Kreis Segeberg. Beim Bau geschlampt, Kontrolle vernachlässigt: Darum können sich auch auf gut ausgebauten Straßen plötzlich Krater auftun.
Viele Straßen gleichen im Winter mit Karies durchlöcherten Zähnen: Schlagloch reiht sich an Schlagloch. Es gibt Straßen, die sind kaum noch passierbar, aber es gibt auch anscheinend völlig intakte Straßen, auf denen sich plötzlich nahe der Fahrbahnmitte ein Krater auftut. Woran liegt das eigentlich? Das Abendblatt befragte dazu einen Experten, der sich um Prüfungen von Straßen kümmert und dabei auch die Schlaglöcher im Auge hat. Bauingenieur Thomas Lobinger ist einer der beiden Geschäftsführer des Asphalt-Labors in Wahlstedt.
Die Segeberger Chaussee in Norderstedt leidet schon an lange an Asphaltkaries: Sie ist von Schlaglöchern durchsetzt. Auf der ramponierten Wilstedter Straße in Henstedt-Ulzburg werden die Fahrzeuge durchgerüttelt. Ortskundige kennen diese Verkehrshindernisse. Schwerwiegender können kleine Krater sein, die sich auf der vor noch gar nicht allzu langer Zeit grundsanierten Schleswig-Holstein-Straße oder der Kohtla-Järve-Straße auftun. Wer dort hineingerät, kann sich gleich einen Termin in der Autowerkstatt holen.
Schlaglöcher: Bei schlechter Pflege wird es teuer
Thomas Lobach bestätigt, was die meisten ohnehin längst ahnen: „Schlaglöcher entstehen, wenn Straßen nicht gut gepflegt sind.“ Wasser, das durch Risse oder Löcher in den Asphalt eindringt, erzeugt bei Frost eine Sprengwirkung. Das ist keine überraschende Aussage. Wer die Fahrbahnen beobachtet, kennt diese Erscheinungen zur Genüge. Dann entstehen nicht nur Löcher in der Fahrbahn, sondern wegen der fälligen Sanierung auch Löcher im Stadt- oder Gemeindehaushalt.
Ein Vergleich mit den Zähnen ist nicht abwegig: Wer sie schlecht pflegt oder den regelmäßigen Kontrollgang zum Zahnarzt scheut, läuft Gefahr, bei einer Grundsanierung viel Geld zu verlieren. So ist es auch mit der Straßenpflege: Wird eine Sanierung verschoben, entlastet das den Haushalt kurzfristig, mittel- oder langfristig jedoch wird die Belastung dadurch größer.
Der Straßenbelag muss etwa alle zwölf Jahre erneuert werden, Flüsterasphalt häufiger
Seit 1969 beschäftigt sich das Asphalt-Labor in Wahlstedt mit der Qualität von Straßenbelägen. Es wird eingeschaltet, wenn es um Sanierungen, vor allem aber auch wenn es um Straßenneubau geht. Das Labor prüft, ob alle Auflagen erfüllt sind und sach- und fachgerecht gebaut wurde. Wenn eine Sanierung ansteht, erstellt Thomas Lobach mit seinem Team ein komplettes Konzept und berücksichtigt dabei die Beschaffenheit einer Straße bis hinein in die tiefen Schichten.
Wichtig ist diese Feststellung: Wird irgendwo eine Straße gebaut oder völlig erneuert, ist das keine Investition, mit generationsübergreifender Wirkung. Die obere Asphaltschicht einer Straße hält etwa zwölf Jahre, manchmal länger, manchmal auch kürzer. Wenn zum Beispiel offenporiger Asphalt, sogenannter „Flüsterasphalt“, verbaut wurde – wie auf der A 7 in Höhe Henstedt-Ulzburg – muss nach Angaben von Thomas Lobach häufig auch früher über eine Erneuerung der Decke nachgedacht werden. Damit ist auch erklärt, warum dieser Asphalt nicht weit häufiger als bisher verwendet wird.
Warum entstehen Schlaglöcher auf neueren und intakten Straßen?
Zweimal könne die Asphaltdeckschicht einer Straße abgetragen und erneuert werden. Die unteren Schichten halten länger, aber auch nicht ewig. 25 Jahre die Mittelschicht (Asphaltbinderschicht), 50 Jahre die unteren Asphalttragschichten, so die Faustregel. Bei Autobahnen können diese Schichten bis zu 40 Zentimeter dick sein, bei Wohnstraßen etwa 14 Zentimeter. „Irgendwann muss jede Straße ganz neu gemacht werden, da ansonsten Risse von den gealterten, unteren Asphalttragschichten nach oben durchschlagen können“, sagt Thomas Lobach.
Warum kommt es auf Straßen, die anscheinend noch völlig intakt sind, plötzlich zu Schlaglöchern größeren Ausmaßes? Diese Frage beschäftigt alle Autofahrerinnen und -fahrer, die mit diesem Phänomen konfrontiert werden. Laut Thomas Lobach liegt das häufig an kleinen Schadstellen. „Wenn in die Schadstellen Wasser eindringt, entsteht durch häufiges Überfahren eine Pumpwirkung, die die Feuchtigkeit unter der Straße verteilt“, sagt der Asphalt-Experte. „Durch den Druck entsteht eine Pumpwirkung.“ Bei Frost komme es dann durch die Volumenzunahme zu einer Sprengwirkung.
Beim Autobahnbau kommt teilweise auch Beton zum Einsatz
Häufig sei das im Bereich der Mittelnaht zu beobachten, wenn diese nicht fachgerecht ausgeführt wurde. Generell schädige der häufige Wechsel zwischen Frost und Tauwetter die Straße – zumindest dann, wenn eine Straße nicht gut gepflegt werde. „Das ist wie bei Zähnen: Wenn die nicht gepflegt werden, entsteht Karies.“ Auftretende Löcher sollten also schnell wieder zugemacht werden, im Winter vorzugsweise mit Kaltasphalt, der auch bei Feuchtigkeit benutzt werden könne.
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Seit den 1970er-Jahren wird als Straßenbelag kein Teer mehr verwendet, sondern Bitumen als Bindemittel für Asphalt. Teer ist ein Kohleprodukt und gilt als krebserregend, Bitumen wird aus Erdöl gewonnen. Warum aber setzen die Straßenbauer nicht mehr auf Beton, wie in den 30er- und 40er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als beim Straßenbau auch an rollende Panzer gedacht wurde.
In Ländern mit starkem Frost wird weicheres Bitumen verwendet
Thomas Lobach weist darauf hin, dass Beton beim Bau von Autobahnen auch heute noch eine Rolle spiele. Aber auch hier müsse die Fahrbahn gepflegt werden, insbesondere die Fugen, damit kein Wasser eindringen und unter die Betonplatten laufen könne. Es bestehe die Gefahr, dass die Platten an Festigkeit verlieren und wackelig werden könnten.
Wie funktioniert eigentlich der Straßenbau in Ländern mit permanentem Frost? Nach den Erkenntnissen von Thomas Lobach wird dort weicheres Bitumen verwendet, weil dieser Belag in jenen Ländern auch in den Sommermonaten nicht so heiß wird, dass er anfällig für Verformungen ist. könnte. Im Winter sei dieser Straßenbelag widerstandsfähiger.