Kreis Segeberg. Polizei Schleswig-Holstein warnt: Täter haben es gezielt auf schwule Männer abgesehen. Was man jetzt zur Vorsicht beachten sollte.

Es kann derzeit überall im Land Schleswig-Holstein passieren, auch im Kreis Segeberg, warnt die Landespolizei. Ein schwuler Mann verabredet sich über eine in der Szene bekannte Dating-App zum vermeintlich intimen Treffen mit einem anderen Mann. Als Treffpunkt werden in den frühen Abendstunden abgelegene Gewerbegebiete, Waldstücke oder Schrebergärten vereinbart. Und kaum trifft der Mann dort ein, wird er zum Opfer eines schweren Raubüberfalls.

Oft lauern den Männern mehrere Täter auf. Die Opfer werden geschlagen, getreten und sogar mit einem Messer oder Schlagstock bedroht. Ihnen werden Bargeld und Wertgegenstände abgenommen. Die Landespolizei spricht von diversen Raubüberfällen auf homosexuelle und bisexuelle Männer, in denen derzeit ermittelt werde. Ob und wie viele Taten davon im Kreis Segeberg spielen, ist nicht bekannt. Die Landespolizei hält die Fallbeschreibungen bewusst allgemein, weil in einigen Fällen auch die Gefahr besteht, dass Betroffene identifizierbar werden, die noch kein Coming-out hatten.

Täter machen sich Scham und Angst zunutze

„Die Täter machen sich zunutze, dass Ihre Opfer aus Scham und aus Angst vor einem Outing nicht zur Polizei gehen“, sagt Tim Jänke, bei der Landespolizei Ansprechperson für Menschen der LSBTIQ*-Community. Das Ausmaß der Gewaltanwendung bei den Taten zeige aus Sicht von Jänke, dass bei den Tätern auch der Hass auf schwule und bisexuelle Männer eine Rolle spielt. „Wir haben für Schleswig-Holstein keine Zahlen zu diesem speziellen modus operandi. Nach meiner Erfahrung gibt es aber ein großes Dunkelfeld. Wir wissen zum Beispiel durch den Austausch mit anderen LSBTIQ*-Ansprechstellen auch von Taten, die so oder ähnlich in anderen Bundesländern und sogar europaweit stattfinden.“

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Danny Clausen-Holm aus Norderstedt ist im Vorstand des Lesben- und Schwulenverbandes Schleswig-Holstein aktiv. „Diese Überfälle auf Schwule sind ein bekanntes und ständiges Phänomen. Fälle gibt es immer wieder.“ Die Situation sei prädestiniert für einen Überfall, man gehe ein hohes Risiko ein, wenn man sich an abgelegenen Orten über Dating-Apps verabrede. „Da muss man absolut vorsichtig sein“, rät Clausen-Holm.

Dating-Apps: Wichtige Tipps bei der Verwendung

Die Landespolizei rät alles Nutzern der Dating-App zu einigen wichtigen Grundsätzen im Umgang damit. Dem Date im Internet sollte man niemals persönliche Daten wie Anschrift, Geburtsdatum oder Vermögensverhältnisse preisgeben, das sei für einen Flirt tabu. Vor dem Chatten auf Dating-Plattformen, in den sozialen Netzwerken und in Messengerdiensten sollte man seine Privatsphäre-Einstellungen prüfen.

Verabreden sollte man sich beim ersten Treffen nicht an einem unbekannten Ort, sondern ausschließlich an belebten öffentlichen Treffpunkten wie Restaurants oder Cafés. Wenn man nicht den vollständigen Namen seines Flirts kennt, sollte man Treffen verweigern. Wenn man zum Treffpunkt geht, sollte man einen guten Freund oder eine Freundin über den Ort informieren. Ein Mobiltelefon sollte griff- und empfangsbereit sein.

„Niemand soll sich alleingelassen fühlen“

Die Landespolizei hat ihre Beamtinnen und Beamte durch eine interne Information für diese speziellen Raubtaten sensibilisiert, bei der Aufnahme von Taten soll auch der mögliche Einsatz von Dating Plattformen geprüft werden. Den Opfern soll die Erreichbarkeit der Zentralen Ansprechstelle LSBTIQ* übermittelt und das Einverständnis für eine Kontaktaufnahme eingeholt werden.

„Hier soll sich niemand alleine gelassen fühlen: Wir sind ansprechbar und wir nehmen die Sorgen der Menschen ernst. Ein ganz klares Signal ist, dass die Menschen Vertrauen in ihre Polizei fassen und diese Taten auf jeden Fall anzeigen, auch damit wir weitere Taten verhindern können“, sagt Tim Jänke.