Norderstedt/Pinneberg. Die Spritpreise an den Tankstellen variieren regional stark. Wie die Konzerne das begründen und was der ADAC dazu sagt.

Wer oft mit dem Auto zwischen dem Kreis Pinneberg und dem Kreis Segeberg unterwegs ist, stellt gewisse Unterschiede fest. Einer fällt vielen besonders ins Auge: Benzin und Diesel ist an Tankstellen in Orten wie Pinneberg oder Rellingen oft deutlich günstiger als in Norderstedt. Woran liegt das eigentlich? Die Erklärungen gehen weit auseinander – je nachdem, ob man Tankstellenpächter, die Mineralölkonzerne oder den ADAC fragt. Immerhin gibt es einige sinnvolle Spar-Tipps, auch von Tankstellenkunden.

Ein Wochentag in Norderstedt, etwas wolkenverhangen. Wir befinden uns an der Ulzburger Straße, und zwar auf der OIL!-Tankstelle. 1,93 Euro kostet der Liter Super hier und jetzt, 1,87 Euro werden für den Liter Diesel fällig. Anders ist das bei der OIL!-Tankstelle im 23 Kilometer entfernten Appen im Kreis Pinneberg, wie ein schneller Blick auf das Handy zeigt. Nur 1,79 Euro kostet der Liter Super dort, 1,71 Euro der Liter Diesel.

Liter Super an diesem Tag in Rellingen zehn Cent billiger als in Norderstedt

Ein Einzelfall ist dieser deutliche Preisunterschied nicht. Bei Shell an der Ohechaussee in Norderstedt kostet der Liter „Super FuelSave 95“ gerade 1,89 Euro. Für den Liter „Diesel Fuel Save“ müssten wir 1,80 bezahlen. An der Shell-Tankstelle in Rellingen hingegen wäre der Liter des gleichen Superbenzins ganze zehn Cent billiger, der Liter Diesel acht Cent. Nicht viel anders ist es bei Aral, wenn man Stationen in Norderstedt mit denen in Tornesch oder Rellingen vergleicht.

„Nützt ja nichts, sonst bleibe ich mit dem Wagen liegen“: Jeanette Huch  tankt bei OIL! in Norderstedt, obwohl der Preis ihr eigentlich gerade zu hoch ist.
„Nützt ja nichts, sonst bleibe ich mit dem Wagen liegen“: Jeanette Huch tankt bei OIL! in Norderstedt, obwohl der Preis ihr eigentlich gerade zu hoch ist. © FMG | Claas Greite

Eine Frau fährt mit ihrem Volvo auf die Norderstedter OIL!Tankstelle, sie heißt Jeanette Huch. „Ich wäre eigentlich weitergefahren, weil es mir gerade zu teuer ist. Aber es nützt ja nichts, sonst bleibe ich irgendwann mit dem Auto liegen“, sagt sie achselzuckend und betankt ihr Auto. An der Zapfsäule nebenan tankt gerade Silvio Matthaschke. Er sagt: „Ich versuche, eigentlich immer dort zu tanken, wo es am günstigsten ist. Aber hier in der Straße ist der Benzinpreis eigentlich überall derselbe.“

Pächter: „Das läuft automatisch, da habe ich keinen Einfluss drauf“

Wie ist das eigentlich mit den Preisen, wie kommen sie zustande? Denis Heske, Pächter dieser OIL-Tankstelle, sagt dazu nur: „Das macht die Company. Das läuft automatisch, da habe ich gar keinen Einfluss drauf. Vorreiter sind eigentlich immer Shell und Aral. Die diktieren die Preise, die anderen ziehen dann nach. Wir haben hier am Tag bis zu 20 Preisumstellungen.“

Ähnlich äußert sich das Personal in anderen Tankstellen an der Ulzburger Straße, zum Beispiel bei HEM und bei JET. Auf den Preis habe man vor Ort gar keinen Einfluss, das laufe mittlerweile vollautomatisch, werde zentral geregelt. So ist es generell in der Branche, etwa bei Shell, wie die Pressestelle des Konzerns bestätigt. So weit, so gut. Aber was sagen Aral und Shell zu regionalen Unterschieden?

Aral: „Äußern uns grundsätzlich nicht zur Entwicklung von Kraftstoffpreisen“

Ziemlich zugeknöpft gibt sich die Pressestelle von Aral, ansässig in der Unternehmenszentrale in Bochum. „Von einer Stellungnahme möchten wir gerne absehen, weil wir uns – und anderem aus kartellrechtlichen Gründen – grundsätzlich nicht zur Entwicklung von Kraftstoffpreisen, Produktbeständen oder Preisbildungsmechanismen äußern“, heißt es von dort.

Man könne nur „generelle Informationen zu Kraftstoffpreisen“ geben, die stehen auch für die Kunden auf der Aral-Webseite. Und da heißt es dann zum Bespiel, dass sich „temporäre Preisunterschiede auf wettbewerbsbedingte Anpassungen“ zurückführen ließen. Außerdem seien 53 Prozent des Kraftstoffpreises „Steuern und Abgaben“, 40 Prozent seien der „Einkaufpreis“. Und so weiter.

Shell: Regionale Unterschiede „Ergebnis normaler Marktmechanismen“

Regina Hoppe von der Pressestelle von Shell Deutschland, ansässig in Hamburg, sagt zu dem Thema: „Regionale Unterschiede sind keineswegs ein Shell-Phänomen, sondern marktüblich und Ergebnis normaler Marktmechanismen.“ Was das für Mechanismen sind, wie sie greifen, wird dann im Online-Begleitmaterial erklärt, die der Konzern zur Verfügung stellt. Zur Frage „Warum gibt es regional unterschiedliche Preise?“ heißt es, dass es deutschlandweit „zurzeit gut 14.000 Tankstellen“ gebe, die mit „durchaus unterschiedlichen Geschäftsmodellen“ geführt würden.

Und weiter: „Die Tankstellen stehen untereinander in hartem Wettbewerb. Da Autofahrer selbst bei kleinen Preisdifferenzen zwischen unterschiedlichen Tankstellen zumeist die Station mit den niedrigsten Preisen anfahren, beobachten die einzelnen Tankstellen das Verhalten ihrer benachbarten Mitbewerber genau. Bei Preisreduzierungen in der Nachbarschaft ziehen sie in der Regel so schnell wie möglich nach, um keine Kunden zu verlieren.“

Shell: Supermärkte mit Tankstellen als Preisdrücker für das Umfeld

Hinzu kämen dann noch „Sondereffekte wie zum Beispiel Supermärkte“. Diese versuchen laut Shell Deutschland, „über niedrige Kraftstoffpreise an ihren Tankstellen Kunden zum Einkauf in ihren Supermärkte zu bewegen.“ Tankstellen in ihrer Umgebung könnten dann nur überleben, wenn sie ihre Preise an die des Billiganbieters annähern. „Sobald dann einer der Marktteilnehmer unter dem Druck seiner Einstandspreise die Preise nach oben korrigiert, zieht der Wettbewerb in der Regel nach. Nach einer solchen Erhöhung bröckeln die Preise allerdings in Cent-Schritten auch schnell wieder ab.“ Die Kraftstoffpreise seien „somit ständig in Bewegung.“

Außerdem, so heißt es weiter vonseiten der Shell, gebe es „jahreszeitlich bedingte Nachfrageveränderungen bei bestimmten Produkten“, und zwar beim Einkauf auf den Weltmärkten, die Preisaufschläge verursachen könnten. „Preisabsprachen unter den Wettbewerbern“ aber, so beteuert die Shell, gebe es natürlich nicht: „Das ist kartellrechtlich verboten.“ Regina Hoppe von der Pressestelle betont auch, dass der Markt „extrem transparent“ sei.

„Extrem intransparent!“ Wie der ADAC Hansa die Preisunterschiede erklärt

Christof Tietgen, Sprecher des ADAC-Regionalverbandes Hansa.
Christof Tietgen, Sprecher des ADAC-Regionalverbandes Hansa. © ADAC | ADAC

Ganz anders sieht das Christof Tietgen, Sprecher des ADAC-Regionalverbandes Hansa mit Sitz in Hamburg. „Die Preisgestaltung an den Tankstellen lässt sich nicht mehr nachvollziehen, und zwar, weil sie extrem intransparent ist!“ Tagsüber gebe es auch innerhalb einer Region Schwankungen von bis zu 20 Cent pro Liter. „Das einzige, worauf man sich verlassen kann, ist, dass es abends am günstigsten ist, zwischen 18 und 20 Uhr.“

Erklärungsansätze, woran die regionalen Unterschiede liegen könnten, liefert Tietgen dann aber doch. „Die Konzerne schauen sehr genau, wie viele Autos pro Tag an einem bestimmten Ort fahren. Norderstedt liegt an der A7 und ist so etwas wie eine Haupteinflugschneise nach Hamburg. Das verlockt, den Preis oben zu halten.“

Was sollen die Autofahrer tun? „Wir empfehlen, generell immer zu vergleichen. Das lohnt sich wirklich“, sagt Christof Tietgen. Dabei helfe zum Beispiel die Spritspar-App vom ADAC. Und dann gebe es natürlich generelle Faustregeln wie die, lieber abends als morgens zu tanken und idealerweise nicht an Autobahn-Tankstellen, wo es laut Tietgen „20 bis 30 Prozent teurer“ sein könne als ein Stück weiter im Landesinneren.

Auf die App schauen oder einfach mit dem Rad fahren: Wie Norderstedter Geld sparen

Die ADAC-Spritspar-App nutzt zum Beispiel Björn Koenen aus Norderstedt, den wir etwas später auf der JET-Tankstelle an der Ulzburger Straße treffen. Regionale Unterschiede sind ihm auch schon aufgefallen, wenn er mit seinem Mercedes unterwegs ist. Was er noch tut, um etwas Geld zu sparen? „Ich habe gemerkt, dass man besser nicht vor einem langen Wochenende tankt. Antizyklisch handeln lohnt sich, wie immer!“

Oder man macht es wie Kai Gärtner, den wir ein Stück weiter an der HEM-Tankstelle treffen, wo er gerade seinen Wagen betankt. Er tankt immer hier, weil hier so viel Platz ist, und die Preise interessieren ihn eigentlich nicht so sehr. „Ich tanke so selten, dass es nicht so relevant ist. Ich fahre fast immer Fahrrad.“