Kreis Segeberg. Müllentsorger verschickt Gebührenbescheide an 65.000 Haushalte mit monatelanger Verspätung. WZV-Chef steht in der Kritik.

Manche Bürgerinnen und Bürger hatten vielleicht schon gehofft, dass sie nicht mehr kommen – doch nun steht fest, dass sie kommen, und zwar schon in den nächsten Tagen: Die Abfallgebührenbescheide des Wegezweckverbandes (WZV) sollen in der ersten Oktoberwoche an die rund 65.000 Privathaushalte der 94 WZV-Gemeinden im Kreis Segeberg (nur die Stadt Norderstedt zählt nicht dazu) verschickt werden.

Das teilte WZV-Vorsteher Peter Axmann auf der jüngsten Sitzung des WZV mit. Wie mehrfach berichtet, war es bisher aufgrund einer EDV-Panne unmöglich gewesen, die Bescheide zu verschicken.

WZV: Kunden sollen die Gebühren möglichst auf einen Schlag bezahlen

In den Bescheiden, die die Bürgerinnen und Bürger in den nächsten Tagen erreichen, werden sie aufgefordert, die Gebühr für das Jahr 2023 möglichst mit einer Überweisung zu bezahlen. Wer diesen Betrag von in der Regel ein paar Hundert Euro nicht auf einmal bezahlen kann oder will, kann sich mit dem WZV in Verbindung setzen, um eine Ratenzahlung zu vereinbaren. Auf dem Gebührenbescheid werden die Kontaktdaten (Telefon 04551/909 258 und E-Mailadresse Buchhaltung@wzv.de) angegeben.

WZV-Chef Axmann schlug viel Kritik und Misstrauen entgegen

Es war keine einfache Sitzung des WZV, die Elleraus Bürgermeister Ralf Martens mehr als drei Stunden lang leitete. Immer wieder schlug Verbandsvorsteher Axmann Kritik und Misstrauen entgegen.

Hintergrund: Mit seiner Beanstandung der Wahl des neuen Hauptausschusses des WZV im August hatte sich Axmann den Zorn mehrerer Verbandsmitglieder zugezogen. Als „link“ und „hinterfotzig“ hatten einige Verbandsmitglieder das Verhalten des WZV-Chefs bezeichnet, der nach der Wahl Formfehler geltend gemacht hatte und, so der Vorwurf, ihm nicht genehme Mitglieder im Ausschuss verhindern wollte.

„Hier wird das Ehrenamt mit Füßen getreten“

Vor allem Wolfgang Tödt war außer sich. Er hatte im August als Vertreter aus Bad Segeberg die Verbandsversammlung mit der fehlerhaften Wahl des neuen Hauptausschusses geleitet. Dass er für die verunglückte Wahl verantwortlich gemacht werde und einen „Imageschaden“ verursacht haben soll, wie ihm Axmann in einer Mail unterstellt habe, sei ungeheuerlich. „Hier wird das Ehrenamt mit Füßen getreten“, ärgerte sich Tödt und sprach von „Hinterlist“ der Verbandsleitung, weil diese erst nach der Sitzung im August die Formfehler bei der Kommunalaufsicht angemahnt hatte.

Der Hauptausschuss ist das wichtigste Entscheidungsgremium des WZV zwischen den Verbandsversammlungen und oberstes Kontrollorgan der Verwaltung. Er legt die Richtung der künftigen Strategie fest, indem er viele Dinge im kleinen Kreis vorbespricht und so die letzte Entscheidung der Verbandsversammlung oft präjudiziert.

WZV: Verbandsversammlung bestätigt das Ergebnis der August-Wahl

Am Mittwoch hat nun die Verbandsversammlung die nach der Beanstandung von Axmann vom Innenministerium für ungültig erklärte August-Wahl wiederholt: Bestätigt wurde mit großer Mehrheit das Wahlergebnis aus dem August.

Somit gehören nun auch Bad Segebergs Bürgermeister Toni Köppen und die ehemalige Gemeinderätin Karin Honerlah aus Henstedt-Ulzburg dem von fünf auf sieben Mitglieder ausgeweiteten Hauptausschuss an, der wie ein Aufsichtsrat die Verbandsleitung kontrolliert.

WZV-Chef muss ab sofort ausführliche Protokolle anfertigen

Noch ein weiterer Punkt erhitzte die Gemüter unter den anwesenden 75 der 108 WZV-Verbandsmitglieder. So forderten die Bürgermeister Köppen, Ulrike Schmidt (Henstedt-Ulzburg) und Verena Jeske (Bad Bramstedt) Axmann unter Berufung auf die Geschäftsordnung auf, künftig alle seine Berichte schriftlich vorzulegen, einschließlich eines Wortprotokolls seiner mündlich vorgetragenen Stellungnahmen.

Das lehnte die Geschäftsleitung zunächst wegen des enormen Arbeitsaufwandes, den das verursachen würde, ab. Aber nachdem 48 Verbandsmitglieder gegen 15 Verbandsmitglieder dafür stimmten, gab Axmann schließlich nach. „Wenn es die Mehrheit wünscht, wird es so gemacht.“

Software-Firma hat WZV auf 1,3 Millionen Euro Schadenersatz verklagt

Zwei Rechtsstreitigkeiten stehen für den WZV nach wie vor ungeklärt im Raum, die sich noch auf die Finanzlage des Verbandes auswirken können. So klagt eine IT-Firma aus Erfurt und fordert vom WZV 1,3 Millionen Euro. Die Probleme in der Software dieses Unternehmens soll dafür gesorgt haben, dass die Gebührenbescheide in diesem Jahr noch nicht an die Privatkunden verschickt werden konnten.

Dem gegenüber macht der WZV Schadensersatz in ähnlicher Höhe gegen diese Firma geltend. Der Wirtschaftsprüfer hat jetzt in seiner Abschlussbilanz vorsorglich eine Abschreibung von 550.000 Euro vorgenommen, um das Risiko des Rechtsstreits für den WZV abzumildern.

WZV liegt auch im Rechtsstreit mit der Stadt Norderstedt

Auch mit der Stadt Norderstedt streitet sich der WZV nach wie vor wegen der Entsorgung des Restmülls in der Stadt: Norderstedt trägt seit einigen Jahren nur noch die externen Entsorgungskosten für die Verbrennung des Hausmülls. Die Umschlags- und Transportkosten, die der WZV am Recyclinghof an der Oststraße für die Stadt Norderstedt erledigt, dagegen nicht.

Knapp 1,3 Millionen Euro sind dafür allein bis Ende 2022 angefallen, die aus Sicht von Verbandsvorsteher Axmann Norderstedt dem WZV noch zu erstatten habe. „Und jeden Monat kommen 70.000 bis 100.000 Euro hinzu“, sagt Axmann.

WZV: Umsatz ist gestiegen, aber der Überschuss hat sich halbiert

Insgesamt hat der WZV im vorigen Jahr einen Umsatz von 47,6 Millionen Euro erzielt. Das waren rund 700.000 Euro mehr als im Jahr davor. Der Jahresüberschuss nach Steuern hat sich mit 826.00 Euro mehr als halbiert. Insbesondere bei der Abfallbeseitigung, die 70 Prozent des Umsatzes ausmacht, sind eine Million Euro weniger Gewinn erzielt worden.

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Dafür bringt das Breitbandgeschäft dem WZV inzwischen 200.000 Euro Überschuss ein. Für die möglichen Folgekosten für die Abfalldeponie in Damsdorf/Tensfeld hat der WZV weitere drei Millionen Euro eingestellt, insgesamt 46,6 Millionen Euro.