Kreis Segeberg. Fahrpläne werden jetzt schon zusammengestrichen. Gelingt es nicht, Fahrer im Ausland anzuwerben, bleibt das im Kreis Segeberg so.

Die Fahrgäste in Bussen und Bahnen kennen das Problem: Fahrten fallen aus, weil Fahrer und Lokführer fehlen. Wegen des Fachkräftemangels wurden im Busbetrieb des Kreises Segeberg sogar Fahrpläne zusammengestrichen, um zu gewährleisten, dass wenigstens die verbliebenen Fahrten verlässlich stattfinden. Jetzt beginnt in der Politik die Diskussion darüber, ob diese sogenannten Stabilisierungsfahrpläne der Autokraft verlängert werden und wie mehr Busfahrer in die regionalen Unternehmen gelockt werden können.

Der Ausschuss für Umwelt-Natur- und Klimaschutz des Kreises Segeberg wird beraten, ob der bis zum März bei der Autokraft geltende, ausgedünnte Fahrplan bestehen bleibt. Von den Streichungen im Fahrplan sind besonders der Norden und Osten des Kreises Segeberg sowie die stark frequentierte Linie 7550 von Bad Segeberg über Norderstedt zum Hamburger U-Bahnhof Ochsenzoll betroffen. Gelöst ist das Personalproblem noch lange nicht. „Das Problem ist groß und nimmt weiter zu“, sagt Claudius Mozer, Geschäftsführer der SVG Südwestholstein ÖPNV-Verwaltungsgemeinschaft, die den Busverkehr in den Kreisen Segeberg, Pinneberg und Dithmarschen organisiert.

Personalnot im Nahverkehr: Kenianische Busfahrer gesucht

Die FDP spricht von einer positiven Entwicklung. „Erfreulicherweise zeigt sich in den letzten Monaten eine Reduzierung der Ausfallquote“, sagt Fraktionschef Klaus J. Scheunert. Er weist außerdem auf eine andere Strategie hin, die das Problem lindern könnte: die Rekrutierung von zugewanderten Fahrern. Dabei müsse geprüft werden, ob auch Englisch als sprachliche Qualifikation ausreicht.

Um künftig zusammengestrichene Fahrpläne zu verhindern und den Personalmangel zu bekämpfen, richten Unternehmen wie die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) auch den Blick ins Ausland. VHH-Geschäftsführerin Britta Oehlrich sagte, das Unternehmen sei überzeugt, bei der Rekrutierung von Mitarbeitern neue Wege gehen zu müssen. Zwar habe die Werbung innerhalb Deutschlands dazu geführt, dass 250 Stellen besetzt werden konnten, doch der Bedarf an Fahrern sei noch größer.

VHH beschäftigt schon jetzt Mitarbeiter aus 60 Nationen

Die VHH sind im Kreis Segeberg mit Schwerpunkt in Norderstedt unterwegs. Das genannte Kenia-Projekt könne ein Baustein einer neuen Strategie sein, sagte die Geschäftsführerin und fügte hinzu: „Wir stehen hier allerdings noch ganz am Anfang und es gibt viele Herausforderungen, vor allem bürokratischer Natur, die erst noch gemeistert werden müssen. Wir sind uns sicher, dass wir den Busfahrern aus Kenia eine gute Arbeitgeberin sein können“, sagte Oehlrich.

Zu den Herausforderungen zählt sie zum Beispiel die Anerkennung von Führerscheinen oder die Bereitstellung von Wohnraum. Derzeit sind bei der VHH Menschen aus 60 Ländern beschäftigt, darunter aus Kolumbien, Chile, Ghana, Nigeria, Vietnam, China, Albanien, Afghanistan oder aus Kenia.

Die DB-Tochter Autokraft sucht Personal im Kosovo

Auch bei der Autokraft, einem Unternehmen der Deutschen Bahn, geht die Suche über die deutschen Grenzen hinaus. „Wir haben bereits seit langem die Rekrutierungsanstrengungen deutlich verstärkt und verschiedene Ausbildungsoffensiven gestartet“, sagte ein Bahnsprecherin. Dazu gehöre zum Beispiel die Beteiligung an Ausbildungsmessen. „Um gerade im Busverkehr zusätzliche Fachkräfte zu gewinnen, verstärkt die DB auch ihre Personalgewinnung in mehreren europäischen Ländern“, sagte die Sprecherin. Die Autokraft-Niederlassung in Bad Oldesloe suche beispielsweise Personal im Kosovo.

Bei der AKN werden ebenfalls derzeit aktiv unterschiedliche Recruiting-Maßnahmen betrieben. „Wir wollen die Personalsituation langfristig entspannen und gut für die nächsten Jahre gerüstet sein“, sagt AKN-Sprecherin Maren Brandt.

AKN sucht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Malaysia

Seit November 2023 läuft bereits der erste eigene Tf-Ausbildungskurs mit zwölf Teilnehmenden, bei dem die Kanditatinnen und Kandidaten qualifiziert und Quereinsteiger umgeschult werden, die vorher in ganz anderen Berufen, beispielsweise im Einzelhandel, gearbeitet haben. Alle sind bereits während der Ausbildung bei der AKN angestellt und werden nach erfolgreicher Prüfung für das Unternehmen fahren.

„Zwei weitere Kurse, mit Start im März und im Mai, konnten wir ebenfalls schon besetzen, nachdem wir mit einer HR-Kampagne erfolgreich Bewerber:innen auf uns aufmerksam gemacht haben. Es sind wesentlich mehr Bewerbungen eingegangen, als wir es uns erhofft hatten“, betont Maren Brandt.

Außerdem sei man mitten im Prozess, Triebfahrzeugführende aus Malaysia zur AKN zu holen und ab Anfang 2025, wenn alles klappe, bei der AKN einzusetzen. Brandt: „Hier arbeiten wir mit einem Kooperationspartner zusammen, der in Malaysia mit dem Eisenbahninstitut der Universität in Kuala Lumpur zusammenarbeitet. Die Kandidaten erhalten dort eine technische Bahngrundausbildung. Derzeit laufen bei uns die ersten Bewerbungsgespräche mit den Kandidaten für die AKN. Unser Ziel ist, sie langfristig an uns zu binden und sie an ihrem neuen Wohnort in unserer Region zu integrieren. Eine echte Neuerung für die AKN und ein Weg, uns langfristig für neue Arbeitsmodelle zu öffnen.“

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„Inzwischen versuchen alle großen Unternehmen, Personal im Ausland zu rekrutieren“, sagt Mozer. „Es gibt inzwischen ein Füllhorn an Initiativen in diese Richtung.“ Die Lücken im Personalbestand aufzufüllen, sei eine Aufgabe der Unternehmen, nicht der Politik oder der Verwaltung, sagte Mozer. Über die rechtlichen Rahmenbedingungen müsse man allerdings sprechen. So sollte beispielsweise geprüft werden, inwieweit deutsche statt englischer Sprachkenntnisse im digitalen Zeitalter wirklich zwingend notwendig sind, um die Kommunikation mit Fahrgästen und der Busleitstelle sicherzustellen. „Damit muss man sich auseinandersetzen“, sagte Mozer.