnahmen verringern, auf Dauer aufgeht.