Norderstedt. Mieterin streitet mit Vermieter und Versicherung um die Übernahme der Kosten. Worauf im Winter unbedingt geachtet werden muss

Es ist der Alptraum jedes Mieters: Schimmel in der Wohnung. Schwarze Flecken an den Wänden, verschimmelte Schränke und feuchte Sofas. Der Schaden geht schnell in die Tausende. Doch wer muss dafür aufkommen? Mieter oder Vermieter? Darüber streitet eine Mieterin aus Norderstedt mit dem Wohnungsunternehmen Vonovia und dessen zuständiger Versicherung. Es geht um einen Schaden von geschätzt 10.000 Euro. Silvia Mohr aus Norderstedt hat dieses Drama sogar zweimal erlebt – in derselben Wohnung.

Als die Norderstedterin vor etwa 14 Jahren in die Wohnung an der Fehmarnstraße einzog, schien zuerst alles in Ordnung zu sein. Doch dann fiel ihr auf, dass es in der Wohnung ungewöhnlich schwül war. Der Grund: extrem hohe Luftfeuchtigkeit von über 70 Prozent. „Selbst nach dem Lüften ging die Feuchtigkeit nicht runter“, erinnert sich Silvia Mohr und erzählt, dass zur Kontrolle extra Hygrometer aufgestellt worden waren. Infolge der hohen Luftfeuchtigkeit sei es dann nach und nach zu einem massiven Schimmelbefall in der Wohnung gekommen.

Alptraum: Schimmel in der ganzen Wohnung! 10.000 Euro Schaden. Wer muss dafür aufkommen?

Die Mieterin musste nach eigenen Angaben ihren Kleiderschrank sowie zwei Sofas entsorgen und die ganze Wohnung renovieren. „Beim Entfernen der Tapete haben wir gemerkt, dass darauf Fassadenfarbe verwendet worden war und die Wand nicht atmen konnte“, sagt die 56-Jährige. Die Wände seien so feucht gewesen, dass ihnen mit der Tapete der Putz entgegengekommen sei. „Als ich den Vermieter damals darauf angesprochen habe, hieß es nur, dass ich nicht richtig lüfte“, erinnert sich Silvia Mohr.

Sogar im Geschirrschrank in der Küche fing es an zu schimmeln.
Sogar im Geschirrschrank in der Küche fing es an zu schimmeln. © Silvia Mohr | Silvia Mohr

Das bestätigt auch die Wohnungsgesellschaft Vonovia auf Abendblatt-Anfrage. „In der Wohnung von Frau Mohr gab es einen Schimmelbefall aufgrund des Heiz- und Lüftverhaltens. Frau Mohr hatte daraufhin Schadensersatz für durch den Schimmel beschädigte Gegenstände eingefordert – dies hatte die Versicherung jedoch abgelehnt. Die Versicherung kommt nur auf, wenn Gegenstände von MieterInnen durch äußere Umstände beschädigt würden zum Beispiel bei Wasserschaden“, heißt es von Seiten der Vonovia.

Schimmel in der Wohnung: Die Luftfeuchtigkeit lag permanent bei 70 Prozent

Die Kosten für die Renovierung sowie die Möbel in Höhe von etwa 3000 Euro musste Silvia Mohr selbst tragen. Zuerst habe sie das so hingenommen und in der darauffolgenden Zeit „ständig gelüftet“, aus Angst, der Vorfall könne sich wiederholen. „Doch obwohl ich vorschriftsmäßig gelüftet habe, kam es nach einiger Zeit wieder zu extrem hoher Luftfeuchtigkeit in der Wohnung“, so die Mieterin.

Als ihre Mutter im vergangenen Jahr während ihres Sommerurlaubs in der Wohnung einhütete, sei dieser dann ein „merkwürdiger, muffiger Geruch“ in der Wohnung aufgefallen. „Nach meiner Rückkehr haben wir sofort die Möbel von der Wand weggezogen – und das ganze Elend gesehen“, sagt Silvia Mohr und seufzt.

Ein antiker Sekretär war ebenfalls befallen und musste aufwändig gereinigt werden.
Ein antiker Sekretär war ebenfalls befallen und musste aufwändig gereinigt werden. © Silvia Mohr | Silvia Mohr

Für sie ist es immer noch unfassbar, wie sich der Schimmel „wie bei einem Lauffeuer“ in der Wohnung ausgebreitet habe. „Egal ob Wohnzimmer, Küche, Schlafzimmer oder Kinderzimmer – es gab kaum einen Raum ohne Flecken an der Wand und an den Möbeln. Die Matratzen in den Betten waren feucht und der Teppich war schwarz vor Schimmel auf der Unterseite“, sagt die Mieterin und erzählt, wie sie erneut die Hausverwaltung informierte.

Wohungsunternehmen Vonovia spricht von „falschem Heiz- und Lüfungsverhalten“ der Mieterin

Ihrer Schilderung nach habe diese zuerst einen Maler und dann einen Schimmelexperten geschickt. „Dieser hat veranlasst, dass spezielle Kalziumsilikatplatte zur Dämmung an den Wänden installiert werden“, so Silvia Mohr. „Damit die Platten angebracht werden konnten, mussten zuvor die Heizkörper demontiert werden – und wir saßen im November in der eiskalten Wohnung“, sagt die alleinerziehende Mutter eines heute 15jährigen Sohnes.

Das Immobilienunternehmen weist die Vorwürfe zurück: „Es gab im September 2022 in dem Gebäude einen akuten Wasserschaden durch Leitungswasser. Es besteht jedoch kein Zusammenhang zwischen dem Wasserschaden und dem Schimmelbefall; den Schimmel gab es bereits vor dem Wasserschaden. Wir haben die Wohnung schon vor dem Wasserschaden mehrmals besichtigt, Messungen durchgeführt und dabei keine baulichen Mängel festgestellt. Aus diesem Grund sind wir von falschem Heiz- und Lüftverhalten als Ursache für den Schimmel ausgegangen“, so Sprecherin Panagiota-Johanna Alexiou.

Den Schimmel habe man bereits vor dem Wasserschaden beseitigt. „Zum Zeitpunkt des Wasserschadens bzw. während der darauffolgenden Reparaturarbeiten haben wir keinen Schimmelbefall in der Wohnung festgestellt“, heißt es weiter.

Mieterin und Vermieter einigen sich auf „frühzeitige Beendigung des Mietvertrages“

Und: „Nachdem wir im September 2022 vom Wasserschaden erfahren haben, haben wir direkt mit den Reparaturarbeiten begonnen und dafür unter anderem die Silikatplatten angebracht. Der Mieterin haben wir eine Ersatzunterkunft gestellt bis wir das Mietverhältnis einvernehmlich zum Ende des Jahres 2022 gekündigt haben. Die Belastung durch die Reparaturarbeiten war für die Mieterin zu groß – das konnten wir gut nachvollziehen und haben der frühzeitigen Beendigung des Mietvertrags zugestimmt“, sagt Panagiota-Johanna Alexiou.

Silvia Mohr fand durch Zufall eine neue Wohnung und zog aus. Doch die Erleichterung hielt nicht lange. Denn kurz nach ihrem Auszog bekam sie ein Schreiben von der Versicherung HDI mit der Aufforderung, den entstandenen Schaden zu melden. „Außerdem sollte ich beweisen, dass der Vermieter für den Schimmel-Schaden verantwortlich sei“, sagt Silvia Mohr und erzählt, dass sie sich schließlich einen Anwalt genommen habe.

Versicherungskonzern erkennt kein Verschulden und weist Haftungsansprüche zurück

Bisher ohne Erfolg. „Die HDI weigert sich, für den Schaden aufzukommen, da ich dem Vermieter nicht die Schuld nachweisen kann“, sagt sie und fügt frustriert hinzu: „Aber wie bitte soll man das denn beweisen können.“ Silvia Mohr schätzt, dass ihr ein Schaden von etwa 10.000 Euro entstanden ist.

HDI ist ein Tochterunternehmen der Talanx AG, einem börsennotierten deutschen Versicherungskonzern. Dieser versicherte auf Anfrage, „Schadenfälle sorgfältig im Sinne der gesamten Versichertengemeinschaft zu prüfen.“ Zum Sachverhalt schreibt der Versicherungskonzern: „Die Mieterin hat bei unserer Versicherungsnehmerin Ansprüche wegen Schimmelbefalls in ihrer Wohnung geltend gemacht. Als Haftpflichtversicherer der Vermieterin befriedigen wir Ansprüche, bei denen die Haftung unserer Versicherungsnehmerin gegeben ist. Laut Technikern der Versicherungsnehmerin resultierte der Schimmelbefall in der Wohnung jedoch aus dem Heiz- und Lüftverhalten. Wir erkennen hier kein Verschulden unserer Versicherungsnehmerin und somit auch keine Haftung“, so Sprecher Frederic Strohm.

Rat vom Mieterverein: Eigene Beweise sichern und selbst einen Experten beauftragen!

Anette Schütz-Schreiber, Geschäftsführerin des Mietervereins Norderstedt.
Anette Schütz-Schreiber, Geschäftsführerin des Mietervereins Norderstedt. © FMG | Claas Greite

Der Mieterverein Norderstedt empfiehlt Mietern bei Schimmelbefall, eigene Beweise zu sichern. „Wir raten bei Schimmelbefall gerne dazu, eine Feuchtigkeitsprüfung oder -messung durchführen zu lassen. Und zwar von einem Experten, den man selbst beauftragt hat“, sagt Geschäftsführerin Anette Schütz-Schreiber. Außerdem sollten Mieter jeden Mangel schriftlich dem Vermieter melden, eine Frist für die Beseitigung setzen und sich Mietminderungsrechte vorbehalten.

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Alptraum: Schimmel in der ganzen Wohnung! 10.000 Euro Schaden. Wer muss dafür aufkommen?

Silvia Mohr hat kaum noch Hoffnung, die Kosten erstattet zu bekommen. Ihr Anwalt hat von einer Klage abgeraten. Gestern hat sie Besuch von einem früheren Nachbarn bekommen, der im selben Haus wohnt wie sie früher. Er hat ihr erzählt, dass er jetzt auch Schimmel in der Wohnung hat.

Johannes Zink aus Norderstedt ist Bauphysiker und Schimmelexperte. Er berät seit Jahrzehnten Betroffene und erstellt Gutachten und Raumklima-Analysen. Er weiß, wie schwer sich viele Mieter mit dem richtigen Lüften tun. „Viele Menschen scheuen in ihrer Wohnung die Abkühlung durch den Lüftungseffekt. Daher lüften sie zu zaghaft“, so die Erfahrung des Experten.

Johannes Zink ist Schimmelexperte.
Johannes Zink ist Schimmelexperte. © Michael Rauhe / FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Sein Rat: „In den Wintermonaten November bis März bleiben Wohnungen auch im Altbestrand weitgehend schimmelfrei, wenn bei zirka 20 Grad Zimmertemperatur eine Wohnfeuchte von überwiegend 40-50 Prozent relative Feuchte eingehalten wird. Erreicht wird dies mit einem regelmäßigen Luftwechsel, der allerdings kontinuierlich von Herbst- bis Frühlingsbeginn zu praktizieren ist.“

Schimmel vermeiden: Das sind die wichtigsten Tipps des Experten

1. Mindestens 3 x täglich die Luft in den Räumen erneuern: morgens, (nach)mittags, abends.

2. Im Herbst je 10–15 Minuten lüften, im Winter genügen maximal 5 Minuten.

3. Dabei die Fenster ganz öffnen, langes Kipplüften kostet viel Heizenergie.

4. Nach Kochen und Duschen die freigesetzte Feuchte stets gründlich weglüften.

5. Wäsche trocknen im Waschkeller, auf dem Trockenboden, Balkon oder im Garten.

6. Im Winter soll die relative Feuchte bei 19– 21° Grad Celsius überwiegend 40–50% betragen.

7. Im Herbst kann die relative Feuchte bei 19–21°C ohne Weiteres 50–60% betragen.

8. In Räumen mit nur 16–18°C erhöhen sich diese Feuchtewerte um 10%.

9. Türen zwischen wärmeren und kälteren Wohnbereichen geschlossen halten.

10. Zu Außenwänden im Altbau mind. 10 cm Abstand einhalten, keine großen Möbel