Kiel/Kreis Segeberg. Diebesbande verschob Kleintransporter nach Osteuropa – betroffen waren auch Autohäuser in Norderstedt, Henstedt-Ulzburg und Segeberg
Im Prozess gegen zwei Mitglieder einer polnischen Autoschieberbande, die auch im Kreis Segeberg aktiv war, hat das Kieler Landgericht die Angeklagten zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt.
Wie eine Justizsprecherin auf Nachfrage mitteilte, verhängte die Strafkammer dreieinhalb Jahre gegen einen 57-jährigen sowie zwei Jahre und neun Monate gegen einen 46-jährigen polnischen Staatsbürger.
Die Hälfte der Tatvorwürfe wurde eingestellt – Gesamtschaden 288.000 Euro
Die Verurteilung wegen schweren Bandendiebstahls entspricht einer Verständigung, auf die sich die Prozessbeteiligten zur Verkürzung des Verfahrens geeinigt hatten. Als Gegenleistung für die Zusage von Strafobergrenzen legten die seit Mai in U-Haft sitzenden Angeklagten in vier beziehungsweise drei Fällen Geständnisse ab. So sparte sich das Gericht eine zeitaufwändige Beweisaufnahme.
Wie berichtet, hatte die Staatsanwaltschaft den polnischen Staatsbürgern ursprünglich vorgeworfen, zwischen Juli 2022 und Mai 2023 als Mitglieder einer mindestens sechsköpfigen Autoschieberbande 14 Kastenwägen gestohlen und in ihre Heimat verschafft zu haben. Der Gesamtwert der Kleintransporter betrug rund 288 000 Euro. Im Prozess wurde die Hälfte der Tatvorwürfe eingestellt.
Autodiebe steuerten Tatorte auch im Kreis Segeberg an
Zu den Tatorten, die die Diebe von Polen aus ansteuerten, gehören auch vier Autohäuser und Kfz-Werkstätten in Norderstedt, Henstedt-Ulzburg und Bad Segeberg.
Weitere Tatorte verteilen sich auf ganz Schleswig-Holstein. Betroffen waren Rendsburg, Neumünster sowie die Kreise Schleswig-Flensburg, Dithmarschen und Kreisherzogtum Lauenburg.
Auf frischer Tat festgenommen: Gestohlener Transporter landete im Graben
Auf frischer Tat geschnappt wurden die Angeklagten, als sie am 11. Mai in Dörpen (Niedersachsen) an der niederländischen Grenze zwei weitere Kleintransporter stehlen wollten. Um sie aus dem abgesperrten Gelände zu holen, demontierten sie einen Eisenzaun und legten ihn als Rampe über einen Graben.
Das erste Fahrzeug konnten die Täter auf diese Weise vom Hof fahren. Doch der zweite Kleintransporter, ein Fiat Talento (Wert: 23.500 Euro), landete im Graben, die provisorische Brücke brach ein, die Angeklagten blieben im morastigen Boden stecken. Seit ihrer Festnahme ermitteln die Strafverfolger auch gegen vier mutmaßliche Komplizen, von denen zwei bisher unbekannt sind.
Henstedt-Ulzburg: Eingebaute GPS-Sender führen Ermittler zu den Autodieben
Der Einbau versteckter GPS-Sender erleichterte den Ermittlern die Verfolgung der Autoschieber. Nachdem bestohlene Kfz-Besitzer in Henstedt-Ulzburg und Hamburg sofort Anzeige erstattet hatten, konnten Polizeibeamte während des laufenden Kieler Prozesses im November mehrere GPS-gesicherte Fahrzeuge auf dem Weg nach Berlin stoppen und die Diebe festnehmen. Auch sie stammen aus Polen.
Die Täter hatten die Fahrzeuge zur Tarnung teilweise mit Kennzeichen-Doubletten baugleicher, aber nicht gestohlen gemeldeter Kfz ausgerüstet.
Kriminalstatistik: Zahl der Autodiebstähle steigt wieder an
Ende Oktober vermeldete die Polizei einen weiteren Schlag gegen internationale Autoschieber: Polnische Fahnder nahmen neun Landsleute fest. Die Bande soll in Deutschland rund 100 hochwertige Fahrzeuge (Gesamtwert rund 1,3 Millionen Euro) gestohlen und sofort über die Grenze gebracht haben.
Bis zum Jahr 2021 war die Zahl der Autodiebstähle nach Behördenangaben bundesweit fünf Jahre lang rückläufig gewesen. Doch im vergangenen Jahr 2022 stieg sie laut Kriminalstatistik nach dem Tiefststand von 722 Fällen in Schleswig-Holstein (2021) wieder auf 752 an. Nach Angaben der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) waren in Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr nur 475 gestohlene Pkw kaskoversichert.
Der daraus folgende wirtschaftliche Schaden stieg demnach um rund 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf über 8,8 Millionen Euro an. Nicht nur die Zahl, auch der Wert der gestohlenen Autos habe sich spürbar erhöht, heißt es zur Begründung.
Versicherungen zahlen im Schnitt 18.500 Euro für ein gestohlenes Auto
Im Schnitt zahlten die Versicherer für jeden Autodiebstahl in Schleswig-Holstein rund 18.500 Euro. Im Vorjahr 2021 seien es noch 17.000 Euro gewesen. Laut GDV kommen im Norden auf 10.000 kaskoversicherte Fahrzeuge drei Diebstähle.
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Mit dieser Quote liege man genau im Bundesdurchschnitt. Bei der jetzt verhandelten Diebstahlserie lag der Wert der Fahrzeuge im Schnitt bei rund 20.500 Euro.