Kreis Segeberg. Marten Verch wollte im Kreis Segeberg „echten Tee aus dem echten Norden“ anbauen. Ging schief. Doch Aufgeben sei keine Option.

Tee aus Schleswig-Holstein? Das ist eine schwierige Sache. Marten Verch, ausgewiesener Experte in Sachen Tee, wollte im Kreis Segeberg echten Tee der Extraklasse aus China züchten. Das Ergebnis nach anderthalb Jahren stellt ihn nicht zufrieden. „Aber aufgeben ist auch keine Option“, sagt der aus Hasenkrug stammende Teebauer. Künftig will er in Tremsbüttel (Kreis Stormarn) Tee anbauen.

Im Sommer 2023 hatte das Hamburger Abendblatt über den 34 Jahre alten Hamburger, Groß- und Außenhandelskaufmann im Teehandel berichtet: Marten Verch hat sich auf den Weg gemacht, der nördlichste Teebauer der Welt zu werden. Ein Feld fand er in der Nähe seines Heimatortes Hasenkrug, 200 Pflanzen kaufte er in der französischen Bretagne. Wobei ein Großteil der Pflanzen aus Samen gezogen wurde, die aus der einstigen Teehochburg Georgien stammen, wo zu Hochzeiten des dortigen Anbaus unter anderem Tees produziert wurden, die dem chinesischen Keemun nachempfunden waren.

Tee aus Schleswig-Holstein: Der nördlichste Teebauer muss noch Geduld haben

Marten Verch hat auf seinem Feld in Hardebek 200 Teepflanzen ausgesetzt. Etwa 80 Prozent haben den vergangenen Winter gut überstanden, wenn auch mickrig.
Marten Verch hat auf seinem Feld in Hardebek 200 Teepflanzen ausgesetzt. Etwa 80 Prozent haben den vergangenen Winter gut überstanden, wenn auch mickrig. © FMG | Frank Knittermeier

So ausgerüstet startete Marten Verch sein Projekt im Jahre 2022. Der erste Winter machte den Teepflanzen zu schaffen, aber die meisten hielten wacker durch: Mindestens 80 Prozent der Teepflanzen überlebten ihre erste kalte Jahreszeit. Manche sahen anschließend mickerig aus, bekamen aber im Laufe des Frühjahrs und Sommers neue Triebe und Blätter. Das berechtigte zu großen Hoffnungen: 2025 oder 2026 sollte der erste Hardebek-Tee in die Tassen kommen.

Aktuell sieht Marten Verch mit etwas mehr Realismus in die Zukunft, sein Optimismus aber ist ungebrochen. Zwar kann es eine endgültige Bilanz im Mai oder Juni geben, aber der Teeexperte ahnt jetzt schon, dass sie nicht besonders günstig ausfallen wird. „Es ist eine gewisse Stagnation eingetreten“, sagt Martien Verch. „Auch wenn sich die Pflanzen wieder erholen sollten.“

Japanische Teepflanzen wären besser durch den Winter gekommen

Für die Schwächephase seiner Teepflanzen hat der Experte einige Faktoren ausfindig gemacht. So entwickelten sich die gekauften Teepflanzen zunächst in zu flachen Töpfen, die Wurzeln hätten aber bis zu 15 Zentimeter oder mehr Platz nach unten gebraucht. Das hat Marten Verch erst erkannt, als es bereits zu spät war. „Ich musste die Pflanzen aussetzen.“ Japanische Teepflanzen, so vermutet er, wären besser durch den Winter gekommen. Offenbar sind die Pflanzen mit georgischem Ursprung nicht ganz so gut für den Standort geeignet wie zum Beispiel die testweise ausgepflanzten japanischen Kultivare.

Und dann der Boden auf dem Feld in Hardebek: Er ist sandig, was für die Teeanzucht erschwerend hinzukommt. Diese Erkenntnis ist für Marten Verch leider zu spät gekommen. Ein paar Pflanzen hat er zum „Aufpäppeln“ ausgegraben und getopft. Die ersten Pflanzen treiben bereits wieder aus. „Teepflanzen“, so sein Resümee aus den Bemühungen, „sind am Ende doch robuster, als man denkt.“ Ob diese irgendwann wieder ins Freiland gepflanzt werden, weiß er noch nicht. Sie könnten auch getopft als „Mutterpflanzen“ für die Produktion von Samen dienen.

Teeexperiment in Hardebek wird beendet, in Tremsbüttel geht es weiter

So könnte der erste Schwarztee aus Schleswig-Holstein aussehen. Ein Großteil der Pflanzen ist aus Samen gezogen, die aus Georgien stammen.
So könnte der erste Schwarztee aus Schleswig-Holstein aussehen. Ein Großteil der Pflanzen ist aus Samen gezogen, die aus Georgien stammen. © Marten Verch | Marten Verch

Das Teeexperiment in Hardebek wird Marten Verch wohl beenden, aber im Kreis Stormarn soll es weitergehen: Ab Oktober 2024 wird auf einem Acker in Tremsbüttel nach und nach der neue Bestand an Teekulturen etabliert. Die Bedingungen sind nach Ansicht von Marten Verch gut.

Der Boden ist vom ph-Wert her geeignet, der Lehmanteil ist für Trockenphasen von Vorteil, der angrenzende Wald spendet von der Westseite her Schatten – Teepflanzen mögen es halbschattig – und ist für das Mikroklima wegen der Windbremse, der hohen Luftfeuchtigkeit und des milden Klimas förderlich. Außerdem will er Gemüse und Beerensträucher, Schnittblumen, aber auch Teekräuter, andere Küchenkräuter, Pilze und mehr anbauen.

Zuhause zieht Marten Verch aus Samen die nächste Teegeneration heran

Die „Teeforschung“ betreibt Marten Verch aber auch in den eigenen vier Wänden weiter. Aktuell zieht er aus 1000 bis 1500 Samen Teepflanzen „der nächsten Generation“. Die Samen stammen aus Nepal und aus einem deutschen Teegarten bei Leverkusen. Der Ursprung der dortigen Mutterpflanzen stammt wiederum aus Südkorea.

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Die ersten „Deutsch-Koreaner“ keimen bereits. Aus seinen diversen Tee-Experimenten zieht Marten Verch seine eigenen Schlüsse: „Aus früheren Anzuchtversuchen weiß ich, dass Sämlinge, die gerade einmal fünf Zentimeter aus der Erde schauen, Wurzeln haben, die bis zu 15 Zentimeter in das Substrat reichen. Diese tiefreichenden Pfahlwurzeln helfen den Pflanzen, sich im Winter und im Sommer aus tieferen Erdschichten mit Wasser und Nährstoffen zu versorgen. Je mehr Jungpflanzen, desto größer die genetische Vielfalt, desto geringer das Risiko von existenzbedrohenden Verlusten.“

Pflanzen, die es nicht schaffen, werden aussortiert

Sein Ansatz: Natürliche Selektion. Pflanzen, die es nicht packen, sind nicht gemacht für unser Klima; diejenigen, die es schaffen, sich anzupassen, stellen die Grundlage für den zu etablierenden Bestand. Die Vision vom „echten Tee aus dem echten Norden“ will Marten Verch also auf keinen Fall aufgeben. Rückschläge sind für ihn kein Grund, auf weitere Experimente zu verzichten.

„Dass der Anfang besonders schwer ist, wird einem jeder bestätigen, der sich mit dem Teeanbau in nicht traditionellen Teeanbauländern versucht“, sagt Marten Verch. „Ich habe von Vornherein damit gerechnet, Fehler zu machen. Fehler sind nötig, um aus ihnen zu lernen.“

Wann der erste Schleswig-Holstein-Tee aus Tremsbüttel tatsächlich in die Tassen kommen, vermag Marten Verch nicht zu sagen. Will er auch nicht: „Durch jeden Rückschlag verzögert sich die erste Ernte natürlich weiter nach hinten. Von Prognosen, wann es so weit ist, würde ich erst einmal absehen.“