Henstedt-Ulzburg. Katastrophaler Zustand der Straße gefährdet Sicherheit. Warum die Finanzierung des Straßenausbaus plötzlich nicht mehr gesichert ist.
Eine unendliche Geschichte: Seit 13 Jahren soll die Wilstedter Straße in Henstedt-Rhen, auf der sich Schlagloch an Schlagloch reiht, ausgebaut werden. Von Jahr zu Jahr wurden Autofahrer und Anlieger vertröstet – und auch jetzt kommt keine positive Meldung aus dem Rathaus und vom Wege-Zweckverband (WZV): Es könnte auch in diesem Jahr nichts mit dem Ausbau werden. Außerdem steht die Finanzierung auf wackeligen Füßen. Was ist da los?
Im März 2023 wurden schon mal die größeren Straßenbäume abgesägt, um die Voraussetzungen für einen Ausbau zu schaffen. Auch das war eine Maßnahme, die mit erheblicher Verzögerung über die Bühne ging: Die entsprechenden Bäume waren schon drei Jahre vorher farblich markiert worden. Im Oktober vergangenen Jahres sollte es losgehen mit dem Ausbau. Aber nichts geschah.
Wilstedter Straße: Anlieger wurden von Jahr zu Jahr vertröstet
Nächste Ansage: Im ersten Quartal 2024 geht es tatsächlich los. Das kündigte der Wege-Zweckverband an. Aber auch das wird nicht geschehen. Möglicherweise rückt in diesem Jahr überhaupt kein Bagger an, um mit dem Bau zu beginnen. So aberwitzig es auch klingen mag: Die Finanzierung ist nicht mehr gesichert. Der Grund dafür gehört eigentlich in das Kuriositätenfach des Rathauses und müsste allen Verantwortlichen die Schamesröte ins Gesicht treiben.
Weil im Jahre 2023 nicht mit dem Ausbau der Wilstedter Straße begonnen wurde, ist zurzeit unklar, ob die in Aussicht gestellten Fördermittel überhaupt noch zur Verfügung stehen. Denn deren Zusage war an einen schnellen Beginn der Arbeiten geknüpft. Nämlich zwischen Januar und Dezember 2023. Ein Schelmenstreich zulasten der Bürger?
Gibt es keine Zuschüsse, weil die zeitlichen Fristen nicht eingehalten wurden?
Das kann Henstedt-Ulzburgs Bürgermeisterin Ulrike Schmidt nicht ganz vom Tisch wischen. „Derzeit werden noch grundlegende Dinge geprüft, beispielsweise ob die bereits in Aussicht gestellten Fördermittel auch weiterhin zur Verfügung stehen“, sagt die Verwaltungschefin. WZV-Verbandsvorsteher Peter Axmann fügt hinzu: „Wenn alle Punkte von allen Beteiligten schnellstmöglich geklärt werden können, kann der WZV als Straßenbaulastträger zeitnah ausschreiben. Dann könnte die Baumaßnahme im Laufe diesen Jahres beginnen.“
Auf eine schnelle Klärung warten die Anlieger aber schon seit Jahren. Wie schnell im Rathaus und beim WZV tatsächlich gearbeitet wird, zeigt die Antwort einer Anfrage des Abendblatts beim WZV und im Rathaus Henstedt-Ulzburg:: Eine Woche haben Ulrike Schmidt und Peter Axmann gebraucht, um sich auf eine gemeinsame Erklärung zu einigen. Erst auf dringliche Nachfrage kam es überhaupt zu einer Antwort.
Gemeinde und WZV konnte sich nicht über Zuständigkeiten einigen
Der Ausbau verzögert sich, weil Gemeinde und WZV sich nicht einigen konnten. „Auch Grundstücksangelegenheiten sowie abweichende Auffassungen von der Gemeinde und dem WZV darüber, in welchen Zuständigkeitsbereich welche Aufgaben fallen, haben in der Vergangenheit für Verzögerungen gesorgt“, gibt Bürgermeisterin Schmidt zu. Sie relativiert ihre Aussage aber gleich wieder: „Wir arbeiten daran und sind nun auf einem guten Weg, um diese Differenzen zu klären. Wir stehen in einem regen Austausch, um den Ausbau der Wilstedter Straße gemeinsam mit dem WZV in einer guten Zusammenarbeit voranzutreiben.“
Die tiefen Schlaglöcher auf der mittlerweile abschnittsweise fast unpassierbaren Straße sollen erst einmal ausgebessert werden, um größere Fahrzeugschäden zu vermeiden. Sollte es doch zu Schäden kommen, so muss der WZV dafür geradestehen und Schadensersatzansprüchen nachkommen. Denn der ist als Straßenbaulastträger für die Verkehrssicherungspflicht zuständig. Anlieger wissen mittlerweile, dass es risikoreich sein kann, diese Straße zu befahren. Ortsfremde Besucher der Paracelsus-Klinik hingegen könnten unangenehme Überraschungen erleben.
Tiefe Schlaglöcher werde bei Bedarf täglich ausgebessert
Verbandsvorsteher Peter Axmann weiß das und schickt seine Mitarbeiter regelmäßig nach Henstedt-Rhen, um zu kontrollieren und auszubessern. „Neben der üblichen Streckenkontrolle ist auf dieser Straße in den Wintermonaten eine teilweise tägliche Streckenkontrolle angesetzt und bei Bedarf auch eine tägliche Ausbesserung von Schlaglöchern nötig“, sagt der WZV-Chef.
Das ist der grobe Ablaufplan: Zunächst die Ausschreibung, dann die Auftragsvergabe und die verkehrstechnische Abstimmung. Erfahrungsgemäß lassen sich all diese Dinge nicht in wenigen Wochen regeln, sodass es mehr als fraglich ist, ob es in diesem Jahr noch zu einem Baubeginn kommt – abgesehen von der ungeklärten Frage, ob es Zuschüsse gibt.
Tempo 30 könnte erst nach Jahren wieder angeordnet werden
So wird die Wilstedter Straße eines Tages aussehen: Die Straße soll eine Fahrbahnbreite von sechs Metern bekommen, in Richtung Westen einen Fahrradschutzstreifen, in die Gegenrichtung einen kombinierter Geh- und Radweg, künftig soll Tempo 50 gelten. Die Aufhebung der Tempo-30-Zonen hat vor allem bei den Anliegern für Kritik gesorgt. Aber Gemeinde und WZV habe keine andere Wahl: Millionenzuschüsse gibt es nur, wenn Tempo 30 ausgewiesen wird.
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Allerdings sehen Kommunalpolitiker auch ein Schlupfloch: Nach Abschluss und Abrechnung der Maßnahme könnte wieder Tempo 30 beantragt werden. Es dauert in der Regel jedoch Jahre, bis eine Straßenbaumaßnahme endgültig abgerechnet ist.
In der zwei bis zweieinhalbjährigen Bauzeit ist kein Durchgangsverkehr möglich
Zwei bis zweieinhalb Jahre Bauzeit planen Gemeinde und WZV ein, wobei aber nur der jeweils im Bau befindliche Straßenabschnitt nicht befahrbar sein wird. Durchgangsverkehr werde, das kündigt Verbandsvorsteher Axmann an, in dieser Zeit nicht möglich sein.
Die Politik hatte die Sanierung und den Ausbau der Straße im März 2023 beschlossen. Der Wege-Zweckverband übernimmt als Baulastträger nur einen Teil der Kosten von insgesamt 4,9 Millionen Euro. Das meiste zahlt Henstedt-Ulzburg (ungefähr 3,2 Millionen Euro), kann aber nach Abschluss des Projektes bis zu 60 Prozent an Zuschüssen erhalten.