Norderstedt. So viele Menschen wie noch nie leben in Einrichtungen. Welche Probleme es in Norderstedt gibt, und wo neu gebaut werden soll.

Die Stadt Norderstedt hat ihre Kapazitäten bei der Unterbringung von Flüchtlingen und Wohnungslosen noch einmal erhöht. An der Lawaetzstraße in Friedrichsgabe, also in direkter Nachbarschaft zu den bereits bestehenden Gebäuden, sind nun vier weitere Unterkünfte fertiggestellt worden, die laut Verwaltung damit in Betrieb genommen werden konnten. Bis zu 100 Menschen können hier leben.

Das ist eminent wichtig. Denn in den städtischen Einrichtungen leben nach letzten Angaben aus dem Sozialamt 1566 Menschen, was so viele sind wie noch nie. Und die Tendenz ist steigend. 400 weitere Personen könnten es in diesem Herbst sein, für die Norderstedt sorgen muss. Das sorgt zunehmend für Probleme.

Flüchtlinge in Norderstedt: Gebäude für 100 weitere Personen sind fertiggestellt

„Die bestehenden Unterbringungskapazitäten sind nahezu komplett ausgelastet. Abgesehen von Einzelplätzen sind derzeit nennenswerte Kapazitäten nur noch in den Hotels vorhanden, die in den kommenden Wochen aber auch wieder voll belegt werden“, teilte Sozialamtsleiter Sirko Neuenfeldt der Kommunalpolitik im Sozialausschuss mit.

Aktuell betreibt die Stadt Norderstedt 19 größere dezentrale Unterbringungsstandorte über das gesamte Stadtgebiet verteilt. Die einzelnen Standorte haben mit etwa 20 bis über 200 Plätzen eine sehr unterschiedliche Größe. Mittlerweile hat die Stadt auch zwei Hotels komplett angemietet, in denen Geflüchtete untergebracht sind.

1566 Menschen leben aktuell in Norderstedter Unterkünften

„Darüber hinaus gibt es noch eine Vielzahl kleiner Unterbringungsstandorte, beispielsweise Einzelwohnungen, städtische und angemietete, darunter über ein Dutzend Probewohnungen“, sagte Neuenfeldt.

Von den 1566 Menschen in den städtischen Unterkünften seien lediglich 131 Personen Deutsche ohne Obdach. Die Übrigen flohen vor Krieg, Verfolgung und Vertreibung oder anderen Gründen aus der Ukraine, Syrien, Afghanistan und anderen Krisenherden. Die Geflüchteten und Obdachlosen würden nun fast zwei Prozent der Bevölkerung Norderstedts ausmachen, rechnete Neuenfeldt vor.

400 Menschen könnten bis Jahresende noch kommen

Gegen Jahresende sei „saisonbedingt“ mit einer deutlichen Steigerung der Zugänge zu rechnen, so Neuenfeldt. „Eine verlässliche Vorhersage der Zugangszahlen ist – wie immer – leider nicht möglich. Die Ausländerbehörde des Kreises Segeberg geht in Ihrer Prognose von Anfang August für dieses Jahr für Norderstedt von der Zuweisung von über 600 Personen aus.“

Der Zustrom der Geflüchteten verstärke sich derzeit merklich. In der ersten Oktoberwoche seien alleine 30 Geflüchtete in der Stadt angekommen. Das hänge laut Neuenfeldt auch damit zusammen, dass der Verteilungsmodus auf die Kreise vom Land von einer Vorlaufzeit von vier auf drei Wochen umgestellt wurde. Die Menschen aus den zentralen Notaufnahmen des Landes kommen also noch schneller in die Kommunen.

Allerdings hat Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne) mittlerweile reagiert, nachdem es ein Spitzentreffen mit kommunalen Landesverbänden, Landräten und Oberbürgermeistern gegeben hatte. Demnach soll die Ankündigungsfrist „so schnell wie möglich“ wieder einen Monat betragen. Und: Geflüchtete mit schlechter Bleibeperspektive sollen in den Landesunterkünften bleiben, also nicht mehr in die Kreise oder kreisfreien Städte kommen.

„Die Stadt begrüßt die Ergebnisse des Migrationsgipfels auf Landesebene und erwartet nun eine schnelle Umsetzung der dort vereinbarten Maßnahmen“, so Sprecher Fabian Schindler. Er betont: „Insgesamt betrachtet stellen die hohen Zugangszahlen die Stadt Norderstedt vor große Herausforderungen, was sowohl in der Unterbringung als auch der Betreuung der Schutzsuchen Auswirkungen hat.“

Teilweise müssen sich fremde Menschen Zimmer in Unterkünften teilen

Doch wie schnell die Maßnahmen einen Effekt haben werden, ist offen. Momentan stoßen immer mehr Menschen in Norderstedt auf eine gleichbleibende Anzahl an Unterkünften. „Aktuell müssen die Bewohnerinnen und Bewohner in den Unterkünften wieder enger zusammenrücken, sodass sich auch fremde Menschen wieder häufiger zu zweit ein Zimmer in der Unterkunft teilen“, berichtete Neuenfeldt.

Der Sozialamtsleiter weiter: „Durch die engere Belegung und auch durch den langen Verbleib der Menschen in den Unterkünften erhöht sich das Konfliktpotenzial der Menschen untereinander im alltäglichen Zusammenleben, was eine Herausforderung für die Unterkunftsverwaltung, sowie die Hausmeister und die Betreuung vor Ort darstellt.“ Mit zusätzlichen Notunterkünften, etwa in der Mensa des Schulzentrums Süd, könnte die Stadt auf Engpässe reagieren.

Neue Flüchtlingshäuser sollen gegenüber dem SOS-Kinderdorf entstehen

Und auch ein völlig neuer Standort für eine Geflüchtetenunterkunft ist in Planung. Am Henstedter Weg, kurz vor der Stadtgrenze in Richtung Norden und gegenüber dem SOS-Kinderdorf Harksheide, sollen auf einem städtischen Grundstück sechs oder sieben Gebäude in Holzständerbauweise entstehen. 180 bis 200 Personen sollen hier eine Heimat auf Zeit finden.

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Das Projekt sei in der Abstimmung mit der Stadtplanung, sagte Neuenfeldt. Parallel werde der Markt der Bauträger sondiert und das Vergabeverfahren geklärt. „Sobald es konkretere Planungen und Entwürfe gibt, wird im Sozialausschuss darüber berichtet“, teilte Neuenfeldt mit.