Norderstedt. Diebstahl und Gewalt – Polizei Norderstedt spricht von anhaltend hoher Kriminalität. Wie die Situation schnell entschärft werden soll.
Nach einer Reihe von Überfällen und willkürlichen Angriffen rund um das Herold-Center sowie die Busbahnhöfe in Garstedt und Norderstedt-Mitte fühlen sich viele Norderstedter und Norderstedterinnen nicht mehrsicher. Immer wieder Taschen-, Laden- oder Fahrraddiebstähle, aber auch Gewaltdelikte – im Vergleich zum übrigen Stadtgebiet sind die beiden städtischen Zentren und die angrenzenden Straßenzüge überproportional von Kriminalität betroffen.
Die Gefahr ist erkannt: Die Polizei spricht von einem „anhaltend hohen Kriminalitätsniveau“ und hat die Kontrollen verstärkt, die Beamten laufen vermehrt Streife. Auch Politik und Verwaltung sind sich einig darüber, wie die Brennpunkte entschärft und das Sicherheitsempfinden der Bürger gestärkt werden kann. Kameras sollen die Bereiche überwachen, ein Sicherheitsdienst soll dort regelmäßig patrouillieren.
Streit verzögert Installation von Kameras und Sicherheitsdienst
Aber: Der Plan, schon vor Monaten präsentiert, bleibt bisher Theorie. Ursache ist ein Streit zwischen Norderstedts Politikern und der scheidenden Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder. Es dürfte eine der letzten Auseinandersetzungen in ihrer Amtsperiode sein, in der das Tischtuch zwischen ihr und den Politikern schon lange zerschnitten ist. Die Politik wirft der Verwaltungschefin mangelnde Kooperation und Information vor.
Was war passiert? Der Hauptausschuss, also die ehrenamtlichen Politiker und Politikerinnen, beschlossen am 9. Oktober mehrheitlich, dass bis zum 31. Oktober Kameras aufgehängt und ein Sicherheitsdienst beauftragt werden sollen. Die Oberbürgermeisterin widersprach dem Beschluss: Die Politik sei dafür nicht zuständig, die Gefahrenabwehr in Schleswig-Holstein sei ausschließlich Aufgabe von Polizei und Ordnungsämtern und damit der Verwaltungsleitung. Daher müsse der Hauptausschuss den Beschluss zurücknehmen.
Politik macht Druck, Maßnahmen zur Gefahrenabwehr sollen schnell greifen
Doch die Politik lehnte diese Forderung ab, verwies auf einen formalen Fehler: „Die Oberbürgermeisterin hat ihren Widerspruch nicht dem Vorsitzenden des Hauptausschusses, sondern der Privatperson Peter Holle zustellen lassen“, sagt CDU-Fraktionschef Gunnar Becker. Auch eine Mehrheit in der Stadtvertretung als nächst höhere Instanz verweigerte Roeders Widerspruch die Zustimmung, „obwohl sie in der Sache recht hat, und wir als Politiker Maßnahmen der Gefahrenabwehr nicht beschließen können“, sagt Becker.
Aber der Hauptausschuss müsse das Geld für die Installation der Überwachungskameras und den Sicherheitsdienst bewilligen. Und das müsse jetzt schnell gehen, damit die Mittel noch in den Haushalt 2024/2025 eingestellt werden können. Der Etat werde wohl im Februar verabschiedet. Um Druck zu machen, haben CDU und die Wählergemeinschaft Wir in Norderstedt/Freie Wähler (WiN-FW) einen Antrag für die nächste Sitzung des Hauptausschusses am Montag, 15. Januar, (18.15 Uhr, Rathaus) formuliert.
Sicherheitsleute mit Hund sollen an den Brennpunkten regelmäßig Streife gehen
Die Antragsteller sehen „aufgrund der erhöhten offensichtlichen Gefahrenlage an den neuralgischen Punkten dringenden Handlungsbedarf“. Daher soll die Verwaltung bis zum 15. Februar ermitteln, was das Aufhängen von Kameras und das Einsetzen eines Sicherheitsdienstes kosten wird, und wie die Maßnahmen realisiert werden können.
Ein privater Sicherheitsdienst soll mit einer Doppelstreife mit Hund freitags und sonnabends sowie an einem weiteren variablen Wochentag in den späten Abendstunden in den Gefahrenbereichen unterwegs sein und mögliche Gewalttäter abschrecken. CDU und WiN-FW verweisen in ihrem Antrag auf die Erfolge, die der Einsatz eines externen Sicherheitsdienstes in den Jahren 2010/2011 rund um den ZOB Norderstedt-Mitte gebracht habe.
Bei einer Straftat darf Sicherheitsdienst den Täter dingfest machen
„Schon damals hat die Verkehrsgesellschaft Norderstedt als Eigentümerin des Bahnhofs in Norderstedt-Mitte und des darüberliegenden Busbahnhofs die Hälfte der Kosten übernommen“, sagt Becker – ein Finanzierungsmodell, das auch jetzt wieder zum Einsatz kommen könne.
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Der Sicherheitsdienst verfüge über keinerlei hoheitliche Befugnisse, die Mitarbeiter könnten aber bei Bedarf das Hausrecht für die Verkehrsgesellschaft ausüben. Darüber hinaus seien die Befugnisse auf die „Jedermannsrechte“ beschränkt. Wenn die Sicherheitsleute eine Straftat beobachten, dürften sie den Straftäter dingfest machen und müssten dann sofort die Polizei alarmieren. Zudem fungierten die Kräfte im späteren Verfahren als Zeugen, wenn Ordnungswidrigkeiten festgestellt wurden.
„Hätte es einen Dialog gegeben, hätte dieser Streit vermieden werden können“
Becker geht davon aus, dass der Antrag eine Mehrheit findet, zumal die neue Oberbürgermeisterin Katrin Schmieder als eine ihrer ersten Amtshandlungen im Hauptausschuss sein wird. „Und sie hatte ja in ihrem Wahlkampf die Sicherheit zum Thema gemacht“, sagt Becker.
Der Rechtsstreit zwischen Verwaltungsleitung und Politik werde noch im Februar beendet sein, denn: Nun habe Roeder ihren Widerspruch an die Stadtpräsidentin als Chefin der Stadtvertretung geschickt und damit an die richtige Adresse. Daher würden die Politiker dem berechtigten Widerspruch der Verwaltungschefin wohl zustimmen. „Wenn es von vornherein einen Dialog gegeben hätte, hätte diese Auseinandersetzung nicht nötig getan“, sagt der CDU-Fraktionschef.