Norderstedt. Norderstedt-Mitte bietet mehr, als mancher denkt. Zum Beispiel internationale Küche, Läden mit Geschichte und Buchhandlungen mit Ideen.

Norderstedt-Mitte, das ist auf den ersten Blick: eine große Straße, die durch einen eher gesichtslosen Stadtteil führt. Ein großes Rathaus mit einem großen, oft leeren Platz davor, eine U-Bahnstation und ein Busbahnhof. Nicht unbedingt anheimelnd. Aber ein zweiter Blick lohnt sich.

Denn da sind auch: ein Wochenmarkt mit vielen tollen Ständen. Internationale Restaurants und Cafés (Griechisch, Italienisch, Türkisch, Portugiesisch, Lateinamerikanisch) und ebenso internationale Lebensmittelhändler. Die Buchhandlung BücherKompass, die Lesungen, Poetry-Slams und besondere Whisky-Events veranstaltet. Eine Bücherhalle sowieso, das Spectrum Kino, die TriBühne für Konzerte und andere Events und natürlich, mit der Hopfenliebe, ein gemütliches Brauhaus.

„NoMi als Einkaufsquartier beginnt östlich an der Ulzburger Straße mit dem Restaurant Naxos und dem Action-Discountmarkt. Westlich endet es beim Spectrum-Kino“, grenzt Thomas Will die Sache ein. Er ist Quartiersmanager für Norderstedt-Mitte, im Auftrag von PACT, einem Zusammenschluss von Gewerbetreibenden im Viertel. Zu seinem Aufgabenbereich gehört auch die Moorbek-Passage – aber das ist eine kleine Welt für sich. Heute widmen wir uns den Einzelhändlern und Restaurants, die ein Stück weiter östlich im Bereich des Rathauses die Fahne hochhalten – oft schon seit Jahrzehnten.

Pionier in „NoMi“: Reisebürochef Andreas Herrmann

Hat sehr viele Stammkunden, „teilweise in der vierten Generation“: Andreas Herrmann, Inhaber des Reisebüros Herrmann Touristic in Norderstedt-Mitte.
Hat sehr viele Stammkunden, „teilweise in der vierten Generation“: Andreas Herrmann, Inhaber des Reisebüros Herrmann Touristic in Norderstedt-Mitte. © FMG | Claas Greite

Andreas Herrmann kann sich mit Fug und Recht als „Pionier“ in Norderstedt-Mitte bezeichnen. Denn mit seinem Reisebüro Herrmann Touristic war er schon vor Ort, als Boris Becker Wimbeldon gewann, Erich Honecker noch die DDR regierte und Michail Gorbatschow „Glasnost“ und „Perestroika“ ausrief. „1984 habe ich das Reisebüro in den damaligen Rathaus-Arcaden eröffnet“, sagt Andreas Herrmann. Vier Jahre später bezog er dann die Räume gegenüber an der Rathausallee, in denen er noch heute residiert und neben Reisebuchungen auch Steuerberatung anbietet.

Was die Gegend auszeichnet, sie besonders macht? „NoMi möchte zwar Stadt sein, ist aber ein Dorf. Man kennt sich hier“, sagt Herrmann, der selbst in „Mitte“ wohnt. Fast familiär geht es auch in seinem Reisebüro zu. „Wir haben sehr viele Stammkunden, teilweise in der vierten Generation. Manchmal stehen die Enkel von Kunden in meinem Laden, die vor Jahrzehnten das erste Mal herkamen.“

Wer seine Reise gebucht hat, kann im direkten Umfeld von Herrmann Touristik gleich noch ein paar andere Dinge erledigen. Da sind zum Beispiel mehrere Ärzte, Friseure, eine Apotheke, den Bäcker „Andresen“, ein Rewe-Supermarkt sowie mit Budni und Rossmann zwei Drogerien.

Portugiesische Snacks, Bier und Fußball im „Café Latina“

Und Espresso gibt es bei ihm natürlich auch: Valdemar Machado, Inhaber des Cafés „Latina“.
Und Espresso gibt es bei ihm natürlich auch: Valdemar Machado, Inhaber des Cafés „Latina“. © FMG | Claas Greite

Außerdem ist da natürlich Valdemar Machado mit seinem „Café Latina“. Der ist auch schon eine Weile vor Ort. Im Jahr 2002 machte er an der Rathausallee sein Café auf, das auch eine Bar ist. Sein Laden ist ein beliebter Treffpunkt, an dem man nicht nur einen guten Espresso, sondern auch Spezialitäten aus Machados Heimat bekommt. „Ich bin im Norden von Portugal geboren und dann in der Algarve aufgewachsen, in Lagos, bei meinen Großeltern“, erzählt er. Der Liebe wegen zog er später nach Deutschland, lebt heute mit Frau und Kindern in Norderstedt. Und betont: „Die Familie ist das größte Glück!“

An Norderstedt gefällt ihm am besten „die Natur, denn da hat man seinen Frieden, seine Ruhe.“ Aber auch Norderstedt-Mitte sei ziemlich dörflich, betont auch er. „Man kennt hier den Apotheker, den Friseur, den Doktor...“ Und so sind ihm auch seine Stammkunden sehr gut bekannt. „Manche melden sich extra bei mir ab, wenn sie Urlaub machen!“, sagt Valdemar Machado.

Gründe, zu ihm ins „Latina“ zu kommen, gibt es ja einige. Denn es gibt nicht nur Snacks zum Frühstück und Mittag, sondern auch zwei Sorten portugiesisches Bier vom Fass. Zum Einsatz kommt die Zapfanlage zum Beispiel dann, wenn Fußball übertragen wird. Und das ist ziemlich oft: „Wir zeigen erste und zweite Bundesliga, außerdem Champions League und europäische Ligen.“

Ein Restaurant, in dem es auch Lampenschirme gibt: „Fantasia bei Alberto“

Restaurantchef Alberto Moliterno.
Restaurantchef Alberto Moliterno. © Michael Rauhe / FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Auf der anderen Straßenseite befindet sich mit „Fantasia bei Alberto“ eine weitere Institution. Das italienische Restaurant befindet sich immerhin seit 1993 hier. Inhaber Alberto Moliterno wuchs in der Nähe von Venedig auf und kam vor fast 40 Jahren nach Norderstedt. Das Restaurant führt er gemeinsam mit seiner Frau Annette. Die Menschen kehren hier mittags und abends ein, „zu 90 Prozent sind das Stammkunden“, erzählt Annette. Darunter seien unter anderem Politiker aus dem Rathaus, aber es gibt auch Stammtischrunden im „Fantasia“. Zum Beispiel finde sich wöchentlich ein Grüppchen ein, das nach dem Dänischkurs in der Volkshochschule zusammen essen will.

Im Sommer gibt es Eis bei Alberto, draußen am Tresen. Neben den Standard-Sorten gibt es auch Eigenkreationen wie „Annettes Eis“, dessen Bestandteile sind weiße Schokolade, Granatapfel und Kokos. Der Eistresen ist seit Generationen bekannt, „im Sommer müssen wir einen Mitarbeiter nur dafür abstellen.“ Bei Alberto wird man eben rundum betreut. Auch in Einrichtungsfragen. So gibt es in einem der Räume eine kleine Ausstellung mit Einrichtungsgegenständen. Wem zum Beispiel einer der Lampenschirme gefällt, der kann ihn gleich kaufen.

Beim Griechen Naxos verbringen viele Norderstedter ihre Mittagspause

Das Restaurant Naxos ist eine beliebte Adresse für den Mittagstisch. Im Bild: Die Kellner Billy (v.l.), Hasan, Inhaber Shami Gill und Kellner Nektarios.
Das Restaurant Naxos ist eine beliebte Adresse für den Mittagstisch. Im Bild: Die Kellner Billy (v.l.), Hasan, Inhaber Shami Gill und Kellner Nektarios. © FMG | Claas Greite

Ein Restaurant, das für manche Norderstedter wie ein zweites Wohnzimmer ist: das ist auch der Grieche „Naxos“. Auch der ist schon seit 1993 ansässig und ebenfalls eine sehr beliebte Adresse für den Mittagstisch. „Viele Mitarbeiter der umliegenden Firmen kommen zu uns, zum Beispiel von den Stadtwerken, Jungheinrich oder Schülke & Mayr. Und viele Norderstedter Firmen machen ihre Weihnachtsfeiern bei uns“, sagt Inhaber Shami Gill.

Aber Privatleute, Ehepaare und Familien kommen natürlich auch. Seit der Corona-Pandemie hat sich sein Geschäft allerdings ein bisschen verändert. „Viele Kunden holen sich mittlerweile ihr Essen ab, besonders samstags und sonntags. Das Abhol-Geschäft ist ein zweites Standbein geworden“,sagt Gill.

Er lebt selbst in Norderstedt-Mitte, sagt, dass man im Viertel eigentlich „alles habe“, dass es ein „schöner Mix“ sei. Ein Vorteil: „Man braucht kein Auto, wenn man in Mitte wohnt.“ Im vergangenen Sommer war er gerne mit seiner Familie beim Open Air-Kino auf dem Rathausplatz. Aber er sagt auch: „Das City-Ding könnte schon noch ein bisschen mehr gelebt werden.“

Tatsächlich ist auf dem zentralen, großen Marktplatz hauptsächlich am Donnerstag etwas los. Dann ist nämlich Markttag. Thomas Will und seine Mitstreiter bemühen sich nach Kräften, den Platz auch an anderen Tagen zu beleben. Und so gibt es einige regelmäßige Events wie den Kunsthandwerkermarkt und den Weihnachtsmarkt. Als nächstes steht ein Kinderfest an (Termin: 10. August.) Die ebenfalls schon geplante „Lange Nacht der Krimis“ (Termin: 21.9.) wird hauptsächlich im Spectrum Kino stattfinden.

Buchladen mit integriertem Whisky-Shop: BücherKompass am Rathausmarkt

Yvonne Bull, Mitinhaberin der Buchhandlung BücherKompass.
Yvonne Bull, Mitinhaberin der Buchhandlung BücherKompass. © FMG | Claas Greite

Daran, noch etwas mehr kulturelles Leben nach „NoMi“ zu bringen, arbeitet auch Yvonne Bull. Sie leitet seit September 2023 gemeinsam mit ihrem Ehemann Mathias die Buchhandlung am Rathausmarkt. Das Geschäft ist schon lange vor Ort, Yvonne Bull arbeitete hier fünf Jahre lang als Angestellte, bis sie mit ihrem Mann den Laden vom Vorbesitzer übernahm. Neben dem neuen Namen BücherKompass verpassten sie dem Laden ein leicht erneuertes Konzept. „Wir haben das Sortiment etwas geändert, führen jetzt auch Bücher im Bereich Young Adult und auch englischsprachige Taschenbücher.“

Noch eine Neuerung: Man bekommt jetzt auch Whisky im Buchgeschäft, es werden einige besondere Sorten angeboten. „Das ist ein Shop im Shop. Für den Whisky sind Freunde von uns zuständig, Claudia und Peter Brieger“, sagt Yvonne Bull. „Guter Whisky und ein gutes Buch, wir finden, das passt.“ Und so gibt es auch gemeinsame Events, etwa Whisky-Tastings mit einer kleinen Lesung. Poetry-Slams und andere Veranstaltungen finden auch regelmäßig im BücherKompass statt. Ein bisschen muss man nämlich dafür sorgen, dass Kunden jenseits der Stammkundschaft in den Laden finden, „es gibt hier wenig Laufkundschaft“, sagt Yvonne Bull.

Macht die Einkaufsmeile bunter: Meysam Pourisas Blumenladen „Classic Floral“

Meysam Pourisa, Inhaber des Blumengeschäfts „Classic Floral“.
Meysam Pourisa, Inhaber des Blumengeschäfts „Classic Floral“. © FMG | Claas Greite

Dafür, dass die Shoppingmeile in NoMi etwas bunter geworden ist, hat kürzlich Meysam Pourisa gesorgt. In die Räume der früheren Reinigung an der Rathausallee zog er im Oktober mit seinem Blumengeschäft „Classic Floral“. Er bietet Sträuße für Hochzeiten, Trauerfeiern und sonstige Anlässe an, um die Dekoration der Feier kümmert sich dann ein ganzes Team. Aber natürlich kann man sich auch „einfach so“ Blumen holen bei Pourisa, der vor acht Jahren aus dem Iran nach Deutschland zog, seitdem in Norderstedt lebt und schon seit 28 Jahren als Blumenhändler tätig ist. Früher unter anderem bei „Blume 2000“, nun selbstständig. Seine ganz persönliche Lieblingsblume ist übrigens die Freesie.

Ein (nicht nur) kulinarischer Farbtupfer: Die „Cantina Americana“

Adrian Charly, Inhaber der „Cantina Americana“.
Adrian Charly, Inhaber der „Cantina Americana“. © FMG | Claas Greite

Ein besonderer Farbtupfer im Viertel ist auch die (etwas versteckt am ZOB liegende) „Cantina Americana“, die 2017 eröffnete. Das nicht nur kulinarisch, mit mexikanisch-amerikanischem Streetfood, sondern auch im wahrsten Sinne des Wortes. Denn es ist bunt im Inneren der „Cantina“, die ebenfalls ein beliebter Ort für den Mittagstisch ist. „Eine ehemalige Mitarbeiterin, die auch Bühnenbildnerin ist, hat uns die Räume so bemalt“, sagt Adrian Charly.

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Er ist der Inhaber der „Cantina“ in Norderstedt, außerdem gehört ihm noch das Restaurant „Avocado Nerds“ in den Colonnaden in Hamburg sowie das „San Burrito“ an der Osterstraße in Eimsbüttel, mit dem alles anfing. Charly, früher mal Politik- und Geschichtsstudent, kam nämlich „als Quereinsteiger“ in die Branche, war „plötzlich Gastronom“ – aber das ist noch eine andere Geschichte. Für den besonderen „lateinamerikanischen Touch“ in den Restaurants sorgt mittlerweile seine Ehefrau Gaudhy, die aus Venezuela stammt.

Dafür, dass Norderstedt-Mitte noch etwas mehr City-Flair bekommt, möchte auch Adrian Charly sorgen. „Wir planen für diesen Sommer mehr Außengastro“, sagt er. Außerdem in Vorbereitung: „Cocktail-Abende.“