Norderstedt. Der frühere Oberbürgermeister spricht über seine Erwartungen an Robert Hille und Katrin Schmieder – und stellt eine klare Forderung.
Von 1998 bis 2017 war Hans-Joachim Grote zuerst Bürgermeister und dann Oberbürgermeister in Norderstedt, ehe er als Innenminister in die Landesregierung wechselte. Weiterhin hat sein Wort viel Gewicht in der Stadt. Auch den jetzigen Wahlkampf verfolgt der 68 Jahre alte CDU-Politiker sehr aufmerksam, er besuchte am Sonntag die Wahlpartys seiner Partei und dessen Kandidaten Robert Hille sowie ebenso der von ihm bekanntlich geschätzten Katrin Schmieder.
Dass die bisherige Verwaltungschefin Elke Christina Roeder, also seine Nachfolgerin, so deutlich abgewählt wurde? „Das war ein relativ klares Votum. So klar, damit hätte ich nicht gerechnet.“ Es sei nicht die Regel, dass bei drei Kandidaten bereits im ersten Wahlgang jemand die absolute Mehrheit erreiche. Jetzt kommt es in der Stichwahl am 5. November zu einem Duell.
Norderstedt: Was Hans-Joachim Grote von den OB-Kandidaten jetzt erwartet
Laut Grote gebe es hier zwei Blickwinkel: „Auf der einen Seite die Frau, die Norderstedt kennt, die hier zu Hause ist, hier groß geworden ist, deren Familie hier ist. Umgekehrt: Der Kandidat von außen hat einen ganz anderen Blick auf die Stadt. Das sind zwei ganz interessante Ansätze, und das ist nach meiner Einschätzung auch bei dem Ergebnis herausgekommen. Manche sagen, wir wollen nicht weiter so, sondern auch einmal einen anderen Blick, manche sagen, es läuft doch in vielen Bereichen gut.“
Hans-Joachim Grote beschreibt seine Ansprüche an die Personen, die um das wichtigste Amt der Stadt konkurrieren. „Ich erwarte jetzt in der Stichwahl auch Aussagen, wie die Zukunft der Stadt insgesamt gelöst wird, und nicht nur die alltäglichen Probleme.“
„Sechs Jahre ist mehr im operativen Teil gemacht worden als im strategischen“
Ob ihm die Aussagen bisher zu allgemein waren? „Heute beginnt eine völlig neue Wahl. Es ist jetzt an den Kandidaten zu sagen, wo geht die Reise hin? Vorhin hat Robert Hille gesagt: Meine Themen bleiben Sicherheit, Beleuchtung, Wachschutz. Die Stadt besteht aus ganz, ganz vielen Dingen. Für mich war immer ein Satz entscheidend, wenn eine Personenwahl anstand: Wem traue ich zu, die vor uns liegenden Aufgaben zu lösen. Und das ist nicht nur ,Baue ich eine Schule, baue ich eine Kita?‘, sondern, wie die Entwicklung der Stadt sein wird – strategisch. Und vor diesem Hintergrund wird die Stichwahl ablaufen.“
Hier sieht er ein Versäumnis während der Amtszeit von Elke Christina Roeder. „In den letzten sechs Jahren ist mehr im operativen Teil gemacht worden als im strategischen. Was wir dringend brauchen – und das ist ein gewisser Vorwurf –, was in den letzten Jahren hängen geblieben ist, das ist die Frage nach der Flächennutzungsplanung, nach der Struktur unserer Stadt.“
„Die Lage vor den Toren Hamburgs kann uns keiner nehmen“
Er verweist auf die Veränderung durch den künftigen Fehmarnbelt-Tunnel: „Was passiert mit den Verkehren, die aus Norwegen, Schweden, Finnland kommen, fahren die über die A7, über Dänemark? Oder im Osten am Kreis vorbei? Meine Idee wäre, Nordgate in Richtung Bad Segeberg auszuweiten.“
Grote: „Unsere Landesregierung hat gesagt, dass 2030 nur noch ein Drittel der vorhandenen Flächen neu versiegelt werden. Da muss ich heute Vorsorge treffen. Wir brauchen für Unternehmen, für Schulen, für Wohnungsbau Flächen. Die Lage vor den Toren Hamburgs kann uns keiner nehmen. Aber die individuellen Standortfaktoren müssen wir gestalten.“
Norderstedt: Grotes dringender Appell, „noch einmal ein Duell zu initiieren“
Da wäre es natürlich am besten, wenn die Bürgerinnen und Bürger die beiden OB-Kandidaten live erleben können. Das war bisher nur einmal möglich, und das in der engen Aula des Coppernicus-Gymnasiums, wo längst nicht alle Interessierten einen Platz fanden. Der frühere Oberbürgermeister wird deutlich. „Der dringende Appell an den Gemeindewahlleiter ist, noch einmal ein Duell zu initiieren. Das haben die Menschen in dieser Stadt verdient. Ich muss ehrlich sagen: Ich habe kein Verständnis dafür, dass die Menschen keine Chance hatten, sich in einer neutralen Veranstaltung, von der Stadt organisiert, zu informieren.“
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Und genau das sei, so Grote, die Aufgabe von Christoph Magazowski, dem Ersten Stadtrat und zugleich Gemeindewahlleiter. Dieser müsse „die Grundlagen dafür schaffen, dass sich die Menschen unabhängig informieren können“. Das sei „eine zwingende Notwendigkeit“, es wäre „fatal, diese Chance verstreichen zu lassen“.
Vielleicht gibt es hierzu schon am heutigen Dienstag Neuigkeiten. Ab 17 Uhr tagt öffentlich im Rathaus (Raum K 201) der Gemeindewahlausschuss. Dieser wird das amtliche Endergebnis feststellen und über das weitere formale Vorgehen in den nächsten Wochen sprechen.