Norderstedt. Bußgelder von der Müllpolizei und Zugang zum Altpapiercontainer nur mit Chipkarte: Wie Norderstedt für Sauberkeit sorgen will.
Michael Schick
Mit einem Bündel von Maßnahmen will die Stadt dagegen vorgehen, dass die Wertstoffcontainer in Norderstedt immer mehr zu Müllhalden werden – ein Dauerthema für Verwaltung und Politik. Gedacht ist daran, die Standorte einzuzäunen, der Zugang soll nur über eine Chipkarte möglich sein, und zwar nur für Norderstedter und Norderstedterinnen. Außerdem sollen Videokameras die Plätze mit den Sammelcontainern für Altglas, Alttextilien, kleine Elektrogeräte sowie für Papier und Pappe überwachen, so weit der Datenschutz das zulässt.
Diese und weitere Aktivitäten gegen das zunehmende „Littering“ (Vermüllung) will die Stadt im Umweltausschuss präsentieren (öffentliche Sitzung, Mi., 6.12., 18.30 Uhr, Rathaus). Klar ist auch: Die Wertstoffinseln sollen bleiben. Damit hält Norderstedt an einem System fest, das der für die Müllabfuhr zuständige Wege-Zweckverband (WZV) im restlichen Kreisgebiet abgeschafft hat, indem er sich zu Jahresbeginn 2019 von den Papiersammelcontainern verabschiedet und es den Städten und Gemeinden freigestellt hat, auf eigene Kosten die Sammelbehälter weiterzubetreiben. Zu viel Dreck auf den Plätzen, zu wenig Erlös aus dem Verkauf des Altpapiers, lauteten die Argumente des WZV
Die Wertstoffinseln sollen bleiben, 24 Standorte gibt es in Norderstedt
Die Stadt antwortet mit dem Bekenntnis zu den Wertstoffinseln auch auf eine der Fragen, die die Norderstedter SPD zur Vermüllung der Sammelstandorte gestellt hatte. 24 gibt es stadtweit. Nicht überall können die Bürger alles entsorgen, so gibt es beispielsweise an der Glasmoorstraße, auf dem Parkplatz bei Edeka am Rugenbarg, an der Tarpenbekstraße/Ecke Bekwisch, auf dem Parkplatz von „Der Durstberater“ am Langenharmer Weg und auf dem Parkplatz vom Famila-Getränkemarkt nur je zwei bzw. vier Glassammler.
Der mit Abstand größte Sammelplatz ist der an der Falkenbergstraße mit 18 Papier-, 12 Glas- und sieben Containern für Altglas sowie einem für Elektro-Kleingeräte. Dieser Standort zählt zusammen mit dem zweitgrößten an der Harckesheyde und dem am Hummelsbütteler Steindamm zu den Hot Spots, wo die Nutzer am meisten Müll neben die Container stellen. Und diese wilden Anlagerungen wachsen deutlich, nicht nur in Norderstedt, auch bundesweit.
Bürger sind zu faul oder gleichgültig und verstoßen deswegen gegen die Müllregeln
Gleichgültigkeit, Faulheit, Desinteresse und mangelnde Erziehung nennen unterschiedliche Studien als Gründe. Dass die Bürger ihren Abfall an den Wertstoffplätzen abladen, liege aber auch daran, dass es zu wenige, nicht ansprechende und schlecht platzierte öffentliche Papierkörbe in den Städten und Gemeinden gebe.
Neben den Containern finden sich laut städtischer Erkenntnis nicht nur Pappe und leere Flaschen, sondern auch Möbel oder Grillstationen und jede Menge blaue Säcke mit Restmüll und Renovierungsabfällen bis hin zu Sonderabfällen wie Altöl oder Kanister mit ätzenden Flüssigkeiten. „Wir haben die begründete Vermutung, dass die Ablagerung von Abfällen aller Art auf den Wertstoffinseln im vollen Bewusstsein erfolgt. Für diese These spricht, dass über 90 Prozent der eingeleiteten Ordnungswidrigkeiten-Verfahren ohne Widerspruch gezahlt werden“, heißt es im Papier der Stadt für die Ausschusssitzung.
Müllsünder Norderstedt – bis zu 2200 Euro Strafe gezahlt
Seit Januar 2020 habe der Fachbereich Allgemeine Ordnungsaufgaben für das gesamte Stadtgebiet mehr als 2000 Bußgeldverfahren wegen illegaler Müllentsorgung geführt. Wer erwischt oder ermittelt wird, muss mit einem Bußgeld von 50 bis 500 Euro rechnen. In einem Einzelfall wurde sogar eine Bußgeldsumme von 2200 Euro festgesetzt.
Es komme auch vor, dass an einigen Standorten Elektro-Altgeräte und Alttextilien gestohlen werden. Da seien offenbar Banden am Werk. „In diesem Jahr sind bis Oktober 19 Anzeigen allein wegen Beraubungen von Alttextilcontainern verfolgt worden“, hat die Stadt ermittelt. Es komme auch immer wieder vor, dass die Sammelbehälter beschmiert und in Brand gesetzt werden. Allein, um die wilden Ablagerungen zu beseitigen, müsse die Stadt pro Jahr 165.000 Euro investieren.
Über die Norderstedter Abfall-App können die Füllstände der Sammelcontainer abrufen
Für den Kampf gegen die Vermüllung an den Wertstoffinseln hat die Stadt ein Konzept entwickelt, das sie ebenfalls im Umweltausschuss präsentieren will. Zum einen setzt sie auf Aufklärung und Information. So müsse stärker bekannt gemacht werden, dass die Norderstedter über die Abfall-App auch die Füllstände der Sammelcontainer abfragen.
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Das spare unnötige Wege, reduziert die Kosten und den Aufwand für die Beseitigung der illegalen Müllablagerungen und trage zu einer sauberen Stadt bei, hatte Martin Sandhof, Leiter des städtischen Betriebsamtes, in einer ersten positiven Bilanz der Füllstandssensoren gesagt.
Müllpolizei soll Müllsünder an den Wertstoffinseln ertappen
Weiter schlägt die Stadt vor, eine „Müllpolizei“ einzurichten, die die Wertstoffinseln regelmäßig überwacht und Müllsünder ertappt. Die großen Standorte sollen verkleinert, im Umfeld weitere Sammelbehälter aufgestellt werden. Dabei sei darauf zu achten, dass die Licht- und Sichtverhältnisse eine „soziale Kontrolle“ durch Anlieger oder Passanten erlauben. Potenzielle Müllsünder sollen sich nicht zu sicher und beobachtet fühlen. Dafür würde auch eine Verlagerung der Wertstoffinseln von den Hauptstraßen und Gewerbegebieten in die Wohngebiete sorgen. Das Betriebsamt will auch die Leerung der Container flexibler gestalten und am Bedarf orientieren, also auch mal sonnabends leeren.
Schließlich könnte man die Standorte der Container einzäunen, der Zugang könnte nur mit einer von der Stadt vergebenen Chipkarte möglich sein. Um den Einwurf zu prüfen, seien Schleusen vor den Containern denkbar, die falsche Einwürfe erkennen könnten. Schließlich: Man könnte die Wertstoffinseln mit Videokameras überwachen, so weit dies der Datenschutz zulasse – das sind weitere Maßnahmen, mit denen die Stadt die Vermüllung bekämpfen und das belastende Dauerthema abräumen oder zumindest minimieren will.