Neumünster. Schleswig-Holsteiner Liberale debattierten in Neumünster. Partei-Rebellen aus dem Kreis Segeberg deutlich in der Minderheit.
Die Segeberger „FDP-Rebellen“, die einen sofortigen Austritt der FDP aus der Ampel-Koalition in Berlin fordern, haben sich auch auf dem Landesparteitag der Liberalen am Sonnabend in Neumünster eine deutliche Absage eingehandelt. Zwei Wochen zuvor waren ihre Forderungen vom Segeberger Kreisparteitag und dem neuen Kreisvorsitzenden Helmer Krane klar abgelehnt worden.
Zehn Segebeger Liberale, darunter der Kreistagsabgeordnete Alexander-Georg Rackow und der Ellerauer FDP-Ortsvorsitzende Axel Kamann, zählen zu den Unterstützern des „Weckruf Freiheit!“, eines bundesweiten Bündnisses von 26 FDP-Mitgliedern, die den Kurs der FDP unter Parteichef und Finanzminister Christian Lindner nicht mehr mitgehen wollen. Sie unterstützten gemeinsam auch die Unterschriftensammlung der Kasseler FDP, mit der nun eine Abstimmung aller 70.000 FDP-Mitglieder über die Frage des Ausstiegs der FDP aus der Regierungsverantwortung erzwungen wurde.
„Liberale drücken sich nicht vor der Verantwortung“
Der Kreistagsabgeordnete Rackow hatte sich vom Landesparteitag mehr Wind für die Austrittskampagne versprochen. Nun muss er sich mit dem Gegenwind aus den Reihen seiner Parteifreunde abfinden. Zwar gab es in Neumünster lebhafte Debatten über die Ampel-Koalition mit SPD und Grünen. Doch die Austrittsbefürworter waren dabei klar in der Minderheit. Die meisten Redner aus Bund, Land und Kommunen sprachen sich für einen Verbleib in dem Bündnis aus.
Liberale seien sturmerprobt und drückten sich nicht vor Verantwortung, selbst wenn der Wind von vorne wehe, sagte der Landesvorsitzende Oliver Kumbartzky. „Eine Koalition verlassen ist nie der Weg“, sagte Ex-Wirtschaftsminister Bernd Buchholz. Die bis 2022 im Norden regierende Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP habe gezeigt, erfolgreiches Agieren aus einer Koalition mit den Grünen sei möglich. Allerdings müsse das Berliner Bündnis sich auch an die vereinbarten Dinge halten, die FDP selbst besser agieren. Denn aktuell biete das Bündnis kein schön anzusehendes Spiel.
Ampel-Gegner Karmann aus Ellerau: „Es wird schriller und schlimmer werden“
Die Gegenrede lieferte Axel Kamann aus Ellerau. Die Koalition sei nicht mehr nur schwierig, sondern unmöglich, sagte er auf dem Parteitag. „Wenn ein Experiment nicht funktioniert, dann muss man es beenden.“ Die Liberalen fingen Ideen der Grünen nur mit Mühe ein, am Ende gebe es faule Kompromisse. Er rechne nicht mit Besserung in der zweiten Hälfte der Legislatur. „Es wird schlimmer und schriller werden.“
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Der Ehrenlandesvorsitzende Jürgen Koppelin aus Bad Bramstedt sieht seine eigene Partei in der Pflicht. „Wenn der Zustand der FDP kritisiert wird, dann haben wir alleine daran schuld.“ Er habe noch nie in einem Western gesehen, dass mitten im Fluss die Pferde gewechselt würden.
Helmer Krane zum Europawahl-Spitzenkandidat gewählt
Ähnlich argumentierte die Bundestagsabgeordnete Gyde Jensen. Es mache keinen Sinn, in den Job der Opposition einzusteigen. Die Bundestagsabgeordnete Christine Aschenberg-Dugnus verwies auf Konsequenzen eines Ausstiegs: „Dann achtet niemand auf haushaltspolitische Verantwortung.“ Aus der Opposition könne niemand etwas erreichen.
Ins Visier nahmen die Liberalen auch die schwarz-grüne Landesregierung. „Die Zeiten, in denen CDU und Grüne die Widersprüche ihrer Koalition mit Geld auflösen konnten, sind vorbei“, sagte Kumbartzky. Die Tricksereien müssten aufhören. „Gerade jetzt bräuchte Schleswig-Holstein eine starke Koalition.“ Er sprach von einer „Null-Bock-Groko“, die „nur heiße Luft, sonst nichts“ produziere. „Die Haushaltsnot ist in Wahrheit eine Regierungsnotlage.“
Die Liberalen nominierten in Neumünster außerdem ihre Kandidatinnen und Kandidaten für die Europawahl 2024. Spitzenkandidat ist der Segeberger Kreisvorsitzende Helmer Krane. Für die Menschen müsse Europa wieder ein Wohlstandsmotor sein, sagte Krane. Der 33 Jahre alte Rechtsanwalt war bereits 2019 Spitzenkandidat, schaffte mit Platz 16 auf der Bundesliste aber nicht den Einzug ins Europaparlament. (mit Text von dpa)