Norderstedt/Kiel. 24-Jährigem wird in Kiel der Prozess gemacht: Er lieferte mittels Skimming-Technik Daten zum Abheben von fremden Konten.
Als Mitglied einer mindestens fünfköpfigen Bande von Computerbetrügern soll ein 24-jähriger Mann zwei Dutzend Geldautomaten der Postbank unter anderem in Norderstedt und Bad Segeberg ausspioniert haben. Seit Donnerstag muss sich der in U-Haft sitzende Angeklagte wegen gewerbsmäßigen Computerbetrugs in 24 Fällen verantworten.
Zwischen Februar 2022 und März 2023 sollen er und seine gesondert verfolgten Komplizen sogenannte Skimming-Technik an Geldautomaten in Schleswig-Holstein installiert haben, um an Kundendaten zu kommen. Ziel war demnach die Herstellung von Dubletten ausspionierter Kundenkarten, mit denen man später Geld abheben wollte.
Bankkunden steckten ihre EC-Karte in präparierte Automaten
Auch in Kiel, Lübeck, Oldenburg in Holstein, Neustadt, Neumünster, Eckernförde und Schleswig sollen Bankkunden ahnungslos ihre EC-Karte in präparierte Kartenschächte gesteckt haben. Ob die Täter in den betroffenen Filialen auch Videotechnik zum Ausspähen der PIN installierten, wurde im Prozess noch nicht erörtert.
Nach Verlesung der Anklage vertagte sich das Gericht, um technische Hintergründe zu klären. Denn noch ist offen, welche Vorschrift hier einschlägig ist. Laut Strafgesetzbuch hängt die Mindeststrafe davon ab, ob es um gewerbsmäßige Fälschung einfacher Zahlungskarten (sechs Monate) oder von „Zahlungskarten mit Garantiefunktion“ (zwei Jahre) geht. Danach wollen die Prozessbeteiligten Verständigungsgespräche zur Beschleunigung des Verfahrens führen.
Angeklagter Datendieb soll 60 000 Euro bekommen haben
Für seine Tätigkeit soll der Angeklagte monatlich 5000 Euro erhalten haben, insgesamt 60 000 Euro. Einzelbeträge bis zu 11.000 Euro soll die Bande mithilfe der gefälschten Karten abgehoben haben. Bankkunden, deren Konten so geplündert wurden, bleiben gewöhnlich nicht auf dem Schaden sitzen.
Zum Jahreswechsel 2022/23 gab die Finanzbranche allgemein Entwarnung: Wie zahlreiche Medien verbreiteten, gilt der früher gefürchtete Datenklau am Geldautomaten als „Auslaufmodell“. Zum Schutz hätten die Banken ihre Kundenkarten mit Sicherheitschips ausgestattet. Laut Branchenstatistik zählte man im vergangenen Jahr (Januar bis November) bundesweit nur noch 222 Fälle von Skimming, davon allein 102 in Hamburg.
Neue Sicherheitstechnik machte Millionenbetrug zum Auslaufmodell
Dank neuer Sicherheitstechnik hätten die Datendiebe im Jahr 2022 nur noch 99 000 Euro erbeutet – ein Rekordtief. Den Höchststand erreichten die Skimming-Attacken laut Kripo-Statistik im Jahr 2010: Damals verursachten bundesweit 3183 Taten einen Gesamtschaden in Höhe von 55 Millionen Euro.
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Die regionale Konzentration spricht für den Einsatz ortsansässiger Banden. So verurteilte ein Amtsgericht in Hamburg im Februar 2022 einen 53-jährigen Mann, der nach dem Ausspähen von Kundendaten bei mehr als 30 Bankabhebungen in der Hansestadt insgesamt 17 000 Euro erschlichen hatte.
Vor seiner Festnahme in einem Hamburger Hotel flüchteten der Angeklagte und ein Komplize durch ein Fenster. Beide stürzten ab, zogen sich Knochenbrüche zu und wurden in eine Klinik eingeliefert. Der Mittäter flüchtete erneut, der 53-Jährige verbrachte die Hälfte seiner sechsmonatigen U-Haft mit einem Beckenbruch in der Klinik. Sein Urteil: ein Jahr und zehn Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung.