Henstedt-Ulzburg. Zehn Liberale aus Kreisverband forderten Austritt der FDP aus Regierungskoalition in Berlin. Parteitag erteilt ihnen Absage.

Um markige Worte ist Wolfgang Kubicki selten verlegen. Insofern war sein Auftritt beim Kreisparteitag der Liberalen des Kreises Segeberg am Wochenende in Henstedt-Ulzburg mit Spannung erwartet worden. Denn schließlich hatten zehn Liberale aus dem Kreisverband gemeinsam mit 16 weiteren aus dem ganzen Bundesgebiet für viel Gesprächsstoff gesorgt. In ihrem „Weckruf Freiheit!“ an die eigene Parteispitze um Finanzminister Christian Lindner forderten sie nicht weniger als das Aufkündigen der Regierungskoalition mit SPD und Grünen.

Der FDP-Kreistagsabgeordnete Alexander-Georg Rackow wurde zu einem Sprecher der Initiative, die vor der existenziellen Katastrophe für den Liberalismus warnt. Die FDP müsse aus der Ampelkoalition in Berlin austreten, denn sie würde sich in ihr „bis zur Unkenntlicheit“ verbiegen. Die Liberalen hätten sich zu „Komplizen einer Politik gemacht hat, die von 70 Prozent der Bevölkerung abgelehnt“ werde, mit Koalitionären, die „quasireligiöse Ideologien“ verfolgen würden.

Kubicki räumte das Thema staatsmännisch ab

Einer der Erstunterzeichner des "Weckruf Freiheit!" innerhalb der FDP: Alexander-Georg Rackow, FDP-Kreistagsabgeordneter aus Bad Segeberg.
Einer der Erstunterzeichner des "Weckruf Freiheit!" innerhalb der FDP: Alexander-Georg Rackow, FDP-Kreistagsabgeordneter aus Bad Segeberg. © Norderstedt | Irene Burow

Starker Tobak – den sich der Vize-Präsident des Bundestages und Lautsprecher der FDP aber weigerte, in sein Pfeifchen zu stopfen. Wolfgang Kubicki räumte das Thema auf dem Parteitag der Kreis-Liberalen im Bürgerhaus staatsmännisch ab. Wie die Kreis-FDP mitteilte, habe Kubicki mit Blick auf die von „einzelnen Mitgliedern“ geforderte Beendigung der Koalition daran erinnert, welche zahlreichen Erfolge die FDP in der Bundesregierung erreicht habe. Konkret nannte er die Entlastungen in Milliardenhöhe für die Bevölkerung sowie die faktische Abschaffung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe, also auch Handwerker und Bäcker.

Die FDP mache erfolgreiche Arbeit und trage Verantwortung für das Land, habe Kubicki gesagt. Gerade aktuell in der Migrationspolitik erreichten die Freien Demokraten mehr Ordnung und Humanität – die Änderungen in der deutschen Politik seien liberale Erfolge, so Kubicki weiter.

Parteitag lehnt „Flucht aus der Regierungskoalition“ ab

Henstedt-Ulzburg: Die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten der Parteien und Wählergemeinschaften für die Kommunalwahl.
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Henstedt-Ulzburg: Die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten der Parteien und Wählergemeinschaften für die Kommunalwahl. <p>Stephan Holowaty (FDP)</p> © Norderstedt | Christopher Mey

Auf dem Parteitag wurde das Thema auskömmlich diskutiert. Und den FDP-Rebellen eine klare Absage erteilt. Mit „überwältigender Mehrheit“ befanden die Kreis-Liberalen per Beschluss, die „Flucht aus der Regierungskoalition“ nicht zu unterstützen. So wie der bisherige Kreisvorsitzende Stephan Holowaty, der sich im Vorfeld des Parteitages dem „Weckruf Freiheit!“ nicht angeschlossen und die Ausrichtung der FDP-Rebellen aus den eigenen Reihen als rückwärtsgewandt kritisiert hatte. Nach zehn Jahren im Amt kandidierte Holowaty am Sonnabend im Bürgerhaus nicht mehr für den Parteivorstand.

Sein Nachfolger ist nun Helmer Krane, ein 33-jähriger Rechtsanwalt aus Bad Bramstedt, der 2019 bei der Europawahl Spitzenkandidat der FDP Schleswig-Holstein war und als Europabeauftragter des Landesvorstandes der Liberalen in Schleswig-Holstein fungiert. Mit 82,6 Prozent der Stimme wurde Krane gewählt.

Helmer Krane ist der neue FDP-Kreisvorsitzende

Rechtsanwalt Helmer Krane (33) ist der neue Vorsitzende der FDP im Kreis Segeberg.
Rechtsanwalt Helmer Krane (33) ist der neue Vorsitzende der FDP im Kreis Segeberg. © Krane | FDP Kreis Segeberg

In seiner Antrittsrede ließ er keinen Zweifel an seiner Haltung zur Berliner Ampel: „Die Mitglieder haben klar gezeigt, dass wir Freie Demokraten die Verantwortung für unser Land ernst nehmen in diesen schwierigen Zeiten.“ Man wolle solche Debatten intern führen, nicht vermeiden und sei stolz auf die wertschätzende Debattenkultur in der Partei.

„Wir stehen für eine einzigartige Haltung: optimistisch, mutig, europäisch, weltoffen und lösungsorientiert“, erklärte Krane. „Ich möchte, dass wir als Partei im Kreis noch stärker zeigen, wie wir pragmatisch die Zukunft gestalten.“ In einer Gesellschaft, die Menschen als polarisiert erleben, brauche es Freie Demokraten, die „zusammenführen und die liberale Demokratie“ stärken würden, so Krane.