Norderstedt. Johnson & Johnson Institute schließt zum Ende des Jahres – nach 30 Jahren. Kündigungen sind nicht ausgeschlossen.

Generationen von Medizinern haben hier Fortbildungen besucht, Operationstechniken gelernt und Fachvorträge angehört. Aber nach 30 Jahren ist nun Schluss. Das US-Pharmaunternehmen Johnson & Johnson schließt sein „Institute“ am Hummelsbütteler Steindamm in Norderstedt zum Ende dieses Jahres. Das große, repräsentative Gebäude soll verkauft werden.

Die Schließung betrifft rund 100 Personen, die in dem Gebäude arbeiten, so Teresa Maria Frei, als Sprecherin von Johnson & Johnson zuständig für den Standort Norderstedt. Ob es betriebsbedingte Kündigungen gebe, lasse sich aktuell nicht sagen. „Die Gespräche mit dem Betriebsrat laufen“, so Frei. Falls es zu Kündigungen komme, werde aber versucht, diese zu „minimieren.“ Vonseiten des Betriebsrats gab es zunächst keine Stellungnahme.

Produktion in Norderstedt nicht von der Schließung betroffen

Teresa Maria Frei stellt auch klar, dass die Produktion in Norderstedt keineswegs von Schließungen betroffen sei. Das ist der weitaus größere Bereich, hier arbeiten rund 1600 Menschen. Norderstedt ist ein wichtiger Standort des US-Pharmariesen in Europa. Hier werden unter anderem chirurgische Textilien und Nadeln hergestellt.

Das Johnson & Johnson Institute war über Jahrzehnte ein Ausbildungszentrum für Ärzte. Unter anderem gehörten Weiterbildungen an Organen von sogenannten Körperspendern gehörte dazu – also von Personen, die ihre Leichname der Wissenschaft zur Verfügung gestellt hatten. Teilweise nahmen pro Jahr mehrere Tausend Ärzte an solchen Fortbildungen teil. Die Körperspender wurden anschließend auf dem Friedhof Glashütte bestattet. Eine Gedenkstele auf dem Friedhof erinnert daran.

Im Institute gab es eine Vielzahl von Seminaren. So konnten Ärzte und anderes Fachpersonal dort zum Beispiel auch lernen, wie von Johnson & Johnson hergestellte OP-Roboter zu bedienen sind. Auch Geschäftsführer von Kliniken kamen für Fachvorträge nach Norderstedt, zum Beispiel zum Thema umweltfreundliches Klinik-Management. Das Zentrum empfange „pro Jahr 17.000 Besucher aus aller Welt“, heißt es auf der Webseite von Johnson & Johnson.

Gebäude schließt, Angebote sollen in veränderter Form bleiben

Doch mit der Zeit ist dieser Andrang offenbar gesunken. „Die Lehre hat sich stark verändert. Heute wird sehr viel mehr digital gemacht als früher“, sagt Teresa Maria Frei. Das sei eine Folge der Corona-Zeit, habe aber auch mit dem Fachkräftemangel in Kliniken zu tun. Personal könne es schwieriger als früher einrichten, für einen Vortrag nach Norderstedt zu kommen.

Diesen Veränderungen trage Johnson & Johnson jetzt Rechnung. „Wir schließen das Gebäude, die Angebote bleiben aber erhalten“, so Frei. Künftig solle es „mehr digitale Formate“ geben, teilweise würden Schulungsteams auch in die Kliniken kommen. So gebe es spezielle Schulungs-Trucks von Johnson & Johnson, die zu den Krankenhäusern fahren. In Zukunft, so Frei, sollen die Schulungsangebote und Vorträge auch „sehr viel individueller“ gestaltet werden. Dazu werde dann auch mehr mit „externen Dienstleistern“ zusammengearbeitet.

Von den rund 100 Personen, die aktuell noch im Gebäude am Hummelsbütteler Steindamm 71 arbeiten, soll offenbar ein Großteil auch weiter für Johnson & Johnson arbeiten. „Einige Kollegen werden zum Standort an der Robert-Koch-Straße in Norderstedt wechseln und dort Übergangsbüros beziehen“, so Teresa Maria Frei. Generell werde nach Lösungen gesucht, teilweise auch nach neuen Arbeitsstellen im Konzern.

Für einen Teil der Beschäftigten werden neue Räume im „Großraum Hamburg“ gesucht

Außerdem will Johnson & Johnson für die wegfallende Immobilie am Hummelsbütteler Steindamm zumindest teilweise Ersatz schaffen und kleinere Räume im „Großraum Hamburg“ beziehen, so Teresa Maria Frei. Aktuell sei man noch auf der Suche nach neuen Büroflächen, aber es gebe auch schon eine „Shortlist“. Ziel sei es, einen Ort zu finden, an dem auch in Zukunft Seminare mit etwas größeren Gruppen stattfinden könnten.

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Die Veränderung betrifft auch Teresa Maria Frei selbst, die aktuell im Institute in Norderstedt ihren Arbeitsplatz hat. Wo sie ab 2024 arbeiten wird, weiß sie noch nicht. Aber wie in der übrigen Arbeitswelt, rückt man auch bei Johnson & Johnson davon ab, dass jeder Mitarbeiter ein festes Büro an einem bestimmten Ort hat. „Home Office spielt eine immer größere Rolle, auch in den aktuellen Gesprächen. Wir werden generell versuchen, flexibler zu sein mit den Büroräumen“, so die Sprecherin.

Zu verkaufen: Das Institute in der Luftaufnahme.
Zu verkaufen: Das Institute in der Luftaufnahme. © Johnson & Johnson | Johnson & Johnson

Zur Zukunft des Institutes, das spätestens ab Januar leer stehen soll, sagt Frei: „Das Gebäude wird veräußert“, einen Käufer gebe es noch nicht. Interessenten sollten sich allerdings finden für das Gebäude im Gewerbegebiet Glashütte, das kurz hinter den Hamburger Stadtgrenzen liegt und in dem Firmen wie das Chemieunternehmen wie Schülke & Mayr, auch tätig für die Gesundheitsbranche, in unmittelbarer Nachbarschaft ansässig sind.