Henstedt-Ulzburg/Norderstedt. Christina van der Wal ist in der Backstube groß geworden. Katharina Kruse ist Hobbybäckerin. Beide Frauen kreieren besondere Torten.
Christina van der Wal werkelt in der kleinen Küche ihres Cafés in Henstedt-Ulzburg. Mithilfe einer Schablone schneidet sie aus einem Kuchenboden die Form einer 70 aus. Kunden haben bei ihr eine Geburtstagstorte bestellt. Sie rührt eine Pfirsich-Maracuja- und eine Schokoladen-Toffifee-Creme an, spritzt sie auf die Böden und schichtet sie übereinander. Währenddessen beobachtet sie durch ein Fenster in der Küche ihre Gäste. Niemand verlässt das Café, ohne Christina van der Wal vorher Tschüs zu sagen. „Bis zum nächsten Mal“, ruft eine Kundin. Die Chefin winkt und schenkt ihr das offene Lächeln, das viele so an ihr lieben.
Vor zweieinhalb Jahren hat die gebürtige Niederländerin ihren kleinen Laden „Christina‘s Kuchen & Torten“ an der Straße Am Wöddel eröffnet. Viele Menschen kommen wegen der leckeren Torten und des Frühstücks – aber vor allem auch wegen der herzlichen Art, mit der sie von der Besitzerin und ihren Mitarbeitern empfangen werden. „Hier bekommt man immer ein freundliches Lächeln“, sagt van der Wal, die die meisten einfach nur als „Christina“ kennen.
Henstedt-Ulzburg: Café-Besitzerin in Backstube aufgewachsen
Auch wenn sie in der Küche steht und backt, sucht sie den Kontakt zu den Gästen. „Ich versuche zumindest einmal kurz nach vorne zu kommen und Hallo zu sagen.“ Im besten Fall findet sie die Zeit, sich ein paar Minuten zu ihnen zu setzen und einen Kaffee mit ihnen zu trinken. „Das Leben ist nicht kompliziert. Es ist so einfach, den Menschen eine Freude zu machen“, sagt sie.
Van der Wal ist in den Niederlanden in der Backstube aufgewachsen. Schon ihr Vater und Großvater waren Bäckermeister. „Ich hatte immer den Traum, eine eigene Bäckerei zu führen und einen Bäcker zu heiraten“, erzählt sie. Doch es kam anders. Sie lernte ihren Mann – einen Piloten – kennen und verliebte sich in ihn. „Da war ich sauer“, sagt sie und lacht.
Christinas Café: Von 16 Mitarbeitern sind 13 Jugendliche
2008 zog die Familie aus dem niederländischen Friesland nach Deutschland und ist seitdem in Henstedt-Ulzburg verwurzelt. Zwei Söhne, die 19 und 16 Jahre alt sind, und eine Tochter (13) hat das Paar. Alle Kinder arbeiten in dem Café ihrer Mutter oder helfen aus. Das Besondere: Auch ihre Freunde, die sie noch aus dem Kindergarten, der Grundschule oder dem Gymnasium kennen, packen mit an. 16 Mitarbeiter hat Christina van der Wal – 13 davon sind Jugendliche.
„Bei uns ist es sehr familiär“, sagt die Chefin, die aber nicht gern so genannt wird. Sie sieht sich vielmehr als „Kollegin“, als Mitglied des Teams, als eine von ihnen. „Was du vorlebst, bekommst du auch zurück.“ Davon ist die Niederländerin überzeugt.
Zu ihrem 50. Geburtstag standen ihre Mitarbeiter plötzlich allesamt zu Hause in ihrem Wohnzimmer. Sie hatten den Tisch mit einem Strauß Blumen geschmückt, ihr einen Gutschein für das Nivea-Haus und ein Frühstück im Luxushotel Vier Jahreszeiten überreicht. Am meisten bedeutet hat Christina van der Wal allerdings ein anderes Geschenk: ein Gutscheinheft. Alle Mitarbeiter haben beschlossen, eine Stunde umsonst für sie zu arbeiten. „So etwas habe ich vorher noch nie gehört“, sagt sie stolz.
Viele Gäste sind vom Wochenmarkt bekannt
Schon in ihrem Heimatland hat van der Wal eine Bäckerei geführt. In Deutschland arbeitete sie zunächst sieben Jahre lang auf den Wochenmärkten in Henstedt-Ulzburg und Norderstedt, verkaufte dort Geflügel und Eier. Dann erfüllte sie sich den Traum vom eigenen Café auch in ihrer neuen Heimat. Die Wochenmarkt-Kunden hatten die freundliche Frau mit dem niederländischen Akzent allerdings so liebgewonnen, dass sie nicht auf sie verzichten wollten und ihr folgten. „Gut 30 Prozent meiner Gäste im Café kenne ich vom Markt“, erzählt sie.
Ihr Laden ist von mittwochs bis sonntags geöffnet. Unter der Woche backt sie etwa vier Torten am Tag, für den gut besuchten Sonntag sind es bis zu 14. Hinzu kommen Bestellungen außer der Reihe für Hochzeiten, Geburtstage oder andere Anlässe. Das Angebot ist groß: Die Torten sind zum Beispiel gefüllt mit Cremes aus Erdbeeren, Himbeeren oder Blaubeeren, aber auch Kinderschokolade, Eierlikör oder Irish Coffee. Vom Blech gibt es meistens frisch gebackenen Apfelkuchen.
Hobbybäckerin: „Kann abschalten und mich kreativ ausleben“
Das Geschäft läuft gut. Die Tische sind insbesondere am Wochenende voll besetzt. „Ich hätte nicht gedacht, dass das Café so explodiert“, sagt Christina van der Wal. Was ihr Erfolgsrezept ist? Sie muss überlegen. „Bei uns ist es sehr persönlich.“ Wenn Gäste allein an einem Tisch sitzen, versucht sie oft, die Menschen zusammenzuführen und miteinander bekannt zu machen. Neben dem Backen ist für sie nämlich das Schönste an ihrem Job, anderen eine Freude zu bereiten.
Auch Katharina Kruse aus Norderstedt liebt es, Menschen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Genau wie Christina van der Wal nutzt sie dafür liebend gern ihre selbst gebackenen Torten. Der Unterschied: Kruse ist hauptberuflich Buchhalterin in einer Reederei. Für sie ist das Backen ein Hobby und Ausgleich zum Job. „Dabei kann ich abschalten und mich kreativ ausleben“, sagt die 37-Jährige.
Vor zwölf Jahren fing alles an
Sie steht zu Hause in ihrer Küche und rollt Fondant aus. In zwei Tagen feiert der Sohn ihrer Cousine seinen ersten Geburtstag. Kruse möchte die Familie mit einer Torte überraschen. Bereits vor einer Woche hat sie mit den Vorbereitungen begonnen und das Topping gebastelt: einen Esel, der den Namen ihres Großcousins Enno auf einem Halstuch trägt, dazu kleine Bienen. „Das muss schön durchhärten“, sagt sie. Etwa eineinhalb Stunden hat sie an den Zuckerfiguren gearbeitet. Inzwischen ist sie geübt. Zu ihren Anfängen, vor etwa zwölf Jahren, hat sie dafür mehrere Abende gebraucht.
Die eigentliche Torte – gefüllt mit Schweizer Buttercreme, Mascarpone und Heidelbeeren – hat sie ebenfalls schon gebacken und im Kühlschrank kalt gestellt. Die Norderstedterin umhüllt den Kuchen mit der ausgerollten Fondantdecke und streicht sie glatt, damit keine Falten zurückbleiben. „Ich bin etwas perfektionistisch veranlagt“, sagt Kruse und lacht. Sie platziert die Figuren auf der Torte, steckt eine selbst gebastelte Happy-Birthday-Girlande mit Strohhalmen und eine Eins in den Kuchen. Dann klebt sie mit Lebensmittelkleber einzelne Punkte auf den Fondant.
An der Geburtstagstorte hat Kruse an die sechs Stunden gearbeitet
Bis auf Girlande und Strohhalm ist alles davon essbar. Allerdings: Viele trauen sich gar nicht, die schöne Torte anzuschneiden und das „Kunstwerk“ zu zerstören. Kruse macht das nichts aus. „Das tut mir nicht weh“, sagt sie. „Ich finde es eher schade, wenn man sie nicht isst. Schließlich stand ich dafür die ganze Zeit in der Küche.“ Mit Backzeit hat sie an dieser Torte über mehrere Tage hinweg bestimmt fünf bis sechs Stunden gearbeitet, schätzt sie.
Katharina Kruses Torten-Galerie
„Wenn ich fertig bin, fällt mir erst mal ein Stein vom Herzen und ich bin glücklich“, berichtet die Hobbybäckerin. Aufgeregt ist sie erst wieder, wenn sie ihre Torte überreicht. „Dann bin ich immer gespannt, was derjenige sagt.“
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Katharina Kruse beschenkt Freunde und Familie mit ihren Kreationen. Dabei überlegt sie sich vorher, was zu der jeweiligen Person passt. Sie hat schon Torten mit Einhörnern, Fußbällen oder Disneyfiguren kreiert. Für eine Freundin zum Geburtstag hat sie mal ein pinkes Schloss mit Burgfräulein gebacken. „Oft lasse ich mich bei Instagram inspirieren und mache es nach“, sagt Kruse.
Sie hat sich alles selbst beigebracht. Sich stundenlang Videos bei YouTube angesehen oder in Büchern Anleitungen nachgelesen. Das ist ihr Hobby wie für andere das Tennisspielen, Stricken oder Joggen. „Ich bin dann einfach in meinem Element“, sagt sie.