Norderstedt. Serie zum Heizungsgesetz: Wie man die Wärmepumpe und andere Verbraucher intelligent, nachhaltig und günstig laufen lässt.
Intelligenter, also zeitlich gesteuerter und damit günstiger Stromverbrauch wird in der Energiewende ein zentrales Thema sein. Ab dem Jahr 2025 sind alle Stromversorgungsunternehmen dazu verpflichtet, sogenannte dynamische Strompreise anzubieten. Es wird zwar auch weiterhin die gewohnten festen Preise für Strom geben, doch daneben wird ein System angeboten, in dem der Stromverbrauch stündlich abgerechnet wird.
Hierbei orientiert sich die Preisbildung am Börsenstrompreis. Scheint die Sonne oder weht der Wind kräftig, ist der Preis niedrig, da diese Stromerzeuger an der Börse am niedrigsten gehandelt werden. Grundlage für diese flexible Art der Abrechnung sind die sogenannten Smart Meter Gateways. Hierbei handelt es sich um eine Kombination aus den in Norderstedt schon weit verbreiteten digitalen Zweirichtungs-Stromzählern und einer intelligenten Kommunikationseinheit, die die Stromflüsse am Zähler im Viertelstundentakt ausliest und an den Stromversorger meldet.
Martin Oster und Anne Pamperin: „Gewaltig nachhaltig“
Wie man smart Strom verbraucht und mit dynamischen Strompreisen Kosten senkt, das erklären Martin Oster und Anne Pamperin in ihrer Serie in der Norderstedter Regionalausgabe des Hamburger Abendblatts. Die beiden zeigen auf, was das neue Heizungsgesetz bezweckt und im Detail bedeutet. Die beiden Quickborner betreiben seit April 2020 den Youtube-Kanal „gewaltig nachhaltig“ und haben mittlerweile mehr als 70.000 Abonnenten.
Mehr als 600 Videos haben sie bereits veröffentlicht. Darin stellen sie ihre eigene Fotovoltaik-Anlage mit den dazugehörigen Komponenten (Wärmepumpe und Elektroauto) und Statistiken vor, werfen aber auch einen Blick auf andere private Energiekonzepte. Im September 2022 erschien ihr „Spiegel“-Bestseller „Fotovoltaik für Einsteiger“.
Wie Energiegewinnung und -verbrauch in naher Zukunft aussehen werden, das beleuchten Oster und Pamperin in dieser Folge.
Stromverbrauch: Smarte Verbraucher brauchen weniger
Das Industrieland Deutschland soll nach dem Willen der Bundesregierung im Jahr 2045 in allen Sektoren mit Energie versorgt werden, deren Bereitstellung keinen Einfluss auf das Erdklima nimmt. Was bedeutet das? Industrie, Wärme, Mobilität sowie Wohnen und Arbeiten werden zukünftig überwiegend mit Strom aus Windkraft, Solar, Biomasse, Wasserkraft und Geothermie versorgt. „Eine schier unlösbare Aufgabe, wenn man sich ansieht, wie viel Energie in unserer heutigen Gesellschaft verbraucht wird“, sagt Martin Oster.
Allerdings werde sich der Energiebedarf durch die Umstellung von fossilen Energieträgern auf Strom deutlich reduzieren. Eine Wärmepumpe zum Beispiel benötige im Vergleich zu einer Gastherme nur ein Drittel der Energie aus dem öffentlichen Versorgungsnetz. Und ein Elektroauto komme mit 20 Kilowattstunden (kWh) etwa 100 Kilometer weit. Oster: „Dafür benötigt ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor rund 6 Liter Treibstoff. Der Energiegehalt eines Liters Benzin oder Diesel beträgt 10 kWh.“
Stromnetzausbau und Speicherlösungen sind die Herausforderungen
Rechne man diesen Effizienzgewinn mit ein, erzeugen wir heute in Deutschland mit den erneuerbaren Energien schon ein Fünftel des Stroms, der für das zukünftige Szenario benötigt wird. Dies würden auch die Ausbaupläne der Bundesregierung vorsehen. „Neben den schon vorhandenen versiegelten Flächen durch Gebäude oder Parkplätze sollen auch entsprechend ausgewiesene Flächen in der Größenordnung von zwei Prozent der Landesfläche für Freiflächen-Fotovoltaikanlagen und Windkraftanlagen bereitgestellt werden. Technisch ist das machbar, Herausforderungen werden aber die Umsetzung durch eine hohe Zahl an Fachkräften und die Akzeptanz in der Bevölkerung für den Ausbau von Windkraftanlagen und Stromnetzen sein.“
Zwei weitere Hürden auf dem Weg hin zu 100 Prozent Klimaneutralität seien der Stromnetzausbau und der Aufbau benötigter Speicher, um den tagsüber erzeugten Strom für die Nacht zu bewahren. Der Ausspruch „Das Netz ist der Speicher“ der Außenministerin Annalena Baerbock treffe zwar physikalisch nicht zu, denn das Netz kann keinen Strom speichern.
Wasserstoff ist der „Champagner der Energiewende“
Jedoch könne ein gut ausgebautes Stromnetz die Menge an benötigten Stromspeichern reduzieren und auch einen europaweiten Energieaustausch optimieren. Oster: „Denn Strom zu speichern und so zeitlich zu versetzen, ist die teuerste, weil ineffizienteste Lösung der Energieversorgung. Besser ist hier der Direktverbrauch.“ Nicht zu Unrecht werde die Speicherlösung Wasserstoff als „Champagner der Energiewende“ bezeichnet, der nur zu ganz besonderen Anlässen verwendet werden sollte – wenn es anders nicht geht.
So würden sich also folgende Möglichkeiten ergeben, den schwankenden Bereitstellungskapazitäten der erneuerbaren Energien zu begegnen: Zum einen mit Energiespeichern in Form von Wasserstoff, Batteriespeichern oder Pumpkraftwerken. Zum anderen eben der intelligente, also zeitlich gesteuerte Stromverbrauch mit Smart Metern und dynamischen Strompreisen. Einen Teil dieser Speicher kann man aber auch einsparen, indem man Verbraucher auf die Menge der zur Verfügung stehenden Energie abstimmt: Ist viel Strom im Netz, sollten Elektroautos laden und Wärmepumpen die Pufferspeicher mit Wärme füllen.
„Wir nutzen Smart Meter und die stündlich wechselnden Strompreise in unserem Haushalt schon und drücken so unseren durchschnittlichen Strompreis auf unter 30 Cent. Hauptsächlich machen wir das über unsere Großverbraucher Elektroauto und Wärmepumpe“, sagt Oster. Wenn in den Monaten November bis Februar nicht genug Energie aus der Fotovoltaikanlage kommt, dann stellt er diese Verbraucher so ein, dass sie dann laufen, wenn viel Strom vorhanden ist und der Strompreis damit günstig ist.
Der Tesla wird vorwiegend nachts geladen
„Das können wir automatisiert machen, indem wir angeben, wann wir wie viel Reichweite benötigen und dann wird das Auto automatisch zu den günstigsten Tarifen geladen.“ Aber teilweise sei es auch manuell kein großer Aufwand. „So laden wir unser E-Auto zum Beispiel im Winter bevorzugt in der Nacht, wenn viel Wind weht. Denn dann fehlt es oft an Abnehmern für diesen Strom und die Preise sind entsprechend niedrig.“
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Bei der Wärmepumpe sei es noch einfacher. „Denn es gibt ein fast täglich identisches Lastprofil im Stromnetz. In den Morgenstunden zwischen 6 und 9 Uhr und abends zwischen 18 und 21 Uhr wird der meiste Strom verbraucht. Das sind die Zeiten, in denen wir die Wärmepumpe im Wochenplaner abschalten.“ Das könne er tun, da er eine Fußbodenheizung hat und der Estrich die Wärme vorhalte. Wer Wärmepumpe mit Heizkörpern betreibt, der solle über einen Pufferspeicher nachdenken, der für diese Zeiten die Wärme bereitstellt.
Spitzenlastkraftwerke könnten abgeschaltet bleiben
Man könne dieses Verbrauchsverhalten auch für andere Haushaltsgeräte wie Geschirrspüler und Waschmaschine anwenden, wenn sie zeitlich flexibel gestartet werden können. Wenn preislich gesteuert nur die Lastsenken im Verbrauchsprofil genutzt werden, dann müssen auch keine weiteren Spitzenlastkraftwerke aktiviert werden. Vielmehr wird auf diese Weise das Lastprofil geglättet und in Teilen an das schwankende Bereitstellungsprofil der Erneuerbaren angepasst. Voraussetzung hierfür sind die Netzertüchtigungen.
„Mit dieser Verbrauchssteuerung im intelligenten Stromnetz wird nicht nur das Lastprofil geglättet, sondern auch der Verbrauch dieser sogenannten Kann-Verbraucher an die Bereitstellung der Energie durch die Erneuerbaren ein Stück weit angepasst“, sagt Oster.