Quickborn. Wärmepumpen im Altbau – das funktioniert, wissen Martin Oster und Anne Pamperin aus eigener Erfahrung. Sie erklären, warum.
Mit dem Heizungsgesetz will die Bundesregierung die Energiewende voranbringen. Schon als Habecks Gesetzentwurf früh in die Öffentlichkeit geriet, wurde ein Produkt als Wunderwaffe gefeiert: die Wärmepumpe. Doch wieso wird die Wärmepumpe pauschal als gesetzeserfüllend angesehen, obwohl der deutsche Strom immer noch zur Hälfte aus Kohle- und Gaskraftwerken erzeugt wird und europaweit mit am meisten CO2 ausstößt? Warum werden Wärmepumpen hofiert? Und wie funktioniert diese Stromheizung überhaupt?
Martin Oster und Anne Pamperin im Hamburger Abendblatts in einer Serie, was Habeck mit dem Gesetz bezweckt und was es im Detail bedeutet. Die beiden Quickborner betreiben seit April 2020 den Youtube-Kanal „gewaltig nachhaltig“ und haben mittlerweile mehr als 70.000 Abonnenten.
Habecks Heizungsgesetz: Die Wärmepumpe – teurer Tauchsieder oder effiziente Heizung?
Mehr als 600 Videos haben sie bereits veröffentlicht. Darin stellen sie ihre eigene Photovoltaik-Anlage mit den dazugehörigen Komponenten (Wärmepumpe und Elektroauto) und Statistiken vor, werfen aber auch einen Blick auf andere private Energiekonzepte. Im September 2022 erschien ihr „Spiegel“-Bestseller „Photovoltaik für Einsteiger“.
Lesen Sie heute, was die beiden „Habeck-Erklärer“ zur Wärmepumpe sagen, die sie selbst seit Jahren nutzen.:
Wärmepumpen gewinnen ihre Energie aus der Luft oder aus der Erde
Es gibt verschiedene Arten von Wärmepumpen, deren generelle Funktion aber identisch ist. Eine solche Pumpe entzieht neben einer Kilowattstunde Strom den drei- bis vierfachen Anteil von Wärmeenergie einem Umgebungsmedium. Das ist bei der Luftwärmepumpe die Umgebungsluft, bei der Erdwärmepumpe das flächige oder tiefe Erdreich.
Die Wärmeenergie aus der Luft oder aus der Erde erwärmt ein ein flüssiges Kältemittel und verdampft es. Durch Kompression wird der Dampf weiter erhitzt und gibt die Wärme an das Heizwasser ab. Danach entspannt und verflüssigt sich das Kältemittel wieder und der Prozess startet von vorne. Strom muss eingesetzt werden, um den Kompressor anzutreiben, der das flüssige Trägermedium komprimiert und somit erhitzt. Diese Wärme wird an ein Heizmedium abgegeben und erwärmt das Haus.
Wärmepumpen: 65 bis 75 Prozent der eingesetzten Energie sind regenerativ
Die Arbeitszahl gibt dabei das durchschnittliche Verhältnis von Strom zu Umgebungswärme in einem bestimmten Zeitraum an. Moderne Wärmepumpen erreichen je nach Außentemperatur eine Arbeitszahl zwischen 3 und 4. An kalten Tagen liegt diese tiefer, an milden Tagen höher als der Durchschnitt.
„65 bis 75 Prozent der eingesetzten Energie sind also schon regenerativ. Die 25 bis 35 Prozent Stromanteil sind es schon zur Hälfte“, sagt Pamperin. Dabei ist es unerheblich, dass im Winter der Strommix etwas CO2-lastiger ist als im Sommer. Solar- und Windenergie sind über den Jahresverlauf recht ausgeglichen verfügbar.
Klimaanlagen kühlen im Sommer nicht nur, sie heizen im Winter auch
Bei dem Heizmedium kann es sich um Wasser oder Luft handeln. Man spricht dann von Luft-Wasser oder Luft-Luft-Wärmepumpen. Letztere sind hinlänglich bekannt als Klimaanlagen. Aber diese Klimasplitgeräte können im Sommer nicht nur kühlen, sondern im Winter auch sehr effektiv heizen. Im Gegensatz zur Luft-Wasser-Wärmepumpe, die als Zentralheizung einen Heizkreis für das gesamte Gebäude versorgt, können die Klimageräte als kostengünstige Ergänzung zu einer fossilen Heizung genutzt werden.
Sie können insbesondere Zimmer erwärmen, die nicht permanent bei wohnlichen Temperaturen vorgehalten werden sollen. Der Vorteil: Durch die ausströmende warme Luft reagieren diese Heizsysteme deutlich schneller als wassergeführte Modelle. Der Nachteil ist, dass meist ein Gerät nicht ausreicht, um das komplette Haus zu beheizen.
Wärmepumpen machen nur in gut gedämmten Neubauten Sinn – ein Irrglaube
Lange Zeit hielt sich der Irrglaube, dass Wärmepumpen nur in gut gedämmten Neubauten zum Einsatz kommen sollten. Und selbst das war vor zehn Jahren noch nicht die Regel, wie wir selber erfahren konnten. Als wir im Jahr 2012 neu bauen wollten, rieten uns vier von fünf Bauunternehmen von der elektrischen Wassererwärmung ab.
„Das sind teure Tauchsieder“, hieß es damals. Nur ein kleiner Baubetrieb empfahl gleich das Komplettpaket: Wärmepumpe plus Photovoltaik. Schlussendlich haben wir dann einen Bestandsbau gekauft und inzwischen die komplette private Energiewende vollzogen.
Strom für die Wärmepumpe: Ein Drittel kam aus der eigenen PV-Anlage
Nicht nur unsere eigene Praxiserfahrung zeigt inzwischen, dass moderne Wärmegeräte auch in nicht optimal gedämmten Bestandsgebäuden eingesetzt werden können, ohne dass die Kosten für den Strombedarf aus dem Ruder laufen. Wir besitzen einen unsanierten Flachdach-Bungalow aus dem Jahr 1983 (15 cm Dachdämmung, 10 cm Wanddämmung, Doppelverglasung aus dem Baujahr; Fußbodenheizung) und haben mit unserer Wärmepumpe im ersten Winter weniger als 5000 kWh verbraucht.
Ein Drittel davon kam aus der eigenen Photovoltaik. Gekostet hat uns der Umstieg auf regeneratives Heizen nach Förderung 8000 Euro mehr als eine Erneuerung unserer Gastherme. Dafür sparen wir uns jetzt den Schornsteinfeger und die Gasgrundgebühr ein.
Die Wärmepumpe läuft, wenn der Strom besonders günstig ist
Mit einem stündlich wechselnden dynamischen Stromtarif lassen wir die Wärmepumpe im Kernwinter zu den Zeiten laufen, wenn der Strom besonders günstig ist und nutzen in den Übergangszeiten hauptsächlich den eigenen PV-Strom. So federn wir die Mehrkosten bei der Anschaffung durch geringere Betriebskosten ab.
Alternativ bietet sich ein Wärmepumpentarif an. Dieser ist aktuell auf 28 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt. Aber hier entstehen laufende Zusatzkosten durch den zusätzlichen Zähler, den man mieten muss.
So überprüfen Sie, ob ihr Haus für den Einbau einer Wärmepumpe geeignet ist
Mit einem einfachen Verfahren kann das eigene Haus auf Tauglichkeit überprüft werden. Wärmepumpen arbeiten bis zu einer Vorlauftemperatur von 55 Grad effizient. Man kann also seine Gas- oder Ölheizung auf diese Vorlauftemperatur herunterdrehen und die Thermostate der Heizkörper voll aufdrehen. Erreicht der kälteste Raum noch die eigene Wunschtemperatur, kann das Gebäude mit einer Wärmepumpe beheizt werden ohne ausufernde Stromkosten.
Wird das Ziel nur knapp verfehlt, kann über größere Heizkörper eine bessere Wärmeverteilung erreicht werden. Denn je größer die Fläche der Heizkörper, desto geringer die Vorlauftemperatur.
Wärmepumpe: Bei wenig Platz auf die rechtlichen Vorgaben achten
Wir konnten problemlos auf eine Wärmepumpe umrüsten, da wir ein frei stehendes Einfamilienhaus besitzen. Schwieriger wird die Situation, wenn der Platz begrenzt und die Nachbarn nah sind. Aber auch in Reihenhaussiedlungen tauchen inzwischen die ersten Außeneinheiten der Wärmepumpen auf.
Zu beachten ist hier, was die Technische Anleitung (TA) Lärm im jeweiligen Bundesland zu Abstand und Lautstärke vorgibt. Für Schleswig-Holstein gilt aktuell noch: Drei Meter Abstand zum Nachbargebäude und dort nicht lauter als 35 Dezibel nachts.
Im Keller oder auf dem Dachboden lässt sich eine Indoor-Wärmepumpe installieren
Neben der Effizienz und der Verfügbarkeit sollte hier auch auf die Betriebslautstärke der Wärmepumpe geachtet werden und im Zweifel ist ein Vorgespräch mit den Nachbarn immer von Vorteil. Es gibt aber auch geräuscharme Alternativen.
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Während eine Erdwärmepumpe wegen des Platzbedarfs für die Tiefen- oder Flächenverlegung im Reihenhaus eher schwierig wird, ist eine Indoor-Wärmepumpe eine Alternative. Hier wird die komplette Technik im Keller oder auf dem Dachboden verbaut, und nur zwei ca. 40 cm dicke Rohre sorgen für den Luftaustausch auf der Außenseite der Gebäudehülle.
Habecks Heizungsgesetz: Die Wärmepumpe – teurer Tauchsieder oder effiziente Heizung?
Es ist also durchaus auch möglich, Wärmepumpen unter schwierigen Bedingungen einzusetzen, ohne Sanierungsmaßnahmen im sechsstelligen Bereich durchzuführen. Ein Energieberater kann hier wertvolle Hilfe leisten.
Die Erstellung eines individuellen Sanierungsfahrplans verrät, welche Maßnahme zu welchen Einsparungen führt und erhöht die Förderung von Sanierungen. Holt man sich dann Angebote für die Maßnahmen ein, kann man gut abschätzen, welche Modernisierung der Gebäudehülle sich lohnt, und welche Kosten nicht wieder hereingeheizt werden können.