Norderstedt. Schluss mit aufgerissenen Säcken auf Norderstedter Straßen: Was die Umstellung für die Bürger in Norderstedt bedeutet.

Immer wieder die gleichen unerfreulichen Bilder: Der Wind treibt die Gelben Säcke durch die Gegend, Hunde, Katzen und Vögel reißen sie auf, der Inhalt verteilt sich über Wege und Straßen, lockt Ratten an. Bürger und Bürgerinnen müssen die Wege fegen, die Müllabfuhr nimmt aufgerissene Säcke oft gar nicht erst mit. Solchen Szenen will Norderstedt nun ein Ende setzen: Der Wertstoffsack hat ausgedient. Nach gut 30 Jahren will die Verwaltung die wenig widerstandsfähigen Plastikbeutel durch feste Tonnen ersetzen.

„Noch ’ne Tonne“, wird so mancher Hausbesitzer denken und sich fragen, wo er oder sie die denn noch unterbringen soll. Denn drei Abfallbehälter auf dem Grundstück sind Standard: jeweils einer für Restmüll, Bioabfälle und Papier/Pappe. Und: Steigen die Müllgebühren, wenn die Gelben Säcke durch Gelbe Tonnen ersetzt werden?

Gelbe Säcke werden aufgerissen: Stadthygiene leidet durch Ratten

Eine Frage, die bisher unbeantwortet bleibt. Die Verwaltung erläutert in ihrer Vorlage für den Umweltausschuss zunächst grundsätzlich ihre Argumente für einen Wechsel des Sammelsystems für Plastikmüll, im Fachjargon leichte Verpackungen. So würden zurzeit bundesweit die Säcke durch Behälter ersetzt. Mehr als die Hälfte der Landkreise und Städte hat den Wechsel schon vollzogen, da wolle sich Norderstedt anschließen.

Komfort und Qualität der Sammlung in Behältern seien wesentlich höher, schreibt der Fachbereich Abfall und Verwaltung in seiner Vorlage für den Fachausschuss. Ein festes Sammelgefäß verhindere nicht nur, dass die Säcke aufgerissen werden, das Stadtbild durch den verteilten Inhalt und die Stadthygiene durch Ratten leiden. Die Beutel würden oft auch zweckentfremdet, um Tomaten abzudecken, den Fahrradsattel vor Regen und Bettzeug wie Kleidung vor Staub zu schützen.

Norderstedt gibt pro Jahr drei Millionen Gelbe Säcke aus, die Hälfte wird zweckentfremdet

„In Norderstedt werden jedes Jahr rund drei Millionen Gelbe Säcke ausgegeben, aber nur 1,5 Millionen zweckbestimmt genutzt“, schreibt die Verwaltung. Die Kosten beliefen sich auf rund 200.000 Euro jährlich. Durch ihren Plastikanteil würden die Sammelbeutel zudem die Umwelt belasten.

Immer wieder kam es in den letzten Jahren im Kreis Segeberg vor, dass sich Menschen vergeblich auf den Weg zu den Abgabestellen für die Wertstoffsäcke in Ämtern und Einkaufsmärkten gemacht haben. Der Grund für die Engpässe bei der Versorgung: Es fehlt an Polyethylen-Granulaten, die für die Produktion nötig sind. Schon zu Corona-Zeiten hatten gestörte Lieferketten und Probleme bei der Energieversorgung in den Herstellerländern für regionalen Mangel an Gelben Säcken gesorgt, heißt es bei „Kommunal.de“, einem Fachmagazin für Bürgermeister, Kommunalpolitiker und Verwaltung.

Gelbe Tonne lebt lange und spart massiv Kunststoff ein

Wertstofftonnen hingegen würden über Jahrzehnte hinweg verwendet und sparten damit jedes Jahr erhebliche Mengen an Kunststoff ein, schreibt die Fachabteilung weiter. Die Stadt könne die Gelbe Tonne wie bei der Restmüll- und Biotonne selbst stellen und hätte dadurch Vorteile im Vergleich zum Sammelsystem mit dem Gelben Sack.

Wechselt der Entsorger, muss der alte Entsorger die Tonnen bis zum 31. Dezember einziehen, der Nachfolger muss die neuen nahtlos ab 1. Januar zur Verfügung stellen. Was so selbstverständlich klingt, kann in der Praxis problematisch sein und erhebliche Schwierigkeiten für die Haushalte bedeuten.

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Als im Kreis Pinneberg zu Jahresbeginn die Arbeit aufnahm, entwickelte sich ein Gelbe-Tonnen-Chaos von ungeahntem Ausmaß. 80.000 Haushalte im Nachbarkreis warteten teils monatelang auf ihre neue Wertstofftonne. Manche hatten zwischenzeitlich sogar 2, die alte und die neue, weil zwar der Ersatz schon geliefert, der Vorgänger aber noch nicht abgeholt worden war.

Für den Wechsel vom Sack auf die Tonne sind noch viele Gespräche nötig

Würden die Gelben Tonnen der Stadt Norderstedt gehören, könne ein derartiges Durcheinander vermieden werden, heißt es weiter in der Vorlage der Verwaltung für die Politiker. Mit einem festen Behältnis könnten die Abfallstoffe insgesamt besser getrennt und das Recycling verbessert werden. Die Abfallberatung könne umfassender erfolgen.

Ein Wechsel vom Gelben Sack auf die Gelbe Tonne bringe nicht nur Vorteile, er könne sogar notwendig werden. Um ein umfassendes Bild zu erhalten, müsse eine Vielzahl weiterer Faktoren wie Abfuhrrhythmus, Behältergrößen, Behältereigentum, Kosten der Mitbenutzung oder Abfallberatung mit dem Dualen System abgestimmt werden – das Duale System organisiert das Einsammeln und die Wiederverwertung der Leichtverpackungen. Die Fachabteilung will den Umweltausschuss über die Ergebnisse der Gespräche laufend informieren.