Henstedt-Ulzburg. Das Schicksal der 1877 erbauten Götzberger Windmühle ungewiss. Wie die Gemeinde das historische Wahrzeichen retten könnte.
Das große Mühlensterben seit Einführung der industriell arbeitenden Großmühlen ist ihr erspart geblieben. Aber jetzt steht das Schicksal der Götzberger Windmühle auf der Kippe: Der Eigentümer möchte die Mühle verkaufen. Die Gemeinde Henstedt-Ulzburg hat zwar Interesse am Erhalt des historischen und unter Denkmalsschutz stehenden Gebäudes, aber noch ist keine Entscheidung über einen Ankauf getroffen. Dabei macht eine Idee die Runde: In der Mühle könnte ein Trauzimmer eingerichtet werden.
Die 1877 erbaute Mühle ist nicht nur ein Schmuckstück in der Gemeinde, sie ist mittlerweile auch zum Wahrzeichen Henstedt-Ulzburgs geworden. Ob dieses Wahrzeichen in der jetzigen Form erhalten bleibt, steht noch in den Sternen. Tatsache ist: Der Unterhalt für dieses Gebäude ist kostspielig. Der 2004 gegründete Verein Götzberger Windmühle sammelt unentwegt Spenden, die für Restaurierungsarbeiten verwendet werden.
Götzberger Windmühle: Aus dem verfallenen Gebäude wurde ein Juwel
Damals gab ein großer Sturmschaden den Anstoß für die Gründung des Mühlenvereins durch Wolfgang Sievers. Die Familie Schlüter, die als Eigentümerin des Gebäudes einen Mühlenladen betreibt, war finanziell nicht in der Lage, die kostspielige Reparatur zu tragen. Der Verein sprang ein und kümmerte sich darum. Aus der schon fast verfallenen Mühle wurde im Laufe der Jahre ein kleines Juwel, für das sich immer mehr Menschen interessierten.
„Die Hoffnung besteht, dass sie noch viele Jahre als lebendiges Kulturgut erhalten bleibt, denn sie ist die letzte funktionsfähige Windmühle im Kreis Segeberg“, heißt es in der Chronik des Mühlenvereins. Dieser Satz bekommt jetzt ein doppeltes Gewicht. Familie Schlüter möchte die Mühle loswerden. Was aber passiert bei einem Besitzerwechsel mit einem Gebäude, das heute ein anerkannter außerschulischer Lernort und alljährlicher Treffpunkt bei Veranstaltungen ist?
Der Mühlenverein hat einen Nutzungsvertrag, der bis 2036 läuft
Bis jetzt weiß noch niemand eine Antwort darauf. Der Mühlenverein ist immerhin froh, dass Eigentümer Klaus Schlüter das Gebäude keiner Immobilienagentur und keinem Makler übergeben hat, sondern zunächst auf die Gemeinde Henstedt-Ulzburg zugekommen ist und es im Rathaus zum Kauf angeboten hat. Klaus Schlüter selbst möchte zurzeit noch nicht über die Angelegenheit öffentlich reden und gibt keine Stellungnahme gegenüber dem Hamburger Abendblatt.
„Niemand kann gezwungen werden, ein Denkmal zu erhalten“, sagt Wolfgang Sievers, der 2004 den Mühlenverein ins Leben rief. Der Verein, der heute von Henry Petersen geführt wird, hat mit Klaus Schlüter einen Nutzungsvertrag abgeschlossen, der noch bis 2036 gültig ist.
Historische Gebäude fielen in Henstedt-Ulzburg oft der Abrissbirne zum Opfer
Auch bei der Gemeinde selbst wird Zurückhaltung geübt. Es ist kein Geheimnis, dass es in der Vergangenheit selten bis nie gelungen ist, historisch wertvolle Gebäude in Henstedt-Ulzburg zu erhalten. Von der Verwaltung und auch von den politischen Gremien wurde oft zu zögerlich agiert. Zuletzt musste die alte Schmiede gegenüber vom Wöddelteich im Ortsteil Henstedt für einen Neubau weichen. In diesem Falle könnte es anders laufen: In der Politik herrscht Einigkeit darüber, dass dieses Gebäude erhalten werden muss.
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Allerdings müsste erheblich investiert werden, damit es genutzt werden kann. Neben dem Kaufpreis müsste der Bau eines Trauzimmers, der Bau von Sanitäreinrichtungen und der Anschluss an die Kanalisation in die Berechnungen einfließen. Vorhanden ist ein Stromanschluss, sonst nichts.
Auf dem freien Markt sind Gebäude dieser Art begehrt
Hinzu kämen Verhandlungen mit der Denkmalschutzbehörde, die es Erwerbern von historischen Gebäuden in der Regel nicht leicht macht, bauliche Veränderungen vorzunehmen. Zumindest im Außenbereich ist es fast unmöglich, eigene Akzente zu setzen. Immerhin soll demnächst im Haupt- und Finanzausschuss der Gemeinde über das Kostenthema gesprochen werden.
Sollte Klaus Schlüter mit der Gemeinde Henstedt-Ulzburg nicht einig werden, so könnte er das Mühlengebäude auf dem freien Markt veräußern. Dann wäre es vermutlich kein Problem, neue Eigentümer zu finden. Denn Gebäude dieser Art sind begehrt. Ein Blick in die Internetportale zeigt, wie hoch Mühlen gehandelt werden: Die Preise für restaurierte und sanierte Gebäude beginnen bei etwa 500.000 Euro und reichen bis weit über die Millionengrenze. Im Landkreis Oldenburg wird aktuell eine Mühle angeboten, die von der Bausubstanz her der Götzberger Mühle gleicht – der Preis: 80.000 Euro.
2004 bricht ein Flügel ab, seit 2008 drehen sich die Flügel wieder im Wind
Die Götzberger Mühle dürfte auf dem Markt aufgrund ihrer Lage am Hang einer Endmoräne teurer sein. Wer sich dort niederlässt, kann bei gutem Wetter einen Ausblick bis hin zum Hamburger Fernsehturm genießen. Jetzt liegt es in der Hand der Gemeindepolitik, eine Lösung für den Erhalt des Mühlengebäudes zu finden, ohne die Gemeindefinanzen zu stark zu belasten.
Zur Historie dieses Gebäudes: 1877 wird die Götzberger Windmühle vom Wakendorfer Zimmermann Hans Heinrich Möller auf der höchsten Erhebung in dieser Gegend gebaut. 1879 erwirbt Marx Schlüter die Mühle, die er 1895 umbaut: Er trägt den Erdwall um die Mühle herum ab und ersetzt ihn durch ein erstes Gebäude mit begehbarem Flachdach als Unterbau. Seit 2001 ist Urenkel Klaus Schlüter Eigentümer der Mühle.
Im März 2004 bricht bei einem Sturm ein Flügel ab. Familie Schlüter entscheidet sich, ihre Windmühle zu erhalten, was jedoch mit untragbar hohen Kosten verbunden war. Daher wird der Götzberger Mühlenverein mit dem Ziel gegründet, die Mühle zu restaurieren und zu erhalten. 2008 drehen sich nach vierjähriger Renovierungszeit wieder die Flügel im Wind. Danach folgen weitere Reparaturen, die der Verein mit Hilfe von Spenden finanzieren kann.