Firmen in der Region überraschen mit neuen Produkten. Wir erzählen ihre Geschichte. Heute: Samova-Tee mit kompostierbarer Hülle.

Abwarten und Tee trinken? Das mögen andere machen, sie aber nicht, niemals. Esin Rager (51) ist niemand, der abwartet oder abwägt. Sondern jemand, der sich reinstürzt. Einfach macht, anpackt. Aber Tee trinkt sie natürlich trotzdem. Schon immer. Schon als Kind, als sie in Amerika, Russland, Frankreich und den Niederlanden lebte. Dann als Studentin, Journalistin, Medienentwicklerin, Marketingberaterin und Mutter. Aber irgendwie hatte sie immer das Gefühl, dass man Tee noch besser machen kann. Nicht so langweilig, traditionell. Sondern modern und ungewöhnlich. Und das machte sie dann einfach. Sie experimentierte mit Kräutern und getrockneten Früchten, wagte extravagante Mischungen.

Und sie hat viel Tee entwickelt

„Tee entwickeln ist wie Suppe kochen“, sagt Rager. Und sie hat viel Tee entwickelt. Zuerst für sich selbst in der Schwangerschaft und Stillzeit, da sie die üblichen Teesorten langweilig fand. Dann für ihren Sohn, der keinen herkömmlichen Früchtetee mochte und für den sie Rote Bete und Karotten mit im Tee aufkochte, um das Getränk auf natürliche Weise süßer zu machen. Und irgendwann für ein paar Freunde, die sie zum Frühstück eingeladen hatte. Die Gruppe war von der kleinen Tee-Zeremonie so begeistert, dass man spontan beschloss, einen Tanz-Tee zu veranstalten.

„Das war kurz nach dem 11. September, und wir wollten ein Zeichen für Frieden und Freundschaft setzen“, erinnert sich Esin Rager. Sie und ihre Freunde luden 100 Gäste ins Hotel Atlantic ein. Doch die kamen nicht – zumindest nicht nur. Es waren mehr. Viel mehr. Mehr als 500. Was als einmalige Veranstaltung gedacht war, wurde zum Grundstein ihres Unternehmens. Da das Quartett um Rager in den Tagen danach mit Anfragen nach ihrem Tee überschüttet wurde, gründete die Gruppe spontan Samova. „Wir waren nie ein Start-up, das einen Businessplan hatte. Sondern nur ein Haufen Leute, die darauf reagiert haben, was andere wollten“, sagt Rager.

35 Tonnen Tee verkauft sie

Manchmal wundert sie sich heute selbst noch, welchen Lauf die Dinge genommen haben. Dass sie, die mit 50 Dosen à 100 Gramm angefangen hat, heute jährlich 35 Tonnen Tee verkauft. Dass sogar große Marken wie Lufthansa auf Samova aufmerksam geworden sind. Dass viele namhafte Hotels und Restaurants Samova führen, sogar eigene Sorten entwickeln lassen. So wie das Strandgut Hotel in Sankt Peter-Ording, deren Eigenkreation Saint Peter’s jetzt im Handel erhältlich ist – entweder als Monosorte allein oder als eine von 20 Sorten in der neuen Samova-Kollektion „Tea Tasting“.

„Ich habe nie geglaubt, dass das mal mein Hauptberuf wird“, sagt Rager, die Samova neben ihrem Job als Marketingberaterin aufgebaut und betrieben hat. Fünf Jahre lang. Zuerst gemeinsam mit Freunden, dann alleine. Ihre drei Mitgründer sind alle irgendwann ausgestiegen – „und bereuen es heute“, sagt Rager und lacht. Sie ist froh, dass sie durchgehalten hat. Nicht, weil sie inzwischen Umsätze im siebenstelligen Bereich macht. „Sondern weil Samova den Leuten zeigt, dass es eine nachhaltige Form von Wirtschaft gibt“, sagt Rager. Sie bezeichnet sich selbst als überzeugten „Öko“ und hat lange nach einer nachhaltigen Verpackung gesucht. „Um Teebeutel vor Feuchtigkeit zu schützen und das Aroma zu bewahren, werden sie oft einzeln in Plastikfolie verpackt. Das wollten wir ändern.“

Viele Produkte landen in der Gastronomie und in Hotels

In Kooperation mit dem Hersteller Futamura setzt Samova seit einigen Monaten NatureFlex ein. Die Folie, die auf den ersten Blick nach Kunststoff aussieht, besteht zu 100 Prozent aus Holzfaser und ist komplett im Garten kompostierbar. Kritik, die Beutel gar nicht einzeln verpacken zu müssen, weist Esin Rager zurück: „Auch wenn einige Firmen das machen, ist es nicht professionell – kann sogar gefährlich sein. Viele Kartonagen, in denen Lebensmittel verpackt sind, weisen zum Beispiel durch den Recy­clinganteil des Kartons Spuren von Mineralöl auf und sind mit Schadstoffen belastet.“ Würde man die Beutel nicht einzeln verpacken, dann könnten diese Verpackungsgifte in die Lebensmittel übergehen. „Daher verwenden wir auch keine Papiertüten mehr für Teebeutel, da diese genauso problematisch sind.“

Ein weitere Grund für die Einzelverpackung seien hygienische Vorgaben: „Da unsere Produkte viel in der Gastronomie und Hotellerie eingesetzt werden, müssen sie separat verpackt sein, damit man nicht beim Herausholen eines Beutels einen anderen mitberührt.“ Rager weiß, dass das ein heikles Thema ist. „Wer weniger Verpackung wünscht, kann alle Samova-Teesorten auch lose in der Dose oder in der Nachfülltüte kaufen.“

Das Telefon klingelt, die Arbeit ruft. Es gibt viel zu tun, sie hat jede Menge Ideen. Was? Wird nicht verraten. „Abwarten“, sagt sie. Und Tee trinken.

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